Regnier

[715] Regnier (spr. rönjē), 1) Mathurin, der Schöpfer der klassischen Satire in Frankreich, geb. 21. Dez. 1573 in Chartres, gest. 22. Okt. 1613 in Rouen, war ein Neffe des Dichters Desportes, begleitete als Geistlicher den Kardinal von Joyeuse und später den Herzog von Béthune nach Rom, erhielt nach seiner Rückkehr ein Kanonikat in Chartres und führte von nun an ein dem Vergnügen und der Ausschweifung ergebenes Leben. Seine Satiren sind von originellem Gepräge und zeichnen sich durch glückliche Beobachtung, schwungvolle Verse, gute Charakterzeichnung und durch kaustischen Witz aus. Dagegen treten oft Form- und Geschmacklosigkeiten und eine starke Immoralität zutage. Unter den zahlreichen Ausgaben seiner Werke heben wir hervor die von Viollet le Duc (Par. 1822), Barthélemy (1862, mit einigen bisher ungedruckten Gedichten zweifelhaften Ursprungs), Courbet (1869 u. 1875). Die Satire »Macette« erschien Paris 1900 mit Kommentar von Brunot u. a. Ferd. Dugué ließ 1853 ein Schauspiel in Versen: »Mathurin R.«, erscheinen. Vgl. Felgner in Herrigs Archiv, Bd. 62 (1879); Niemann, Über Regniers Leben und Satiren (Berl. 1888); Vianey, Mathurin R. (Par. 1896); Cherrier, Bibliographie de M. R. (das. 1885).

2) Claude Ambroise, Herzog von Massa, franz. Justizminister, geb. 6. April 1736 in Blamont (Meurthe-et-Moselle), gest. 24. Juni 1814, war beim Ausbruch der französischen Revolution Advokat in Nancy. 1789 vom Bezirk dieser Stadt in die Nationalversammlung gewählt, wirkte er als tüchtiger Jurist besonders in den Ausschüssen für die Organisation der Justiz und der neuen Verwaltung. 1795 trat er in den Rat der Alten, dessen Präsident er 1798 ward. Er unterstützte Bonaparte bei dem Staatsstreich vom 18. Brumaire, ward Mitglied der Kommission, welche die Verfassungsänderung vorbereitete, und 14. Sept. 1802 unter dem Titel eines Großrichters (grand juge) Minister der Justiz und bis 1804 auch der Polizei. Er leitete den Prozeß gegen Cadoudal und Pichegru. Napoleon ernannte ihn bei seiner Thronbesteigung zum Herzog von Massa, 1812 zum Staatsminister und Präsidenten des Gesetzgebenden Körpers. Mit der ersten Restauration verlor R. alle seine öffentlichen[715] Ämter. Sein Sohn Sylvestre, früher Graf von Gronau, dann Herzog von Massa, geb. 31. Dez 1783, gest. 20. April 1851, war beim Tode des Vaters Präfekt des Departements Oise, weigerte sich, während der Hundert Tage in die Dienste des Kaisers zu treten, und erhielt dafür 1816 die Pairswürde. Er hinterließ die herzogliche Würde seinem Enkel André Philippe Alfred R., geb. 1835.

3) Adolphe, franz. Sanskritist, geb. 7. Juli 1804 in Mainz, gest. 21. Okt. 1884 in Fontainebleau, bekleidete mehrere höhere Lehrämter in Paris und wurde 1843 von Ludwig Philipp zum Erzieher des Grafen von Paris ernannt, den er nach der Februarrevolution auch ins Exil begleitete. Seit 1852 wieder in Paris, wurde er 1855 in die Akademie der Inschriften aufgenommen und 1862 vom Institut als Professor des Sanskrits am Collège de France vorgeschlagen. R. hat sich besonders durch die »Études sur l'idiome des Védas et les origines de la langue sanscrite« (Par. 1855) und eine Ausgabe des »Prâtiçâkhya« des Rigveda (das. 1857–58, 3 Bde., mit französischer Übersetzung, Kommentar und einer »Étude sur la grammaire védique«) bekannt gemacht.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 715-716.
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