[493] Czartoryiski-Sanguszko (Adam, Fürst), geb. 1770, ein Sohn des 1823 auf seinen Gütern in Galizien gestorbenen Fürsten Adam Kasimir C., Starosten von Podolien und kais. östr. Feldmarschalls, verlebte seine Jugend während den die Selbständigkeit Polens zuletzt aufhebenden Ereignissen zum Theil im Auslande und vollendete namentlich seine wissenschaftliche Bildung in England. Seit der Mitte des 18. Jahrh. hatte sich die alte, von den bis Ende des 16. Jahrh. über Polen herrschenden Jagellonen abstammende Familie C. vorzüglich durch ihre Bestrebungen ausgezeichnet, eine Wiedergeburt Polens durch Vorbereitung nützlicher Aufklärung und Verbesserung der Staatsverfassung herbeizuführen. Auch Fürst Adam würde nur in diesem Sinne gehandelt haben, allein die Bedrängniß des Vaterlandes rief auch ihn zu den Waffen. Er focht unter Kosciuszko mit Auszeichnung, wurde nach Polens gänzlicher Theilung 1795 mit seinem Bruder Konstantin als Geisel nach Petersburg geführt und gewann hier sich und seinem unglücklichen Vaterlande in dem Großfürsten Alexander einen edlen Freund. Kaum hatte derselbe 1801 den russ. Thron bestiegen, so berief er C., der russ. Gesandter am sardin. Hofe geworden war, als Minister der auswärtigen Angelegenheiten zurück, und die Besonnenheit und Uneigennützigkeit, mit der er, auf seinen Gehalt verzichtend, diesem wichtigen Posten vorstand, gewann ihm sogar die Achtung Derjenigen, welche dem Polen diese einflußreiche Stellung misgönnten. Im Apr. 1805 unterzeichnete C. das in Folge der Eroberungspläne Napoleon's auf Italien zwischen Rußland und Großbritannien geschlossene Bündniß, dem Östreich und Baiern beitraten; das Einrücken östr. Truppen in Baiern bewog jedoch letzteres, sich an Frankreich anzuschließen und C. sah sich dadurch veranlaßt, sich auf seine Güter in Polen zurückzuziehen. Seinem Verhältnisse zu Alexander that dies jedoch keinen Eintrag und in der Schlacht bei Austerlitz im Dec. 1805 war C. wieder der Begleiter des Kaisers, wie später im Feldzuge von 1807, zog sich jedoch nach dem tilsiter Frieden von den Geschäften zurück und wohnte nur selten den Sitzungen des russ. Reichsrathes bei, dessen Mitglied er war. Als solches suchte er noch vor dem Ausbruche des Krieges mit Frankreich im J. 1812 darzulegen, daß es jetzt an der Zeit sei, sich durch Milde und Gerechtigkeit die Treue der Polen zu sichern, folgte 1814 dem Kaiser nach Paris, wurde jedoch 1815 nicht zum Statthalter des neuen Königreichs Polen ernannt, wie man hätte erwarten sollen. Als Senator sprach er aber auf dem ersten Reichstage von dem Nutzen constitutionneller Verfassungen, wenn sich Regent und Volk zu gewissenhafter Bewahrung derselben verbänden, erlebte aber bald den Schmerz, seine Hoffnungen durch die Wirklichkeit vernichtet zu sehen. Vergeblich nahm er sich 1821, als Curator der Universität Wilna, der dortigen, demagogischer Umtriebe beschuldigten Studirenden an und nahm seine Entlassung, als mehr wie 60 Jünglinge zu schmählicher Strafe und zum Dienst als gemeine Soldaten in russ. Regimentern verurtheilt wurden. Seitdem lebte er theils im Auslande, theils auf seinem durch Kunst und Natur reizenden Stammschlosse Pulawy an der Weichsel den Wissenschaften und der Kunst, sammelte die Schätze derselben aus der Gegenwart und Vorzeit, vorzüglich in Bezug auf vaterländische Geschichte, und erst die poln. Revolution von 1830 berief ihn aufs Neue zum Dienste des Vaterlandes. Auf die Einladung des Finanzministers, Fürsten Lubecki, wurde C. Mitglied des anfänglich errichteten Administrationsrathes, war unter den Abgeordneten, welche dem aus Warschau geflüchteten, zu einem Vergleiche scheinbar geneigten Cäsarewitsch Konstantin die Wünsche der Polen vortrugen, die Constitution gewissenhaft beobachtet und die alten poln. Provinzen mit dem Königreiche wieder verbunden zu sehen. Die fortschreitenden Ereignisse stellten ihn noch im Dec. an die Spitze der provisorischen und im Jan. 1831 an die Spitze der Nationalregierung, wo er mit Umsicht und Entschlossenheit handelte, dem Vaterlande die Hälfte seines Vermögens zum Opfer brachte und erst seine Entlassung nahm, nachdem die durch den patriotischen Club am 15. und 16. Aug. in Warschau herbeigeführten Greuelscenen alle wahren Vaterlandsfreunde in Trauer versetzt hatten. Er begab sich später zum Corps des Generals Romarino, in das er als Freiwilliger eintrat, nachdem sich dasselbe aber im Sept. 1831 auf östr. Gebiet flüchten mußte, verließ auch C. Polen und lebte seitdem abwechselnd in Paris und London. Seine Güter in Rußland sind wegen seiner Theilnahme am poln. Aufstande eingezogen, die im Königreiche Polen aber von der russ. Regierung mit Beschlag belegt, sowie dem Fürsten alle ihm verliehene Titel und Ehrenbezeigungen genommen worden, indem er zu den 117 Personen gehört, welche von der am 1. Nov. 1831 erlassenen allgemeinen Amnestie ausgeschlossen und zur Verantwortung vor das Obercriminalgericht nach Warschau geladen sind.