[241] Napoleon I., Kaiser der Franzosen, geb. 15. Aug. 1769 zu Ajaccio auf Korsika, zweiter Sohn Carlo Bonapartes (s.d.), kam 1779 in die Militärschule zu Brienne, 1784 in die zu Paris, trat 1785 in die Armee ein, focht als Artilleriehauptmann in Korsika gegen die Aufständischen (1791-93), eroberte 1793 Toulon, diente 1794 als Brigadegeneral in Italien, ward, in den Sturz Robespierres verwickelt, angeklagt und entlassen. 4. Okt. 1795 zum Kommandanten der Pariser Garnison ernannt, schlug er den Aufstand der Sektionen nieder, ward 16. Okt. Divisionsgeneral und 2. März 1796 Oberbefehlshaber der Armee in Italien, eroberte in kurzem die ganze Lombardei, schloß mit Österreich den Frieden von Campo Formio (17. Okt. 1797) und gründete die Zisalpinische und Ligurische Republik. 1. Juli 1798 landete er in Ägypten, hatte aber nach ursprünglichen Erfolgen Mißgeschick, übertrug Kleber den Oberbefehl, eilte nach Frankreich, stürzte 18. Brumaire (9. Nov. 1799) das Direktorium und ließ sich zum Ersten Konsul auf 10. J. ernennen (27. Dez.). Nachdem er gegen die ihn bedrohenden Verschwörungen strenge Repressivmaßregeln ergriffen, drängte er die Österreicher nach dem Siege bei Marengo 14. Juni 1800 aus der Lombardei, gründete das Königr. Etrurien (1. Okt.), zwang Österreich[241] zum Frieden von Lunéville (9. Febr. 1801) und schloß mit England den Frieden von Amiens (25. März 1802). Im Innern stellte er 15. Aug. 1801 durch das Konkordat die kath. Kirche wieder her, gab dem Lande ein monarchisches Gepräge und veranlaßte die Ausarbeitung eines Zivilkodex (Code Napoléon, s. Code); ward 2. Aug. 1802 lebenslänglicher Konsul, 18. Mai 1804 zum erblichen Kaiser erklärt, setzte sich, vom Papst gesalbt, 2. Dez. die Krone selbst auf und krönte sich 26. Mai 1805 in Mailand mit der Eisernen Krone. Im Kriege gegen die dritte Koalition gewann er 2. Dez. 1805 die Dreikaiserschlacht bei Austerlitz, schloß mit Preußen den Vertrag von Schönbrunn (15. Dez.) und diktierte Österreich den Frieden von Preßburg (26. Dez.). Seine Verbündeten, Bayern und Württemberg, erhob er zu Königreichen, verlieh seinem Bruder Joseph Bonaparte den Thron von Neapel, dessen Dynastie er vertrieben; sein Bruder Ludwig Bonaparte wurde König von Holland, sein Stiefsohn Eugen Vizekönig von Italien, sein Schwager Murat Großherzog von Berg, seine Schwestern erhielten ital. Fürstentümer; 12. Juli 1806 kam der Rheinbund unter seinem Protektorat zustande. Durch seine Siege über Preußen bei Jena und Auerstedt 14. Okt. 1806, über Rußland bei Friedland 14. Juni 1807 nötigte N. beide zum Frieden von Tilsit (7. und 9. Juli). Das neugegründete Königr. Westfalen gab er seinem Bruder Jérôme Bonaparte, das Hzgt. Warschau erhielt Sachsen zugleich mit dem Königstitel. Er stürzte 13. Nov. 1807 die Dynastie Braganza in Portugal, verleibte Etrurien in Frankreich ein (10. Dez) und verlieh seinem Bruder Joseph nach Absetzung der Bourbons (Mai 1808) die Krone von Spanien; Murat erhielt Neapel, das Großhzgt. Berg fiel an Frankreich. Nachdem sich N. auf dem Kongreß zu Erfurt (27. Sept. 1808) mit Alexander I. von Rußland verständigt, ging er nach Spanien und setzte, 4. Dez. siegreich in Madrid einziehend, seinen vertriebenen Bruder von neuem als König ein. Im Kriege mit Österreich nahm er 13. Mai 1809 Wien, siegte 5. und 6. Juli bei Wagram. Nach dem Frieden zu Wien (14. Okt. 1809) befand er sich auf dem Gipfel seiner Macht. Da seine Ehe (seit 9. März 1796) mit Josephine (s.d.) Beauharnais kinderlos blieb, ließ er sich 16. Dez. 1809 durch Senatsbeschluß scheiden und vermählte sich 1. April 1810 mit Maria Louise (s.d.) von Österreich, durch die er Vater des Herzogs von Reichstadt (s.d.) wurde. Nach dem Bruche mit Rußland überschritt er mit einem gemischten Heere von 1/2 Mill. Mann 24. Juni 1812 den Niemen, zog nach den Siegen bei Smolensk (17. Aug.) und Borodino (7. Sept.) 14. Sept. in Moskau ein, mußte aber nach dem Brande der Stadt 18. Okt. den Rückzug antreten, wobei die völlige Auflösung seiner Armee erfolgte. Nach Aufbringung eines neuen Heers erlitt er durch die Verbündeten 16. bis 19. Okt. 1813 die Niederlage bei Leipzig, zog sich nach Frankreich zurück, wo er 11. April 1814 abdanken mußte und nach Elba verwiesen wurde. 1. März 1815 landete er wieder in Frankreich, zog 20. März in Paris ein, wurde aber von den verbündeten Mächten 18. Juni bei Waterloo geschlagen und 22. Juni abermals zur Abdankung gezwungen. Als er, im Begriff nach Amerika abzureisen, Rochefort von den Engländern blockiert fand, stellte er sich unter deren Schutz, ward nach St. Helena gebracht (16. Okt. 1815), gest. das. 5. Mai 1821. Seine Leiche wurde 15. Dez. 1840 im Invalidendome zu Paris beigesetzt. [Tafel: Porträtmalerei I, 12; Karten: Frankreich II, 6, und Deutsches Reich II, 5.] »Œuvres« (6 Bde., 1821-22 u.ö.), »Mémoires«, hg. von Gourgaud und Montholon (2. Aufl., 9 Bde., 1830; deutsch 1823-25), »Correspondance« (32 Bde., 1858-70; deutsche Auswahl, 3 Bde., 1868), »Allocutions« (1896). – Biogr. von Norvins (4 Bde., 1827 u.ö.; deutsch 1841), Walter Scott (9 Bde., 1827 u.ö.; deutsch 1835), Jomini (4 Bde., 1827 u.ö.), Thiers (»Histoire du consulat et de l'empire«, 20 Bde., 1845-62, auch deutsch), Lanfrey (5 Bde., 1867 fg.; deutsch, 7 Bde., 1884-87), Fournier (2. Aufl., 3 Bde., 1904 fg.), Sloane (4 Bde., engl., 1896-97), Proudhon (Par. 1898), Rose (2 Bde., Lond. 1902), von Pflugk-Hartung (1901), Landmann (1903), von Lettow-Vor beck (Bd. 1, 1904), Lenz (1905).