Sienkiewicz

[451] Sienkiewicz (spr. ßjenkjéwitsch), Henryk, der bedeutendste poln. Romanschriftsteller der Gegenwart, geb. 1846 in Wola Okrzejska (Kreis Lukow, Gouv. Sedlez), studierte in Warschau Philosophie, trat schon 1872 mit seiner ersten humoristischen Novelle: »Niemand ist Prophet in seinem Vaterland«, hervor, reiste 1876 nach Amerika und wurde dann durch seine unter dem Pseudonym Litwos in der Warschauer »Gazeta Polska« veröffentlichten, ungemein interessanten amerikanischen Reisebriefe in den weitesten Kreisen bekannt. Er veröffentlichte sodann eine Reihe von Novellen, die ein ungewöhnliches Talent in realistischer Auffassung und Darstellung bekundeten und allgemeines Aufsehen erregten. Am bemerkenswertesten darunter sind: »Stary sługa« (»Der alte Diener«), »Hania« (»Hanna «), »Szkice węglem« (»Kohlenskizzen«), »Janko muzykant« (»Janko der Musikant«), »Przez stepy« (»Durch die Steppen«), »Orso«, »Z pamiętnika poznańskiego nauczyciela« (»Aus dem Tagebuch eines Posener Lehrers«), »Czyja wina« (»Wer ist schuld«), »Za chlebem«[451] (»Ums liebe Brot«), »Latarnik« (»Der Laternenmann«), »Jamioł«, »Niewola tatarska« (»Die Tatarenknechtschaft«), »Na jednę kartę« (»Auf eine Karte«), »Bartek zwycięzca« (»Bartel der Sieger«). Alsdann errang er einen ganz außerordentlichen Erfolg auf dem Gebiete des historischen Romans mit der großen Romantrilogie »Ogniem i mieczem« (»Mit Feuer und Schwert«, Warsch. 1884, 4 Bde.), »Potop« (»Die Sintflut«, Berl. 1886, 6 Bde.) und »Pau Wołodyjowski« (das. 1887–88, 3 Bde.). Alle drei Romane spielen im 17. Jahrh. auf dem blutigen Hintergrunde der Kriege mit den Kosaken, Schweden und Türken und übertreffen an Kraft, Erfindungsgabe und glänzendem Stil alles, was bisher auf diesem Gebiet in der polnischen Literatur geleistet wurde. Nach Herausgabe einer Reihe von NovellenTa trzecia«, »Sachem«, »Sielanka« etc. 1889) veröffentlichte er dann 1890 das zweibändige Werk »Bez dogmatu« (»Ohne Dogma«), den bedeutendsten psychologischen Roman, den die polnische Literatur aufzuweisen hat. Seine letzten Publikationen sind die Romane »Rodzina Połanieckich« (1894), das weltberühmt gewordene »Quo vadis« (1895, aus der Zeit Neros), das in mehr als 30 Sprachen übersetzt wurde, und »Krzyżacy« (»Die Kreuzritter«, 1901). S. hatte dann seinen Wohnsitz abwechselnd in Warschau und Krakau und hat in den letzten Jahren weite Reisen nach England, Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland, dem Orient etc. unternommen. Eine Reise nach Afrika schildern seine »Briefe aus Afrika«. Eine Zeitlang war er Redakteur des Warschauer »Slowo«. Jetzt lebt er meist auf dem Gute Olęgoret (Gouv. Kjelzy), das ihm 1900 zu seinem 25jährigen Schriftstellerjubiläum von den Polen als Nationalgeschenk verehrt wurde. 1905 wurde ihm der Nobel-Preis für Literatur zuerkannt. Eine Sammlung seiner Werke erscheint seit 1880 in Warschau. S.' Schriften sind fast sämtlich mehrfach übersetzt worden, seine Romane deutsch Leipzig 1901–02 in 10 Bänden, eine andre deutsche Ausgabe seiner »Gesammelten Werke« erscheint seit 1906 in Graz. Seine Biographie schrieben P. Chmielowski (poln., Lemberg 1901) und J. Nowiński (poln., Warsch. 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 451-452.
Lizenz:
Faksimiles:
451 | 452
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika