Citronensäure

[164] Citronensäure (Acidum citricum), C12, H8, O14, + 2HO, 1784 von Scheele entdeckt-Säure, meist in Verbindung mit Apfelsäure in Citronen u. andern sauern Pflanzensäften, in Pomeranzen, Preißelbeeren, Hagebutten, Bittersüßbeeren, unreifen Weintrauben, Tamarinden, mit reichlicher Apfelsäure in Stachel- u. Johannisbeeren, Heidelbeeren, Himbeeren, Erdbeeren, Kirschen ferner in den Früchten von Physalis Alkekengi, in der Krappwurzel, im Waldmeister, in den Runkelrüben, im Tabak u.a. Man gewinnt sie aus den. Citronensaft, wenn man diesen heist mit Kreide[164] sättigt, den dann sich absetzenden citronensauren Kalk auswäscht, mit 3 Theilen concentrirter Schwefelsäure u. 6 Theilen Wasser digerirt, die gewonnene saure Flüssigkeit dann filtrirt, den Bodensatz auswäscht, sämmtliche Flüssigkeit abdampft u. nun in den entstehenden Krystallen die Citronensäure erhält. Diese Krystalle bilden weiße, rhomboidale Prismen von 1,617 specifischem Gewicht, sind geruchlos, von sehr sauerm Geschmack, C12H8O14 + 3HO, aber wenn die Säure durch Abkühlung krystallisirt ist, C12H8O14 + 2HO, jene verlieren durch Erwärmen 9 Procent Krystallisationswasser, zerfallen dann in weißes Pulver, das an kaltem u. 1/2 heißem Wasser auflöslich ist, C12H8O14 + HO. Die Krystalle schmelzen in der Wärme, zersetzen sich über 150° (s. u.), bei Behandlung mit Schwefelsäurehydrat entwickelt sich Kohlenoxydgas u. wird Essigsäure gebildet, beim Schmelzen mit Kalihydrat im Überschuß Oxal- u. Essigsäure. Goldchlorid wird von ihr ohne Gasentwickelung reducirt; mit Manganhyperoxyd erwärmt, gibt sie reichlich Kohlensäure u. Essigsäure. Ein Gemisch von Braunstein u. verdünnter Schwefelsäure verwandelt die C. in Ameisensäure u. Kohlensäure; concentrirte Salpetersäure verwandelt die C. in Oxalsäure, Essigsäure u. Kohlensäure, od. in eine eigenthümliche Säure, die Mesaconsäure (s.d.). Sie muß sich ohne Rückstand in Alkohol lösen u. darf in Kalkwasser keinen Niederschlag hervorbringen, der erst beim Erhitzen entsteht. Die C. bildet mit Basen neutrale u. saure, in verschiedenem Verhältniß Krystallisationswasser enthaltende, mehr od. weniger lösliche Citronensaure Salze. Die neutralen Salze haben die Formel C12H5O11, 3MO, die sauren die Formel C12H5O11, 2MO od. C12H5O11, MO, 2HO. Citronensaures Äthyloxyd, C24H20O14 (Citronensaurer Äther, Aether citricus), ölartige Flüssigkeit von schwachem, baumölartigem Geruch, unangenehm bitterm Geschmack; specifisches Gewicht = 1,142, es läßt sich nicht unzersetzt destilliren, trübt sich bei 270° u. siedet bei 280°, wobei es sich zersetzt, wird durch Destillation von 90 Theilen krystallisirter C., 110 Theilen Alkohol u. 50 Th. Schwefelsäurehydrat gewonnen; Citronensaures Ammoniak, krystallisirbar, leicht löslich; Citronensaures Kali, kommt als einbasisches, saures, C12H7KO14 + 4 aq., als zweibasisches, saures, C12H7KO14, als neutrales, dreibasisches Salz, C12H5K3O14 + 11 aq. vor, sämmtlich leicht löslich, schwer krystallisirend vor, befindet sich im unreinen Zustande in der Potio Riverii; Citronensaures Ratron, dreibasisches, C12H5Na3O14 + 11 aq., beim freiwilligen Verdampfen in großen, regelmäßigen, luftbeständigen Krystallen anschießend, verliert bei 100° Wärme 7 Atome Wasser; zweibasisches, C12H6Na2O14 + 2 aq., durch Zusatz von halb so viel C., als es schon enthält, zu einer Lösung des Vorigen u. freiwilliges Verdampfen erhalten, wo dann die ganze Flüssigkeit zu einem krystallinischen Hauptwerk erstarrt; einbasisches, C12H7Na14 + 2 aq., gummiartige, in der Wärme krystallinisch werdende Masse; Citronensaurer Baryt, C12H5Ba3O14 + 7 aq., weißes Pulver, das in der Wärme 6, bei 190° auch 7 Atome Wasser verliert; Citronensaurer Kalk C12H5Ca3O14 + 4 aq., durch Vermischen von Chlorcalcium mit citronensaurem Natron, als ein weißer Niederschlag entstanden; beim Erhitzen der C. mit überschüssigem Kalkwasser bildet sich basisches Salz, C12H5Ca3O14CaO, beim Sättigen des Citronensaftes mit kohlensaurem Kalk ein unreines Gemisch von neutralem u. basischem Salz; Talkerde, Thonerde, Manganoxydul geben mit C. unlösliche neutrale u. lösliche saure Salze; Citronensaures Eisenoxydul, ist krystallisirbar, schwer löslich, wird durch kaustisches Kali nicht gefällt, löst sich in citronensaurem Natron auf; Citronensaures Eisenoxyd, ist braun, löslich; Citronensaures Zink, ist schwer löslich; mit Bleioxyd kann die C. 4 Salzverbindungen eingehen, als saures C12H6Pb2O14 + 2 aq., neutrales, C12H5Pb2O14, basisches, C12H5Pb3O14PbO + aq., u. überbasisches Bleioxyd, C12H5Pb3O14, 3 PbO + aq., wovon blos das erste im Wasser löslich ist, aber sich in demselben zersetzt. Basisches Citronensaures (überbasisches) Kupferoxyd, C12H5Cu3O14, CuO, HO + 2 aq., grünes, krystallinisches, beim Erhitzen hellblau werdendes, unlösliches Pulver; Citronensaures Silberoxyd, C12H5Ag3O14, weißes Pulver, durch Fällung eines löslichen Silbersalzes mit einem citronensauren Salze erhalten, verliert sein Krystallisationswasser schon bei + 25°, verbrennt, mit einem glühenden Körper berührt, unter schwacher Detonation; Citronsaures Antimonoxydkali, weiße, harte, leicht zu pulvernde prismatische Krystalle. Durch Erhitzung erleidet die C. wesentliche Veränderungen, aus denen folgende Producte hervorgehen (Zersetzungsproducte der C.): Wenn man die C. über ihren Schmelzpunkt hinaus so lange erhitzt, bis nach übergegangenem Wasser die Erzeugung von gasförmigen od. sauren flüchtigen Dämpfen beginnt, jetzt aber die Erhitzung unterbricht, so ist die C. in eine gelbliche, nicht krystallinische Masse verwandelt, welche durch Umkrystalliren gereinigt, im Wesentlichen mit der Aconitsäure u. Equisetsäure (s. unt.) identisch ist (Citraconsäure, Citricicsäure), C19H6O8; sie bildet sich auch, wenn wasserfreie Citrate durch, in Alkohol gelöste Salzsäure zersetzt wird. Aus dem Aconitum Napellus wird die Säure durch Zerlegung des aconitsauren Bleioxydes, Schwefelwasserstoff mittelst Filtriren, Abdampfen, Reinigen der erhaltenen Salzmasse durch Krystallisiren aus einer Auflösung in Äther dargestellt. Sie bildet keine regelmäßigen Krystalle, sondern eine warzig krystallinische Masse. od. derbe Krusten, ist leicht in Wasser, Alkohol u. Äther löslich u. bildet mit Basen Aconitsaure Salze. Solche sind: saures aconitsaures Ammoniak, körnig, in 6 Theilen Wasser löslich; neutrales aconitsaures Ammoniak, ist sowie die entsprechenden Kali- u. Natronsalze schwer krystallisirbar, leicht löslich; aconitsaurer Baryt, krystallisirt nicht, löst sich schwer in Wasser; aconitsaurer Kalk, ist in dem Safte des Sturmhuts-fertig gebildet reichlich vorhanden; aconitsaure Bittererde, findet sich reichlich in dem Safte von Equisetum fluviatile; aconitsaures Bleioxyd, kann theils durch Niederschlag aus neutralem, essigsaurem Bleioxyd u.a. Säuren, theils aus dem Safte des Aconits durch Zerlegung des aconitsauren Kalks erhalten werden, bilden ein blendend weißes, fast unlösliches Pulver; aconitsaures Kupferoxyd, grünes, lösliches Pulver; aconitsaures Quecksilberoxyd, weißes, schwerlösliches Salz; acouitsaures [165] Silberoxyd, durch Zerlegung des salpetersauren Silbers; mittelst löslicher, aconitsanrer Alkalien dargestellt, weißes, unlösliches, bei trockner Erhitzung leicht verpuffendes Pulver. Bei, unter stärkerer Erhitzung fortgesetzter, trockner Destillation der C. gehen 2 Flüssigkeiten über, eine schwerere ölartige, die sich in heißem Wasser löst, mit kaltem aber nach längerem Zusammenstehn zu einer krystallinischen Masse erstarrt, nach Robiquet wasserfreie Brenzcitronsäure, C10H4O6 (isomer mit der Brenzschleimsäure); u. eine leichtere, über jener stehende Flüssigkeit, die abgenommen, mit ihrem dreifachen Volumen Wasser vermischt u. dem freiwilligen Verdampfen an der Luft überlassen wird, wo sich harte durchsichtige Krystalle (Brenzcitronsäure, Pyrocitronsäure, Acide citricique, C10H6O8) bilden. Sie ist geruchlos, schmeckt stark sauer, krystallisirt aus Wasser in rhombischen Octaëdern, löst sich in Wasser, Alkohol, Äther u. bildet mit Basen saure u. neutrale brenzcitronsaure Salze. Solche sind: brenzcitronsaures Ammoniak, brenzcitronsaures Äthyloxyd, Brenzcitronäther, dargestellt, indem man durch eine, eben in der Destillation begriffene Auflösung der Brenzcitronensäure salzsaures Gas leitet u. sie aus dem Übergegangenen durch Wasser niederschlägt, bildet eine farblose, durchsichtige Flüssigkeit, von bitterm, durchdringendem Geschmack u. calmusähnlichem Geruch. Die mit Kali u. Natron, Baryt, Strontian, Kalk, Magnesia, Bleioxyd, Manganoxydul, Kupferoxyd etc. sich bildenden Salze bieten kein bes. Interesse. In der Mutterlauge, aus welcher die Säure krystallisirt worden ist, bleibt eine zweite Brenzcitronsäure, die noch nicht näher untersucht ist. Wenn man gepulverte C. mit wasserfreiem Anilin auf 150° erhitzt, die so entstandene braune Masse mit Wasser auskocht, so bleibt ein blaßgelbes Pulver als Rückstand, aus dessen alkoholischer Lösung Citranilid u. Citrobianil auskrystallisiren; das Citranilid (Citronanilid, Phenylcitramid, C48H23N3) bildet farblose Nadeln, die in Wasser unlöslich, in Alkohol schwer löslich sind u. durch Ätzkali erst beim Schmelzen zersetzt werden. Das Citrobianil krystallisirt in sechsseitigen Tafeln, ist schwer löslich in Wasser, leicht löslich in siedendem Alkohol u. wird durch Kali zersetzt. Das Amid der Citronensäure, das Citramid, C12H11N3O8, ist farblos, krystallisirbar u. schwer löslich in Wasser.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 164-166.
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