Stöber

[47] Stöber, 1) Daniel Ehrenfried, elsäss. Dichter und Schriftsteller, geb. 9. März 1779 in Straßburg, gest. daselbst 28. Dez. 1835, studierte in Straßburg und später in Erlangen Rechtswissenschaft und wurde 1806 in Straßburg Lizentiat der Rechte. Hier gab er das »Alsatische Taschenbuch« (1806–1809) heraus, übersetzte französische Dramen und veröffentlichte nach Pfeffels Tode »Blätter, dem Andenken K. G. Pfeffels gewidmet« (Straßb. 1810). Unter der Restauration gehörte S. zur liberalen Opposition; er übersetzte die Schriften des Generals Foy, gab politische Broschüren in Form von Dialogen (»Gradaus«) heraus und veröffentlichte: »Gedichte« (Basel 1814; 3. Aufl., Stuttg. 1821) sowie das volkstümliche »Neujahrsbüchlein von Vetter Daniel« (das. 1818) und eine Biographie OberlinsVie de Frédéric Oberlin«, Straßb. 1821), der er seine »Kurze Geschichte und Charakteristik der schönen Literatur der Deutschen« (das. 1826) nachfolgen ließ. Sein letztes größeres Werk war die Übersetzung von Lamennais' »Paroles d'un croyant«. Seine »Sämtlichen Gedichte und kleinen prosaischen Schriften« erschienen in 4 Bänden (Straßb. 1835–36). Sein Drama »Feodor Polsky oder eine Nacht in Polens Wäldern« veröffentlichte sein Sohn Adolf S. (Mülhaus. 1872). Zu seinen besten poetischen Leistungen gehören seine in elsässischer Mundart geschriebenen Gedichte, die voller Witz und Humor sind.

2) August, Sohn des vorigen, geb. 8. Juli 1808 in Straßburg, gest. 9. März 1884 in Mülhausen, studierte 1828–34 Theologie, wirkte 1838–41 als Lehrer der deutschen Sprache und Literatur am Kollegium in Buchsweiler, 1841–71 als Professor am Kollegium in Mülhausen und ward 1864 zugleich zum Oberstadtbibliothekar, 1874 zum Konservator des von ihm mitbegründeten historischen Museums ernannt. Gleich seinem Vater und Bruder trug er durch seine literarische Tätigkeit viel zur Erhaltung des deutschen Wesens im Elsaß bei. Er veröffentlichte: »Alsabilder«, vaterländische Sagen und Geschichten (mit seinem Bruder Adolf, Straßb. 1836); »Gedichte« (das. 1842; neue Aufl., Basel 1873); »Oberrheinisches Sagenbuch«, Gedichte (Straßb. 1842); »Elsässisches Volksbüchlein«, Kinder- und Volkslieder, Märchen etc. (das. 1842; 2. Aufl., Mülhaus. 1859); »Der Dichter Lenz und Friederike von Sesenheim« (Basel 1842); »Geschichte der schönen Literatur der Deutschen« (Straßb.[47] 1843); »Briefe an den Vetter Lienhard von Gradaus dem Jüngern« (Straßb. 1848); »Die Sagen des Elsasses« (St. Gallen 1852; neue Ausg. von Mündel, Straßb. 1892–96, 2 Tle.); »Der Aktuar Salzmann, Goethes Freund und Tischgenosse« (Mülhaus. 1855); »Zur Geschichte des Volksaberglaubens im 16. Jahrhundert« (Basel 1856); »Chr. Fr. Pfeffel« (das. 1859); »E Firobe (ein Feierabend) im e Sundgauer Wirtshaus«, Volksszene in zwei Abteilungen (Musik von Heyberger, Mülhaus. 1865, 2. Aufl. 1868); »Jörg Wickram, Volksschriftsteller und Stifter der Kolmarer Meistersängerschule« (das. 1866); »Aus alten Zeiten. Allerlei über Land und Leute im Elsaß« (2. Aufl., das. 1872); »Erzählungen, Märchen, Humoresken etc.« (das. 1873); »Drei-Ähren«, Gedichte (das. 1873, 2. Aufl. 1877); »J. S. Röderer und seine Freunde« (2. Aufl., Kolm. 1874). Auch gab er »Elsässische Neujahrsblätter« (mit Otte, Straßb. 1843–48, 6 Bde.), »Erwinia«, belletristische Wochenschrift (das. 1838–1839), und »Alsatia«, Jahrbuch für elsässische Geschichte etc. (Mülhaus. 1850–75, 10 Bde.), zu denen nach Stöbers Tode noch ein Band »Neue Alsatia« (das. 1885) erschien, heraus. Vgl. Ehrismann, Auguste S. (Mülhaus. 1887).

3) Adolf, Bruder des vorigen, geb. 7. Juli 1811 in Straßburg, gest. 8. Nov. 1892 in Mülhausen, studierte 1826–31 in Straßburg Theologie, wurde 1839 Lehrer am Kollegium in Mülhausen, 1840 Pfarrer daselbst, 1864 Präsident des reformierten Konsistoriums und Oberschulrat in Mülhausen, seit 1890 war er Ehrenpräsident. Außer den mit seinem Bruder herausgegebenen »Alsabildern« veröffentlichte er: »Gedichte« (Hannov. 1845; 2. Aufl., Straßb. 1893), die sich dem Stile der schwäbischen Schule anschlossen und durch seinen Humor im Dialekt sich auszeichneten; ferner »Reisebilder aus der Schweiz«, Gedichte (St. Gallen 1850, neue Folge 1857); »Reformatorenbilder« (Basel 1857); »Einfache Fragen eines elsässischen Volksfreundes« (Mülhaus. 1872); »Efeukranz auf das Grabmal einer Heimgegangenen« (seiner Frau, das. 1884); »Elsässer Schatzkästlein« (Straßb. 1877); »Spiegel deutscher Frauen. Bilder aus Geschichte und Legende« (das. 1892), und einiges Theologische. S. erwarb sich durch seine reichstreue politische und literarische Tätigkeit viele Verdienste um das Deutschtum in seiner Heimat.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 47-48.
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