Neukaledonien [2]

[560] Neukaledonien (franz. Nouvelle-Calédonie, früher Baladea), franz. Kolonie im westlichen Stillen Ozean (s. Karte »Ozean ien«), besteht aus der Insel N. mit der Fichteninsel (Ile des Pins, Kounie), den Loyaltyinseln (s. d.) und den Chesterfieldinseln (s. d.), zusammen 19,824 qkm mit (1896) 51,033 Einw. Die Hauptinsel N., zwischen 20°5´-22°16´ südl. Br. und 164°4´-167°29´ östl. L., zieht sich bei geringer Breite 392 km von NW. nach SO. und hat mit den kleinen Nebeninseln 16,712 qkm Fläche.

Karte von Neukaledonien und den Loyaltyinseln.
Karte von Neukaledonien und den Loyaltyinseln.

Sie ist von einem 700 km langen Gürtel von Korallenriffen umgeben, durch die indes, namentlich an der Ostseite, mehrere schmale Pässe zu guten Häfen führen (der beste ist der von Numea, s. d.) und innerhalb deren ein ruhiges tiefes Fahrwasser den Verkehr begünstigt. Das Innere ist ein 150–250 m hohes Kreideplateau, über das sich einzelne Ketten und Berge (Panié 1642 m, Mont Humboldt 1634 m) erheben. Küstenebenen finden sich nur an der Westseite; sie sind dürr und felsig; an der Ostküste pflegen die Berge steil zum Meer herabzusinken. Von den Flüssen ist nur der Diahot (s. d.) nennenswert. Die Hauptmasse der Insel besteht aus einem nordwestlich streichenden Kettengebirge, das mit denen der Südinsel von Neuseeland verwandt und reich an verschiedenen Metallen ist (s. unten). Es wird im NW. aus Gesteinen der archäischen Formation, Glimmerschiefer, Gneis, Chlorit-, Hornblende-, Talkschiefer etc. zusammengesetzt, besteht dagegen im SW. aus gipsigen, kalkigen und tonigen Sedimenten der Trias, Jura und Kreide, die von Melaphyren, Porphyren und Serpentinen (namentlich im SO.) durchbrochen sind. Der Serpentin ist besonders reich an Nickel-, Kobalt-, Chrom- und Eisenerzen, die den Hauptgegenstand des bedeutenden Bergbaues bilden (s. unten), die cretazeïschen Sandsteine enthalten einige Kohlenbecken. Die Bewohner, deren Zahl mit denen der Loyaltyinseln (s. d.) 1896: 51,033 betrug, setzten sich zusammen aus 13,038 freien Weißen, 10,757 Sträflingen und 27,238 Eingebornen. Letztere, zu den Melanesiern gehörend (s. Tafel »Australier und Ozeanische Völker I«, Fig. 6, und Tafel »Australisch-ozeanische Kultur II«, Fig. 9, sowie Tafel »Kunst der Naturvölker II«, Fig. 5 und 6), verbanden mit einer entschiedenen Roheit in allen äußerlichen Beziehungen und großer Vorliebe für die Anthropophagie doch im Landbau ein auffallendes Geschick, sind aber zu dauernder Arbeit nur schwer und auf kurze Zeit zu gewinnen und nehmen an Zahl schnell[560] ab. Die Sträflinge werden teils zu öffentlichen Arbeiten (Wegebauten etc.) verwendet, teils sind sie auf Ackerbaustationen beschäftigt; 1891 gab es 1200 Ackerbauer unter ihnen. Auf der Insel Nu bei Numea (s. d.) befindet sich die größte der Strafanstalten. Man sieht die Deportation als ein Haupthindernis für die Entwickelung der Kolonie an. Die Ostküste eignet sich zu tropischen Kulturen am besten. Man baut Mais, Kaffee, Reis, Maniok, Tabak, Zuckerrohr, Ananas, Kokospalmen, Gemüse. Kaffee ist ein Hauptausfuhrgegenstand (1903: 1,037 Mill. Frank), daneben auch Kopra (485,880 Frank). Auch Indigo, Baumwolle und Wein gedeihen gut, nur die Höhe der Arbeitslöhne verhindert jetzt die Inangriffnahme dieser und andrer Kulturen. Die ersten Pferde, Rinder und Schafe wurden 1859 aus Australien eingeführt; 1890 gab es 3000 Pferde, 100,000 Rinder und 11,000 Schafe. Der Bergbau ist bei dem großen Reichtum des Landes an Mineralien schon recht bedeutend; Gold, Kupfer, Antimon und Blei finden sich im Norden, Eisen, Chrom, Nickel, Kobalt im mittlern und südlichen Teil, Kohle, Kalk, Ton und Gips an der Westküste. 1903 wurden für 3,16 Mill. Frank Nickelerze (1902: 6,7 Mill.), 2,1 Mill. Kobalterze, 1,1 Mill. Chromerze, 107,000 Fr. Kohlen, 1902 für 365,000 Fr. Kupfererze ausgeführt. Im ganzen betrug 1903 die Ausfuhr 8,96, die Einfuhr 13,67 Mill. Fr. Der Handel geht meist nach Australien, dessen Kapital in N. sehr beträchtlich beteiligt ist. Mit Sydney besteht monatliche Dampferverbindung, auch laufen die Dampfer der Messageries Maritimes die Hauptstadt Numea regelmäßig an. Ein Kabel verbindet Téudié mit Bundaberg in Queensland. Eine Eisenbahn von Numea nach Bourail ist im Bau. Die Telegraphenlinien haben eine Länge von 933, die Telephonlinien von 185 km. Das Budget der Kolonie für 1904 bezifferte sich in Einnahme und Ausgabe auf 4,783,804 Fr. Dem Gouverneur steht ein Geheimer Rat aus 8 und ein Generalrat aus 16 Mitgliedern zur Seite. Hauptstadt ist Numea (s. d.). Vgl. Garnier, La Nouvelle-Calédonie (3. Aufl., Par. 1876); Rivière, Souvenirs de la Nouvelle-Calédonie (das. 1880); Schreiner, La Nouvelle-Calédonie, essai historique (das. 1882); Cordeil, Origines et progrès de la Nouvelle-Calédonie (Numea 1885); Moncelon, Le bagne et la colonisation pénale à la Nouvelle-Calédonie (Par. 1886); Vuillod, La Nouvelle-Calédonie et ses produits (St.-Claude, Depart. Jura, 1891); Legrand, Au pays des Canaques (Par. 1893); Bernard, L 'archipel de la Nouvelle-Calédonie (das. 1895); Pelatan, Les richesses minérales des colonies françaises. Nouvelle-Calédonie (das. 1900); »Notice sur la Nouvelle-Calédonie, ses richesses, son avenir etc.« (zur Weltausstellung, das. 1900); Carol, La Nouvelle-Calédonie minière et agricole (das. 1900); Delord, Voyage d'enquêteen Nouvelle-Calédonie (das. 1901); Vallet, La colonisation françaiseen Nouvelle-Calédonie (das. 1905); Frieß, N. nach seiner Natur, Geschichte und Bedeutung (Bonn 1905). Karte von Laporte: 1: 100,000 (8 Blätter, Par. 1900) und 1: 300,000 (2 Blätter, das. 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 560-561.
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