Feuer [2]

[494] Feuer, militärisch das Schießen aus Feuerwaffen. Von Feuerarten war im 18. Jahrh. bei der Infanterie das Pelotonfeuer (s. Peloton) in drei Gliedern in Gebrauch, jetzt liegt der Hauptwert im Schützenfeuer in zerstreuter oder geschlossener Ordnung, außerdem gibt es die Salve in geschlossenen oder geschwärmten Abteilungen. Bei beiden Feuerarten wird das F. meist im Knien oder Liegen, selten im Stehen abgegeben. Beim Schützenfeuer unterscheidet man langsames, lebhaftes und Schnellfeuer, ebenso bei der Artillerie langsames, gewöhnliches und Schnellfeuer, dabei soll außer bei letzterm die Wirkung jedes Schusses beobachtet werden. Bei Schnellfeuer feuert jedes Geschütz, sobald es geladen und gerichtet ist. Schnelle Feuerbereitschaft wird von beiden Waffen angestrebt. Nach schnellem Aufmarsch in die Feuerlinie zur Feuerentwickelung ist gleichzeitige, überraschende Feuereröffnung stets von Vorteil, die Feldartillerie nimmt zu diesem Zweck nahe der Feuerstellung eine möglichst gedeckte Bereitschaftsstellung. Für das Feuergefecht (Ferngefecht) ist es wichtig, die Feuerkraft auf die größte zulässige Höhe zu bringen, dabei ist die Feuergeschwindigkeit zweckmäßig anzuordnen; sie richtet sich nach dem Gefechtszweck und der Bedeutung des Ziels. Die Artillerie macht im hinhaltenden Gefecht längere Feuerpausen, im Augenblick der Entscheidung möglichst kurze. Ebenso schießt die Infanterie auf weitere Entfernungen wenig und steigert auf nähere die Feuerwirkung bis zum Schnellfeuer aus möglichst vielen Gewehren. Strasse Feuerdisziplin ist für gute Feuerwirkung unerläßlich. Sie erfordert peinlichste Aufmerksamkeit auf alle Befehle und Winke im Gefecht, genaue Beachtung der Vorschriften für das Verhalten in demselben, ruhiges Ausharren im feindlichen F., auch wenn es nicht erwidert wird, sofortiges Einstellen des Feuers auf Befehl oder wenn das Ziel verschwindet. Die Feuerdisziplin muß so anerzogen sein, daß sie auch standhält, wenn durch Verlust an Führern oder andre Umstände die Feuerleitung mehr oder weniger verloren geht.

Der Erfolg des Feuers hängt zum großen Teil von der Feuerleitung ab. Sie vermeidet vieles Zielwechseln, entwickelt entsprechende Feuerkraft gegen taktisch wichtige Punkte und beobachtet die Feuerwirkung an Geschoßaufschlägen und dem Verhalten des Gegners. Die höhern Führer der Infanterie bestimmen das Vorgehen und sorgen für Patronenersatz, der Kompagnieführer trifft die Anordnungen für die Bewegungen, Stellung der Züge, Entfernungsermittelung, Eröffnung des Feuers, Verteilung der Munition, gibt solange wie möglich das Ziel an und beobachtet den Gegner und die eigne Feuerwirkung, der Zugführer leitet das Einrichten in der Stellung, bestimmt Ziel, Visier, Beginn und Art des Feuers und das Stopfen, er beobachtet die Wirkung, den Feind, sorgt für sparsamen Patronenverbrauch und handelt im Einklang mit den andern Zügen. Der Gruppen- (Sektions-) Führer überwacht das Einrichten (Einnisten) seiner Schützen, Einstellen der Visiere, Handhabung der Waffe, Patronenverbrauch, wiederholt den Pfiff des Zugführers und gibt Befehle weiter. Bei der Artillerie verteilt der Kommandeur, nachdem er Gefechtszweck und das Ziel im allgemeinen erfahren, die Ziele an die Batterien, bestimmt Art und Gang der Bekämpfung, etwaigen Wechsel des Zieles; der Batterieführer befiehlt das Einschießen, die Feuerordnung, Geschoßart und ändert in dringenden Fällen das Ziel. Bei der Belagerungs- und Festungsartillerie bezweckt die Feuerleitung, die feindlichen Batterien nach ihrer Wichtigkeit einzeln niederzukämpfen, die andern nur zu beschäftigen. Überall muß sie solange wie möglich aufrecht erhalten werden. Vorschriften im einzelnen gibt das »Exerzier-Reglement für die Feldartillerie und Feuerleitung der Fußartillerie«.

Feuerlinie ist die Linie der dem Feinde zunächst befindlichen feuernden Schützen oder geschlossenen Abteilungen; sie wird in der Regel durch Nachsenden von Abteilungen verstärkt. In der Nähe der Feuerlinie wird den Vorschriften gemäß stets ausreichender Munitionsvorrat in Kasten, Wagen etc. bereit sein, besonders ist in vorbereiteten Stellungen hierfür zu sorgen. Die Feuerordnung wird vom Batterieführer nach taktischen und Witterungsverhältnissen bestimmt, bei der Fußartillerie wird täglich festgesetzt, wieviel Schüsse abzugeben sind etc. Feuerpausen treten beim Batteriefeuer nach jedem Schuß ein, beim Feuern einer Kompagnie oder eines Zuges erfolgen sie auf Pfiff oder Befehl, je nach der Gefechtslage, oder um Feuerleitung und-Disziplin zu erhalten. Beim Schnellfeuer fallen sie fort. Feuerstellung heißt die Stellung, aus der die Artillerie schießt. Häufiger Wechsel ist nachteilig, daher nur von dem Befehlshaber, dem die Artillerie zugeteilt ist, anzuordnen oder zu genehmigen, bei Gefahr im Verzuge von Unterführern zu befehlen und darüber zu melden. Die Ausstellung der Batterien oder Abteilungen in gleicher Höhe nebeneinander oder gestaffelt, wird durch das Gelände, den voraussichtlichen Gefechtsverlauf sowie die Rücksicht auf die feindliche Artilleriewirkung bedingt. Die artilleristische Feuerüberlegenheit tritt ein, wenn das feindliche Artilleriefeuer merkbar gedämpft worden, dann erst kann der Infanterieangriff erfolgen; vor dem Sturm muß diese Waffe ihrerseits die Feuerüberlegenheit, am leichtesten durch Umfassung, erlangt und den Feind wesentlich erschüttert haben.

Eine Truppe, die zum erstenmal ein Gefecht bestanden, hat die Feuertaufe erhalten. Dazu gehört ein Kampf mit Feuerwaffen (Schußwaffen). Besonders bei der Verteidigung kommt es auf ausgiebige Verwertung derselben an. Auch selbständige Kavallerie,[494] wenn sie auch nicht die Mittel hat, das F. so wirksam zu verwenden wie die Infanterie, muß doch in der Dunkelheit die unmittelbare Sicherung in Ausnutzung des Feuers suchen. Die Taktik der Infanterie ist beeinflußt von ihrer gesteigerten Feuerwirkung. Diese führt in der Regel schon die Entscheidung herbei und wird am vollständigsten in der zerstreuten Ordnung ausgenutzt. Sie hängt ab vom Schätzen der Entfernung, Beschaffenheit des Zieles, dessen Dichtigkeit, von der Dauer des Feuers, Feuerdisziplin, Feuerleitung, Beunruhigung durch den Gegner etc. Vgl. Fechtart. – Seemännisch soviel wie Leuchtfeuer.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 494-495.
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