Münchhausen

[252] Münchhausen, niedersächs. Uradel, erstes Vorkommen des Namens 889 (Urkunde König Arnulphs). 1212 erhielt Heino das Haus Sparenberg zu Lehen, und seine Söhne wurden die Gründer einer schwarzen und einer weißen Linie. Die namhaftesten Sprößlinge des Geschlechts sind:

1) Gerlach Adolf, Freiherr von, deutscher Staatsmann, geb. 14. Okt. 1688 in Berlin, gest. 26. Nov. 1770, ward 1714 Appellationsrat in Dresden, 1715 Oberappellationsrat in Celle, 1726 hannoverscher Gesandter in Regensburg, 1728 Mitglied des Geheimratskollegiums in Hannover und bei der Stiftung der Göttinger Universität (1757) deren Kurator; er gab der Universität ihre Einrichtung und gründete die Bibliothek sowie die Sozietät der Wissenschaften. Auch für das Land wirkte er segensreich und war seit 1765 erster hannoverscher Minister.

2) Karl Friedrich Hieronymus, Freiherr von, geb. 11. Mai 1720 auf Bodenwerder in Hannover, gest. 22. Febr. 1797, kämpfte in russischen Kriegsdiensten 1740–41 gegen die Türken und lebte dann auf seinem Gut Bodenwerder. Er ist bekannt durch die ihm beigelegten Aufschneidereien, die sprichwörtlich gewordenen sogen. Münchhausiaden, die zuerst von Raspe in englischer Sprache (Lond. 1785 u. ö.; deutsch, mit verschiedenen Zutaten, von Bürger, das. 1786) bearbeitet wurden, allein nach Ellissen in der Einleitung zu den spätern deutschen Ausgaben (11. Aufl., Götting. 1873; Neudruck 1890) und nach Müller Fraureuth (»Die deutschen Lügendichtungen bis auf M.«, Halle 1881) sich zum Teil schon in ältern Büchern (z. B. in Bebels »Facetien«, Langes »Deliciae academicae« u.a.) finden. Weiteres siehe im Artikel »Lügendichtungen«.

3) Alexander, Freiherr von, hannov. Staatsmann, geb. 1813 auf Apelern in der Grafschaft Schaumburg, gest. 4. Nov. 1886 in Göttingen, Jurist und seit 1844 Kammerrat, ward 1841 als Abgeordneter der Hoyaschen Ritterschaft Mitglied der Ersten Kammer, war gemäßigt aristokratisch gesinnt, wurde 1847 Kabinettsrat des Königs Ernst August, kam nach Rücktritt des Märzministeriums 26. Okt. 1850 an die Spitze der Regierung, erhielt aber nach dem Regierungsantritt des Königs Georg V. 22. Nov. 1851 seine Entlassung. Als Mitglied der Zweiten Kammer (seit 1856) bekämpfte M. mit Bennigsen, Windthorst u.a. den Minister v. Borries (s. d.), namentlich auch in der Domänenfrage, und zog sich die höchste Ungnade des Königs zu. 1866 vergeblich bemüht, das Ministerium zur Neutralität zu bewegen, kehrte er nach der Annexion den hannoversch-partikularistischen Standpunkt hervor und wurde 1870 wegen Verdachts welsischer Umtriebe verhaftet und eine Zeitlang in Königsberg gefangen gehalten.

4) Börries Albrecht Conon August Heinrich, Freiherr von, Dichter, geb. 20. März 1874 in Hildesheim, verlebte seine Kindheit auf den väterlichen Gütern in Hannover, Hessen, Bückeburg und Thüringen, besuchte das Gymnasium in Ilfeld, Altenburg und Hannover, studierte die Rechte in Heidelberg, München, Göttingen und Berlin, wandte sich aber nach Erledigung seiner Examina den Naturwissenschaften und der Philosophie zu. Er lebt auf Schloß Sahlis bei Kohren in Sachsen. M. ist Hauptvertreter der zeitgenössischen Ballade. Er veröffentlichte die Sammlungen »Juda« (Goslar 1900), »Balladen« (Berl. 1900, 3. Tausend 1905) und »Ritterliches Liederbuch« (Goslar 1904), die durch ihre feudalmittelalterliche Weltanschauung und ihre virtuose Sprachbehandlung die Aufmerksamkeit erregten. Auch gab er den Göttinger »Musen-Almanach« von 1898, 1901 und 1905 heraus und machte ihn zum Sammelplatz der neuern Balladendichtung.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 252.
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