[711] Wlassics (spr. wláschitsch), Julius von, ungar. Rechtsgelehrter und Staatsmann, geb. 17. März 1852 in Zala-Egerszeg, wurde als stellvertretender Oberstaatsanwalt dem Justizministerium zugeteilt. 1890 als Nachfolger Desider Szilágyis zum Professor des Strafrechts an der Budapester Universität ernannt und 1892 zum Reichstagsdeputierten gewählt. Am 15. Jan. 1895 im Kabinett Bánffy zum Minister für Kultus und Unterricht ernannt, brachte er die Gesetzentwürfe über die freie Ausübung der Religion und die Rezeption der Israeliten als gesetzlich anerkannter Konfession glücklich durch. Den Frauenunterricht hob er auf ein höheres Niveau, eröffnete den weiblichen Hörern den Zugang zu den Universitäten und bürgerte in Ungarn auch die University Extension ein. Beim Rücktritt des Ministeriums Bánffy (im Februar 1899) behielt W. sein Portefeuille im Kabinett Széll und Khuen-Héderváry, trat aber mit letzterm 31. Okt. 1903 zurück. Unter dem absolutistischen Kabinett Fejérváry stimmte W. mit der Gruppe der Dissidenten unter Graf Andrássy und war auch Mitglied des dirigierenden Ausschusses der vereinigten Opposition. Nach der Herstellung der Verfassung (im April 1906) wurde er zum Präsidenten des obersten Verwaltungsgerichtshofes ernannt. Von seinen Werken (in ungar. Sprache) seien hier erwähnt: »Die rechtliche Natur der Geldstrafe« (1882); »Über den Versuch« (1885, preisgekrönt); »Neue Richtungen im Strafrecht« (1888); »Die Lehre von der Teilnehmerschaft« (2. Ausg. 1893, preisgekrönt); »Grundprinzipien des Strafverfahrens« (1885). Für die von der Internationalen kriminalistischen Vereinigung herausgegebene »Strafgesetzgebung der Gegenwart in rechtsvergleichender Darstellung« (Berl. 1894 ff.) lieferte er den auf Ungarn bezüglichen Teil.