[689] Uferdeckwerke, unmittelbar auf der Uferböschung bewirkte Beteiligungen zur Sicherung gegen Wasserangriff.
1. Deckwerke an Flüssen und Kanälen. Hier erfolgt die Deckung entweder auf geböschten ebenen oder gekrümmten Flächen mittels Berasung, Pflanzung, Spreutlagen, Rauhwehren, Steinwürfen, Pflasterung oder Steinbekleidungen, Beton- und Eisenbetonkonstruktionen aller Art oder durch Verpfählungen, Flechtwerke, Bohlwände (in Holz, Eisen, Beton, Eisenbeton) sowie hauptsächlich innerhalb der Stadtgebiete durch Mauern (s. Ufermauer). Eine einfache Erdböschung bietet niemals ein ausreichendes Deckwerk. Bei allen Deckwerken ist dem Fuß der Böschung bezw. den Fundamenten der Mauern die größte Aufmerksamkeit zuzuwenden, da der dauernde Bestand jeder Anlage hiervon in erster Linie abhängt. Vor allem sind Vorstudien darüber, ob und in welchem Umfange das fließende Gewässer Sohlenauskolkungen veranlaßt, anzustellen. Sind letztere nicht ausgeschlossen, so dürfen bei Eintritt derselben die oberhalb der Sohle gelegenen Teile der Deckwerke möglichst wenig Not leiden; man muß dann durch Steinwürfe, Senkwürste, Sinkstücke u.s.w., welche so weit über den eigentlichen Uferschutz vortreten, daß auch beim Nachrollen oder Nachgeben eines Teils derselben noch genügend Anhalt für das oberhalb liegende Deckwerk verbleibt, möglichste Sicherheit schaffen. Ganz verhindern lassen sich Beschädigungen nur dann, wenn der Fuß der Böschung bezw. das Fundament der Mauer auf eine, jeden möglichen Kolk übertreffende Tiefe geschützt wird. Dies ist selbstverständlich um so leichter möglich, je mehr durch Schaffung eines richtigen Querprofiles, Sohlschwellen u.s.w. die Auskolkungen auf ein minimales Maß beschränkt werden. Alle Bauarbeiten an Deckwerken, welche unter Wasser ausgeführt werden müssen, sind schwierig und sollten abgesehen von Notarbeiten nur nach Eintritt niederer Wasserstände vorgenommen werden. Das anzustrebende Kostenminimum für Bau und Unterhaltung wird im besonderen Falle eingehende Studien erfordern; der Aufwand für die von den Deckungen beanspruchte Ausdehnungsfläche ist in erster Linie in Betracht zu ziehen; die in Aussicht genommene Benutzung der Ufer für Zwecke der Schiffahrt u.s.w. bestimmt in vielen Fällen die einzuhaltende Bauweise; je nach den vorhandenen Mitteln ist die Dauerhaftigkeit der Ausführung bezw. der geringste Unterhaltungsaufwand das entscheidende Moment u.s.w. Rasenböschungen bieten dann, wenn die Böschungsneigung sehr flach ist, noch genügenden Schutz, solange die Schleppkraft (s.d.) 2 kg/qm nicht wesentlich übersteigt. Sie empfehlen sich für die zwischen Mittelwasser und Hochwasser gelegene Uferfläche. Der Teil des Ufers, der unter Mittelwasser liegt, kann nicht durch Rasen geschützt werden, sondern erfordert eine harte Verkleidung. In den Fig. 1 und 2 sind diesbezügliche Dispositionen angegeben. Bei Fig. 1 wird der Fuß des Deckwerks durch Längsfaschinen gestützt, die auf Querfaschinen verpfählt sind; über den Längsfaschinen ist eine Steinpflasterung bis auf Mittelwasser angelegt; von da ab beginnt die Rasenböschung. Die Querfaschinen sind eine Art Sohlenbefestigung, so daß auch bei stärkerem[689] Spiegelgefälle und höheren Wasserständen keine bedeutenden Auskolkungen entstehen. Je flacher die Rasenböschung gehalten wird, um so besser wachsen die Rasen an, um so widerstandsfähiger wird also die Anlage. In Fig. 2 ist die unter Mittelwasser liegende und Heiler gehaltene harte Böschung gegen Pfahlreihen gestützt; gegen die einzelnen Pfähle legt sich eine Bohle, an die sich ein Steinsatz anschließt. Unter sonst gleichen Umständen, aber bei stärkerer Strömung, bei welcher Rasen gefährdet wird, empfehlen sich Pflanzungen (s.d.) mit bodenbindenden, nicht hoch wachsenden Sträuchern, die tief wurzeln und deshalb schwer losreißen; Rauhwehren oder Spreutlagen (s.d. und Bespreutung) treten bei noch stärkeren Strömungen an Stelle der Pflanzungen. In allen Fällen, in welchen während längerer Perioden die sogenannte Schleppkraft (s.d.) den Wert von 5 kg/qm wesentlich übersteigt oder in welchen aus andern Ursachen das Ufer häufig stärker angegriffen wird, pflegt man in der ganzen Uferfläche zur harten Deckung überzugehen, obschon die Kosten hierfür schon recht bedeutende werden. Man wird dies besonders dort einhalten, wo passende Steine ([1], S. 149 ff.) an Ort und Stelle billig zu beschaffen sind bezw. künstliche Steine mit relativ kleinem Aufwände hergestellt werden können; ferner dort, wo die Uferböschungen wegen mangelnden Raumes nicht flach, sondern steil (1 : 1 und darüber) angelegt werden müssen. Die Unterlage der harten Deckung wird vielfach durch Senkwürste (s. Senkfaschine) hergestellt; Beispiele liefern Fig. 6 und 7 bei Flußregulierung (s.d.), Fig. 8a und 8b bei Gebirgsflußregulierung (s.d.) und Fig. 1 bei Parallelwerk (s.d.). Die Senkwürste haben den Vorteil, daß sie bei Unterwaschungen nachrollen. Durch Nachbringen von weiteren Senkwürsten kann man dann den bedrohten Böschungsfuß wieder stützen. Im Laufe der Zeit unterliegen jedoch die Senkwürste der Zerstörung, welche auch durch Anfahren von Schiffen erfolgen kann, weshalb sie sich mehr beim Binnenflußbau ohne Verkehr als in Strömen mit großem Verkehr zur Verwendung eignen. Im Gebirge wird vielfach auch Holzblockbau mit Steinfüllung angewendet, wie in Fig. 3 dargestellt; vgl. a. die Fig. 11 und 12 in Flußregulierung. Steinschüttungen sind in den Fig. 8 und 9 bei Flußregulierung (s.d.) und in den Fig. 6, 7 und 8 bei Gebirgsflußregulierung (s.d.) angegeben. Ergänzend sollen hier noch die Anordnungen an der Sarca in Südtirol (Fig. 4), an der Rienz bei Franzensfeste (Fig. 5) und am Rhein bei Mönchenwerth (Fig. 6) vorgeführt werden. Das Einbringen der Steine erfolgt meistens vom Schiffe aus; die richtige Form des Steinwurfs wird durch Peilung (s.d.) geprüft. Die zur eigentlichen Uferbildung verwendete Pflasterung besteht aus möglichst großen wetterbeständigen, rauhen oder nicht bearbeiteten, in Sand, Kies oder Mörtel verlegten Steinen. Je ebener und glatter die Pflasteroberfläche ist, um so weniger leicht wird das Pflaster durch Wasserangriffe geschädigt; deshalb sind auch Betonsteine (vgl. Fig. 8b und 9 in Gebirgsflußregulierung) vorzüglich geeignet. Befindet sich das zu schützende Ufer stark im Abbruch (Fig. 5 und 6), so würde es zu große Kosten verursachen, den ganzen Raum zwischen dem alten und neuen Ufer mit Steinwürfen zu füllen. Der Steinwurf wird dann nur im vorderen Teil erstellt und hinter den angeschütteten Steinwällen Kies nachgefüllt. Pflaster darf in solchen Fällen erst dann hergestellt werden, wenn sich die Hinterfüllung genügend gesetzt hat. Da und dort ist das Böschungspflaster mit Pfählen und Schwellen, entsprechend den Fig. 4 und 7, gestützt. Bei Fig. 7 werden die Schwellen (30/30 cm) durch eiserne Nadeln in dem mürben Sandsteinfels festgeheftet; dieses Verfahren ist nur dort durchführbar, wo der Niederwasserstand eine geringe Höhe über der Sohle erreicht. Zur Verhütung von Unterwaschungen ist auch hier noch eine Steinschüttung (Vorgrund) zu empfehlen, die durch Nachsinken etwa[690] entstandene Auskolkungen wieder ausfüllt. Verwickelter und teurer gestalten sich die in den Fig. 812 dargestellten Deckwerke. In Fig. 8 lehnt sich die Pflasterung gegen Harke, tief eingetriebene Pfähle bezw. an eine, an letzteren befestigte Bohlwand an; Senkwürste schützen die Pfähle gegen Unterspülung. Fig. 9 stellt eine an der Murr in Württemberg durchgeführte Bauweise dar, bei welcher das Pflaster sich gegen eine auf der festen Flußsohle aufgebaute Betonschwelle anlehnt, die auf einem Steinsatz aufsitzt. In Fig. 10 sehen wir eine französische, durchaus solide, aber teure Bauweise. Ebenfalls teuer ist die in Fig. 11 erläuterte, den Zwecken eines Schiffahrtkanals entsprechende Uferbildung mit verankerter Bohlwand und Steinhinterpackung. Bei beschränktem Raum für die Böschung und wilden Gewässern werden auch (hauptsächlich zum Schutz von Straßen und Eisenbahnen an Flußufern) gemauerte Deckwerke ausgeführt, von welchen wir in Fig. 12 ein Beispiel geben. Das in Fig. 13 veranschaulichte System Villa [2] bekleidet das Ufer mit einem Mantel aus durch Drähte miteinander verbundenen Ton- bezw. Betonplatten; s.a. Flußregulierung, Bd. 4, S. 122. Uferbefestigungen in Eisenbeton haben in neuester Zeit ganz umfassende Anwendung nach zahlreichen Bauweisen (Casse, Fraser, Grün & Bilfinger, Hennebique, Melan, Melveces, Möbus, Möller, de Murazt, Pittel & Brausewetter, Rabitz, Rechtern, Züblin u.a.) gefunden; ausführliche Beschreibungen und Zeichnungen darüber enthält [3], S. 175 ff.
Meeresuferdeckwerke. Zu unterscheiden ist der Schutz des Vorgrundes vor dem Ufer, der Strandschutz, und der eigentliche Uferschutz, das Uferdeckwerk. Letzteres hindert seiner Bestimmung nach den Uferabbruch, also den Ersatz des bei leicht beweglicher Beschaffenheit des Vorgrundes (Strandes) durch Strömung und Wind abgetriebenen Materiales; wird aber dieses nicht ersetzt, so bilden sich Vertiefungen vor dem Uferdeckwerke, die eventuell zur Unterspülung und zum Einsturze führen. Als Mittel zum Schütze des beweglichen Strandes dienen meistens Bühnen und Pflanzungen; vgl. darüber die in [4] genannten Werke. Bei festem Strande dagegen (z.B. felsigem Vorgrund) ist der Bestand des Uferdeckwerks allein von seiner Beschaffenheit abhängig. Technisch unterscheidet man unter den eigentlichen Meeresuferdeckwerken (also abgesehen vom Strandschutz) steile, in Holz, Mauerwerk, Pflasterung, als Steinkästen, aus Beton und Eisenbeton u.s.w. ausgeführte Uferbegrenzungen, etwa bis zum Böschungsverhältnis 1 : 1[691] aus dem Vorgrunde sich erhebend, gegen welche die Wellen anprallen und nach kurzem Ansteigen in sich zusammenstürzen (Fig. 1416); sodann solche, an deren flachen Böschungen (bis 1 : 20) die Wellen auflaufen und wieder zurückströmen, wenn das Wasser am höchsten Punkte seine Energie verloren hat (Fig. 17 bis 20). Im ersten Falle wird der Böschungsfuß am meisten beim Anströmen, im letzteren beim Rückströmen der Flut angegriffen. Vielfach werden auch beide Dispositionen an einem Bauwerke kombiniert, meist so, daß man die Energie der Wellen beim Vorströmen durch Führung des Wassers auf flach ansteigender Uferdeckung möglichst verringert und sodann durch einen im Bogen bewirkten Uebergang die auflaufende Welle zum Zusammensturz bringt (Fig. 21 und 22). Die baulichen Anordnungen müssen sich in erster Linie nach der Stärke des Wasserangriffes, der je nach Lage der Küste sehr verschieden ist, sodann aber auch nach den für die in keinem Falle unbegrenzt dauerhaften Schutzarbeiten verfügbaren Mitteln richten. Die Höhe der Kosten wird wesentlich beeinflußt von dem Umstande, ob und welches Baumaterial an der Baustelle leicht beschafft werden kann; bei reichlich vorhandenen wetterbeständigen Steinen werden Pflasterungen Mauern, Steinkästen u. dergl. am dienlichsten sein; ist nur Sand und Gerölle vorhanden, so entsprechen meist Beton- und Eisenbetonkonstruktionen dem Kostenminimum, wenn man nicht aus Mangel an Mitteln gezwungen ist, zu dem vergänglichsten Materiale, dem Holz, zu greifen. Unter Umständen wird auch durch sehr flache Böschungen mit einfachem Rasenbelag, Pflanzungen (vgl. a. Bespreutung), Strohbestickung (vgl. Bestickung) u.s.w. das Ziel zu erreichen sein. Ein sehr solides Uferdeckwerk, von Niedrigwasser beginnend, zur Erhaltung der Felseninsel Helgoland, aus Beton mit Quaderverbindung und Eiseneinlagen zeigt Fig. 14. In Fig. 15 ist eine steile, 20 m über Mittelwasser beginnende gepflasterte Uferdeckung bei Neukuhren a. d. Ostsee dargestellt; sie hat nur den höchsten Wasserständen Widerstand zu leisten. Eine geradlinige Böschung 1 : 1, bei welcher ein teilweises Zusammenstürzen der auflaufenden Welle stattfindet, zeigt Fig. 16. Mit geraden Böschungen für auflaufende und rückströmende Flutwellen sind die in den Fig. 1720 (letztere Anlage in Eisenbeton, System Möller [3], S. 197) gezeichneten Deckwerke erbaut; sie beginnen alle über den Mittelwasserständen. Die Fig. 21 und 22 stellen Deckwerke mit Uebergang auf nahezu senkrechte Wände dar, an welchen ein vollständiges Zusammenstürzen der Flutwelle erreicht wird. Zahlreiche andre Ausführungen findet man in den unter [4] genannten Werken beschrieben; Ausführungen in Eisenbeton s. [3], S. 193 ff. Wellenbrecher sind in den Art. Hafendämme und Seehäfen beschrieben; wegen neueren diesbezüglichen Konstruktionen in Eisenbeton s. [3], S. 214 ff; vgl. a. Ufereinfassung, Ufermauer, Uferschälungen, Bohlwände, Flußregulierung, Gebirgsflußregulierung, Schiffahrtskanäle, Wildbäche.
Literatur: [1] Handbuch der Ingenieurwissensch., Teil 3, Bd. 6, Der Flußbau (von Kreuter), Leipzig 1907. [2] Casse, A., Beteiligung von Dämmen und Böschungen bei Wasserläufen durch das System Villa, Brüssel 1904. [3] v. Emperger, F., Handbuch für Eisenbetonbau, Bd. 3, Berlin 1907. [4] Handbuch der Ingenieurwissensch., 3. Aufl., Teil 3, Bd. 3, Der Wasserbau am Meere und in Strommündungen, Leipzig 1901; Müller, F., Das Wasserwesen der niederländischen Provinz Zeeland, Berlin 1898; Gerhardt, P., Handbuch des deutschen Dünenbaues, Berlin 1900; Fülscher, Ueber Schutzbauten zur Erhaltung der oft- und nordfriesischen Inseln, Berlin 1905; Möller, M., Grundriß des Wasserbaues, Bd. 2, Abschn. 6, Leipzig 1906.
Lueger.
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