Pohl [2]

[65] Pohl, 1) Karl Ferdinand, Musikhistoriker, geb. 6. Sept. 1819 in Darmstadt, gest. 29. April 1887 in Wien, machte seine musikalischen Studien bei Sechter in Wien, wo er 1849–55 Organist war, lebte 1863 bis 1866 in London und wurde 1866 Archivar der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Er schrieb die vorzüglichen Werke: »Mozart und Haydn in London« (Wien 1867, 2 Bde.); »Die Gesellschaft der Musikfreunde des österreichischen Kaiserstaats« (das. 1871), die unvollendete Biographie »Joseph Haydn« (nur Bd. 1 in 2 Teilen, Berl. 1875 u. Leipz. 1882) und »Zur Geschichte der Glasharmonika« (1862).

2) Richard, Musikschriftsteller, geb. 12. Sept. 1826 in Leipzig, gest. 17. Dez. 1896 in Baden-Baden, studierte anfänglich Naturwissenschaften, dann Philosophie, und widmete sich schließlich ganz der Musik. Nach kurzer Lehrtätigkeit in Graz ließ er sich 1852 in Dresden nieder, schloß sich begeistert Liszt an und lebte 1854 bis 1863 in Weimar, gab 1856–60 mit Brendel die »Anregungen für Kunst und Wissenschaft« heraus und wirkte auch nach seiner Übersiedelung nach Baden-Baden fortgesetzt als Vorkämpfer der Berlioz-Lisztschen Richtung (zum Teil unter dem Pseudonym Hoplit). Von seinen zahlreichen Schriften seien hervorgehoben: »Richard Wagner, Studien und Kritiken« (Leipz. 1883); »Franz Liszt« (das. 1883); »Hector Berlioz. Studien und Erinnerungen« (das. 1884). Verdienstlich ist seine deutsche Ausgabe von Berlioz' »Gesammelten Schriften« (Leipz. 1864, 4 Bde.). Sonst erschienen von ihm: das Lustspiel »Musikalische Leiden« (1856), »Gedichte« (Weim. 1859; 2. Aufl., Bad. 1883) sowie verbindende Dichtungen zu Schumanns »Manfred« (1860) und Liszts »Prometheus«. Nach seinen Aufzeichnungen gab Pohls zweite Gattin, Luise, heraus: »Richard Wiegand, Episoden aus dem Leben eines großen Meisters« (Braunschw. 1904); sie veröffentlichte außerdem: »Hector Berlioz' Leben und Werke« (Leipz. 1900). – Seine erste Gattin Johanna, geborne Eyth, eine tüchtige Harfenistin, starb 25. Nov. 1870 in Baden-Baden als großherzoglich weimarische Kammervirtuosin.

3) Max, Schauspieler, geb. 10. Dez. 1855 in Nikolsburg, widmete sich auf der Wiener Universität dem Studium der Rechte, wurde zum Doktor beider Rechte promoviert und war bereits eine Zeitlang im praktischen Justizdienst tätig gewesen, als er sich 1878 der Bühne zuwandte, die er zuerst zu Marburg in der Steiermark betrat. 1879 wurde er für das Stadttheater in Leipzig engagiert, wo er sich unter August Försters Leitung drei Jahre lang zum Charakterdarsteller ausbildete. Nach zweijähriger Wirksamkeit am Stadttheater in Hamburg und am Deutschen Theater in Moskau kam er 1884 an das Deutsche Theater in Berlin, dem er zehn Jahre lang angehörte und wo er seinen Ruf begründete. 1895 ging er zum Berliner Theater über, und im Herbst 1897 trat er in den Verband des königlichen Schauspielhauses. Seine durch Schärfe der Charakteristik und selbständige Auffassung ausgezeichneten Hauptrollen sind Mephisto, Franz Moor, König Philipp, Shylock, König Lear, der Richter von Zalamea und Wurzelsepp in Anzengrubers »Pfarrer von Kirchfeld«, Doktor Stockmann in Ibsens »Volksfeind« etc. P. ist Präsident der Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 65.
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