Ton [3]

[603] Ton (Pelit), in seinen reinsten Varietäten (Kaolin, Porzellanerde) ein wasserhaltiges Aluminiumsilikat von bestimmter Zusammensetzung, in der Regel aber als Verwitterungsprodukt von Gesteinen, die Feldspat oder andre leicht in Kaolin sich umwandelnde Silikate in größerer Menge enthalten, gemengt mit den sonstigen Zersetzungsprodukten der betreffenden Gesteine, am häufigsten mit Karbonaten (und dann dem Mergel [s. d.] sich nähernd) von Calcium, Magnesium und Eisen, die sich durch Aufbrausen mit Säure verraten, ferner mit Eisenoxyd, Eisenhydroxyd,[603] gröberm oder feinerm Quarzsand, Glimmerschüppchen, kohligen Substanzen etc. Als Beispiel der chemischen Zusammensetzung mögen folgende Analysen dienen:

Tabelle

In trockenem Zustand sind die Tone sein- oder groberdig und zerreiblich, im feuchten Zustand in verschiedenem Grade geschmeidig und plastisch. Beim Anhauchen geben sie einen eigentümlichen Geruch (Tongeruch). Nach dem Gefühl beim Angreifen spricht man von fetten und magern Tonen; die letztern sind die unreinern. Die Tone saugen begierig Wasser ein, manche bis 70 Proz.; auch Fetten, Ölen und Salzlösungen gegenüber besitzen sie eine starke Absorptionskraft. Das aufgenommene Wasser entweicht beim Erwärmen, wobei die Tone stark schwinden und bersten (die magern Tone weniger als die fetten); beim Glühen werden sie hart, klingend, verlieren ihre Plastizität und verglasen und schmelzen je nach der Natur der Beimengungen bei verschieden hoher Temperatur. Reines Kaolin (Porzellanerde) ist nicht schmelzbar, sondern sintert nur bei hoher Temperatur zusammen; von den Verunreinigungen des Kaolins scheint besonders Magnesia die Feuerbeständigkeit abzuschwächen, weniger Kalk, noch weniger Eisenoxyd und Kali. Selten sind die Tone rein weiß, gewöhnlich grau, bräunlich, rötlich, grünlich, bläulich, bunt gestreift, geädert oder geflammt. Spezifisches Gewicht des bei 100° getrockneten Tons 2,44–2,47. An Varietäten unterscheidet man: eisenschüssigen T., gelb oder rotbraun, je nachdem Eisenhydroxyd oder Eisenoxyd das färbende Prinzip ist; glimmerigen T. (Glimmerton), mit zahlreichen, oft lagenweise angeordneten Glimmerblättchen gemengt; Töpferton, zäh und plastisch, sehr seinen Quarzsand führend; Pfeifenton, sehr reiner, kaolinartiger T.; bituminösen T. mit hohem Gehalt an organischen Stoffen, die beim Glühen unter Bleichung des Tons zerstört werden; Salzton, mit Steinsalz und Calciumsulfat (Anhydrit oder Gips) innig gemengt; Alaunton (Vitriolton, Alaunerde), imprägniert mit seinen, gewöhnlich erst mit dem Mikroskop sichtbaren Teilchen von Eisenkies, die bei der natürlichen oder künstlich unterstützten Verwitterung Eisenvitriol und Schwefelsäure und durch deren Einwirkung auf die im T. enthaltenen Kalium- und Aluminiumsilikate Alaun bilden (vgl. Alaunerde, Schwefelkies); Rupelton, Septarienton, ein an nierenförmigen Mergelkonkretionen (Septarien) reicher T. Feuerfeste Tone schmelzen erst bei sehr hoher Temperatur, eine Eigenschaft, die auf der Abwesenheit oder dem geringen Gehalt an Magnesium-, Eisen-, Mangan- und Kaliumverbindungen beruht. Verhärteter, etwas schieferiger T. wird als Schieferton bezeichnet. Einen durch Quarz, Kalk und Eisen stark verunreinigten T. stellt der Lehm dar. Rot und bunt (gelb, grün, blau, violett) gefärbten fetten T. nennt man Letten, bei Hervortreten einer deutlichen Schieferung Schieferletten und Lettenschiefer. Ebenfalls den Tonen beizuzählen ist die Walkerde (Walkererde), ein grauer bis olivengrüner, auch bräunlicher und rötlicher T., der sehr begierig Öle und Fette einsaugt und deshalb als Fleckreinigungsmittel (gewöhnlich in Kugelform, sogenannte Fleckkugeln) und besonders in den Webereien zum Entfetten (Walken) der Tuche, dann aber auch in der Buntpapier- und Tapetenfabrikation, bei der Darstellung des Ultramarins benutzt wird; chemisch scheint sie durch einen konstanten Gehalt an Magnesia charakterisiert zu sein. Sie findet sich im englischen Jura, in der Aachener und belgischen Kreide etc. und als ein Zersetzungsprodukt von Gabbro bei Roßwein und Siebenlehn in Sachsen, in Schlesien etc. Porzellanjaspis und Basaltjaspis (s. d.) sind durch natürliche Prozesse (Kohlenbrände, vulkanische Eruptionen) gebrannte Tone. Sonstige Benennungen beziehen sich auf die geologische Formation, in der sie vorkommen, oder sind lokaler Natur, so z. B. Wälderton (aus dem Wealden), Oxfordton (zum Jura gehörig), Hilston (aus der Kreide), Tegel (ein Tertiärton) u. a. Im allgemeinen sind die Tone in den mittlern und jüngern Formationen entwickelt und werden in den ältern durch Schiefertone und Tonschiefer (s. d.), die aus T. hervorgegangen sind, vertreten. Ganz fremd sind sie aber selbst den ältesten Gesteinsschichten nicht, wie z. B. in Rußland sowohl im Silur als in der Steinkohlenformation Tone vorkommen. Die Tone bilden bald mächtigere Schichten, bald dünne Lagen oder Spaltenausfüllungen (Lettenklüfte) zwischen andern Gesteinen, namentlich Kalken und Sandsteinen. Bekanntere Tonlager sind die von Großalmerode in Kurhessen, Passau, Stourbridge und Newcastle in England, Hoganäs in Schweden für feuerfeste Tone; Köln, Lüttich, Namur für Pfeifentone; Bunzlau, Hildburghausen, Klingenberg am Main, Koblenz, Höhr und Grenzhausen in Nassau u. v. a. O. für Töpfertone. Tone dienen zu Fayence, Steingut, Topfwaren, Tonpfeifen, Schmelztiegeln. Gußformen, zum Modellieren, zum Walken des Tuches, als Dungmaterial (namentlich Salzton); unreinere Varietäten und Lehm zu Backsteinen und Ziegeln, als Baumaterial, zum Ausschlagen (Dichten) von Wasserkanälen etc. Über die wichtige Rolle, die der T. im Boden spielt, s. Boden (besonders S. 119). Endlich sind tonige Schichten, weil wasserundurchlässig, im Innern der Erde die wichtigsten Wassersammler, die als sperrende Schichten die versinkenden Wasser der durchlassenden Gesteine auf ihrer Grenzfläche aussaugen und bei entsprechender Lagerung der Schichten Quellenbildung veranlassen. Durch diese wassersperrende Kraft schützen umgebende Tonschichten die Steinsalzlager vor der Auslaugung. Vgl. Bischof, Die feuerfesten Tone (3. Aufl., Leipz. 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 603-604.
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