[390] Dänemark, dän. Danmark, Königr. [Karten: Schweden etc. I u. II bei Skandinavien und Deutsches Reich I], zerfällt in das Hauptland: Halbinsel Jütland, östl. Inseln und Färöer, zusammen 39.780 qkm, (1901) 2.464.770 E., und die Nebenländer: Island, Grönland, Dän.-Westindien, zusammen 191.456 qkm, 120.909 E. Das Hauptland ein Teil der norddeutschen Tiefebene; höchster Punkt der Eier-Bavnehöj in Ostjütland 172 m. Jütland im O. fruchtbar, im W. holzarm, moorig, sandig, mit Dünenbildung und Strandseen. Die östl. Inseln flach, wald-und fruchtreicher als Jütland. Nur kurze Küstenflüsse (längster die Guden-Aa auf Jütland). Bevölkerung germanisch mit besonderer Sprache, fast ausschließlich lutherisch. [S. auch Beilagen: ⇒ Bevölkerung und ⇒ Auswanderung.] Haupterwerbsquellen: Ackerbau [s. Beilage: ⇒ Getreide] und Viehzucht, weniger Fischerei. Industrie, außer in der Hauptstadt, untergeordnet, Handel [s. Beilage: ⇒ Europa] und Reederei (Handelsflotte [Schiffe von über 100 Registertons 1904/5]) 396 Dampfer von 505.127 Registertons, 407 Segler von 92.857 Registertons) bedeutend; bester Hafen Kopenhagen. Eisenbahnen s. Beilage: ⇒ Eisenbahnen; Staatstelegraphenlinien (1904) 3787 km. Münzeinheit (mit Schweden und Norwegen gemeinsam) die Krone = 100 Öre = 112,5 Pf. Metrisches Maß und Gewicht. Allgemeine Wehrpflicht vom 22. bis 38. Jahre (je zur Hälfte in 1. und 2. Aufgebot). Die Friedensstärke betrug 1903: 834 Offiziere, 12.900 Mann, ohne Depots, Trains etc.; die Gesamtkriegsstärke: 1501 Offiziere, 65.815 Mann, 6000 Pferde, 128 Geschütze. Die Flotte zählt 6 Panzer-, 3 Panzerbatterieschiffe, 5 Kreuzer, 6 Kanonen-, 25 Torpedoboote mit 268 Offizieren, 1137 Mann und 348 Geschützen. Sehr gute Volksbildung; Universität in Kopenhagen, Akademien zu Sorö und Herlufsholm. Kirchliche Einteilung in sieben Stifter, sowie das Bistum Island. Administrative Einteilung (ausschließlich Kopenhagen) in 18 Ämter mit je einem Amtmann. Haupt- und Residenzstadt Kopenhagen. Verfassung nach dem Staatsgrundgesetz vom 5. Juni 1849 (revidiert 28. Juli 1866) monarchisch-konstitutionell; Reichstag bestehend aus Landsthing (Oberhaus, 66 zum Teil ernannte, zum Teil indirekt auf acht Jahre gewählte Mitglieder) und Folkething (114 direkt auf drei Jahre gewählte Mitglieder); sieben verantwortliche Minister. Finanzen s. Beilage: ⇒ Finanzen. Wappen: ein von zwei wilden Männern gehaltener Schild, darin die Wappenzeichen der einzelnen Landesteile [Abb. 395]. Orden: Elefantenorden, Danebrogorden [Abb. 394]. Landesfarben rot, weiß, rot; Flagge (Danebrog) rot mit weißem Kreuz [Tafel: Flaggen].
Geschichte. Die verschiedenen kleinen dän. Staaten, von Gaukönigen (Godfred 804-810) beherrscht, wurden schon vor Gorm dem Alten (gest. 935) vereinigt; dieser war Deutschland tributpflichtig, ebenso sein Sohn Harald Blauzahn, der 976 Christ wurde. Im 11 Jahrh. unterwarfen die Dänen unter Svend Gabelbart und Knut d. Gr. (gest. 1035) Norwegen und England, doch gewannen nach Knuts Tode beide Länder ihre Selbständigkeit wieder; später unter Knut VI. (1182-1202) und Waldemar II. (1202-41) wurde die östl. und südl. Ostseeküste erobert, die jedoch durch die Niederlage Waldemars II. 22. Juli 1227 bei Bornhöved wieder verloren ging. Es folgte eine Zeit innerer Zerrüttung, bis Waldemar IV. (1340-75) die Macht D.s wiederherstellte. Seine Tochter Margareta, vermählt mit König Hakon von Norwegen, eroberte 1389 auch Schweden und ließ ihren Großneffen Erich von Pommern zum König der drei Länder wählen, worauf durch die Kalmarische Union (20. Juli 1397) die Einheit des Reichs für immer festgesetzt wurde; doch wählten die Schweden schon 1448 einen eingeborenen König, während in D. und Norwegen mit Christian I. (1448-81) das oldenb. Fürstenhaus auf den Thron gelangte. Christian wurde 1450 in Norwegen, 1460 in Schleswig und Holstein als Landesherr anerkannt, konnte sich aber ebensowenig wie sein Sohn und Nachfolger Johann (1481-1513) in Schweden behaupten, und unter Christian II. (1513-23) trennte sich Schweden endgültig von D. Christian wurde vertrieben und sein Oheim Friedrich I. (1523-33) zu seinem Nachfolger erwählt; unter ihm Eindringen der Reformation in D; nach seinem Tode Ausbruch der sog. Grafenfehde (s.d.). Unter Friedrich II. (1559-88) und Christian IV. (1588-1648) unglückliche Kriege gegen Schweden und Deutschland; unter Friedrich III. (1648-70) eroberte Karl X. von Schweden 1657 ganz D. bis auf Kopenhagen; 1660 mußte D. auf die sog. übersundischen Lande, Schonen, Blekinge, Halland und Bohuslän, sowie auf die Lehnshoheit über Schleswig verzichten; 14. Nov. 1665 neue ganz absolute Reichsverfassung durch das sog. Königsgesetz. Christian V. (1670-99) verbesserte die Rechtspflege und gewann die Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst, Friedrich IV. (1699-1730) hob 1702 die Leibeigenschaft auf und bestand den Kampf gegen Karl XII. (s. Nordischer Krieg). Die Regierungen Christians VI. (1730-46) und Friedrichs V. (1746-66) verliefen ohne bedeutsame Ereignisse. Unter Christian VII. (1766-1808) herrschten der gewaltsame Struensee und die Bernstorffs als Vertreter des aufgeklärten Despotismus; ihnen verdankte D. Befreiung des Bauernstandes (1788) Verbesserung des Volksschulwesens, Beschränkung der Adelsprivilegien. 1773 kam D. durch Verzicht auf Oldenburg und Delmenhorst wieder in den Besitz des herzogl. gottorpschen Anteils von Schleswig-Holstein; Friedrich VI. (Regent seit 1784, König 1808-39) wurde in die engl.-franz. Kämpfe verwickelt; die Engländer bombardierten 2. bis 5. Sept. 1807 Kopenhagen und nahmen die dän. Flotte weg. Im Frieden zu Kiel trat D. 1814 Helgoland an England, Norwegen an Schweden ab, erhielt aber Schwedisch-Pommern, das es gegen Lauenburg an Preußen vertauschte, und trat für dieses und Holstein dem Deutschen Bunde bei. Christian VIII. (1839-48) suchte die Herzogtümer Schleswig-Holstein (s.d.) enger an D. zu fesseln und zu dem Zwecke durch den Offenen Brief vom 8. Juli 1846 die dän. (weibliche) Erbfolge in den Herzogtümern einzuführen. Unter Friedrich VII. (1848-63) erfolgte 24. März 1848 die Einverleibung Schleswigs in das Königr. D., was zu dem Deutsch-Dänischen Kriege 1848-50 (s.d.) führte, nach dessen Beendigung die Herzogtümer durch die Intervention Preußens und Österreichs wieder an D. überliefert wurden. Während des Krieges hatte ein konstituierender Reichstag mit dem König das sehr liberale, auf dem allgemeinen Wahlrecht beruhende Grundgesetz [390] vom 5. Juni 1849 vereinbart. Im Londoner Traktat vom 8. Mai 1852 wurde Prinz Christian von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg als event. Thronfolger in der Gesamtmonarchie anerkannt; als dieser 15. Nov. 1863 dem kinderlosen Friedrich VII. folgte und das neue Grundgesetz vom 13. Nov., das die vollständige Verschmelzung Schleswigs mit D. anbahnte, veröffentlichte, brach der Krieg mit Preußen und Österreich aus (s. Deutsch-Dänischer Krieg von 1864); D. unterlag und mußte im Frieden zu Wien 30. Okt. 1864 allen Ansprüchen auf Schleswig-Holstein und Lauenburg entsagen. Am 28. Juli 1866 wurde eine Verfassungsreform sanktioniert, wodurch die Parteigegensätze im Reichsrate und der Konflikt zwischen Regierung und Folkething beigelegt wurden; 1873 erfolgte die Reorganisation der Armee. Nachdem 11. Juni 1875 das Ministerium Estrup die Leitung der Geschäfte übernommen hatte, legte es einen umfassenden Landesverteidigungsplan vor, in dem die Befestigung Kopenhagens einer der wichtigsten Punkte war. Der Plan wurde ohne die Billigung des Folkethings durchgeführt, die neun Jahre (1885-94) ohne verfassungsmäßiges Budget regierte. Erst 1894 erfolgte eine Verständigung zwischen Folkething und Regierung, Estrup trat zurück, sein Nachfolger wurde Baron Reedtz-Thott, nach dessen Rücktritt 1897-1900 Hörring die Geschäfte leitete, unter dem sich der Finanzkonflikt erneuerte. Erst unter dem liberalen Ministerium Deuntzer (seit 1901) kam wieder eine Einigung zwischen Regierung und Volk zustande, und die Wahlen von 1903 brachten der Regierungspartei eine große Mehrheit. 1904 erhielt Island einen eigenen Minister. – Geogr. Werke über D. von Baggesen (2 Bde., 1845-47), Trap (dän., 2. Aufl., 6 Tle., 1872-79; Bd. 2-5 in 3. Aufl. 1895-1904), Löffler (1905), Ussing (dän., 2. Aufl. 1904); geschichtliche von Allen (8. Aufl. 1881; deutsch 1865), Dahlmann (Bd. 1-3, 1840-43; Bd. 4 u. 5 von Schäfer, 1893-1902), Lund (dän., 14 Bde., 1879 fg.).
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