Demidow

[833] Demidow, reiches, russisches Geschlecht, zeichnete sich durch, dem Staate geleistete Dienste, durch seine eifrige Betreibung seiner Eisen- u. anderer Bergwerke am Ural, im Gouvernement Perm u. in Sibirien aus. Berühmt sind bes.: 1) Nikita, ursprünglich Hammerschmied in Tula, geb. um 1665; unter seiner Leitung legte 1699 die russische Regierung zu Newjansk im District Jekatherinenburg die erste Eisengießerei in Sibirien mit so viel Ordnung u. Geschick an, daß Peter d. Gr. ihn adelte, zum kaiserlichen Commissär ernannte u. 1702 die ganze Eisengießerei schenkte. Nach diesem Hüttenwerk gründete Nikita D. u. sein Sohn viele Berg- u. Hüttenwerke, welche die Familie am Ural u. im Gouvernement Perm besaß. 2) Akimfi D., Sohn des Vor., Metallurg, nahm die Spuren alten Bergbaues in Sibirien wieder auf u. legte am Irtitsch, Ob, im Altai u. am See Kolyba (letztere 1727) mehrere Gold-, Silber- u. Kupferbergwerke an, welche er durch deutsche Bergleute betreiben ließ. 1725 gründete er am Fuße des Magnetberges das Eisenwerk Nischnei Tagilsk, das noch jetzt sehr ergiebig ist. Er wurde kaiserlicher Staatsrath u. st. gegen 1740. 3) Nikita D., ältester Sohn des Vor., setzte die Bergwerke seines Vaters fort u. beutete bes. die Goldwäschereien aus, die 1725 bei Nischnei Tagilsk am Ural entdeckt worden waren. 4) Prokop, jüngerer Bruder des Vor., gründete 1772 eine Handelsschule in Moskau, die 1800 nach Petersburg verlegt wurde. 5) Wasili, wurde 1741 Obersecretär des Staates u. später Staatsrath. 6) Iwan, wurde 1764 Contreadmiral. 7) Paul Gregoriewisch, geb. 1738 in Reval, studirte in Freiberg Mineralogie, in Upsala unter Linné Naturwissenschaften u. cultivirte letztere mit Vorliebe, errichtete in seinem Palast zu Moskau ein reiches naturhistorisches Cabinet u. verwandelte die Umgebungen dieses Palastes in einen Botanischen Garten u. gründete einen Lehrstuhl der Naturwissenschaften in Moskau. In Jaroslaw errichtete er das Athenäum (jetzt Lyceum D-s). Einen systematischen Katalog seiner Bibliothek gab Fischer, Lpz. 1806, heraus. Er st. 1828 als Geh. Rath in Moskau. 8) Nikolaji, Graf von D., Sohn des 1836 verstorbenen Peter Gregoriewitsch, geb. 1774 in Petersburg, nahm Kriegsdienste, war Adjutan bei Potemkin, machte 2 Feldzüge gegen die Türkei mit, wurde Oberstlieutenant u. Kammerherr des Kaisers, verließ den Militärdienst u. durchreiste in metallurgischem Interesse Deutschland, Italien, Frankreich u. England. Nach seiner Rückkehr stiftete er auf seinen Gütern eine Sensenfabrik, eine Zeichenschule etc., errichtete bei dem Einfalle der Franzosen ein Regiment auf seine Kosten, das er, so lange der Feind auf russischem Gebiete stand, selbst commandirte, nahm dann als Oberst seinen Abschied u. wurde Geh. Ratb. Er besitzt auch eine schöne Gemäldesammlung. Er war vermählt mit Gräfin Elisabeth Stroganoff u. schr. Einiges über Handelsbilanz, über die Theorie der Capitalien u. über einige Gegenstände der öffentlichen u. Privatpolitik[833] (ins Französische übersetzt), Petersb. 1826 u. 27. 9) Anatoli D., Fürst D. von San Donato, Bruder des Vor., eine Zeit lang russischer Gesandtschaftssecretär in Paris, machte 1833 eine Schenkung von 500,000 Rubeln zu Gründung eines Asyls für arbeitsame Arme. Er wurde 1840 in den Fürstenstand erhoben. Über seine Heirath mit Prinzessin Mathilde, der Tochter Jerome Napoleons, 1841 zu Florenz, wo er versprochen hatte, seine sämmtlichen Kinder katholisch erziehen zu lassen, fanden, da dies den russischen Gesetzen zuwiderläuft, viele Differenzen mit der russischen Gesandtschaft u. dem päpstlichen Stuhl Statt. Nach Petersburg berufen, um sich dort zu verantworten, gelang es ihm, die Erlaubniß zu erhalten, ferner in Paris zu leben. 1846 wurde er wieder veranlaßt, seinen Aufenthalt in Rußland zu nehmen, doch erhielt er im folgenden Jahre den Kammerherrntitel u. die Erlaubniß, ins Ausland zu reisen, wo er seit dieser Zeit theils in Frankreich, theils in Italien lebte. Herr eines bedeutenden Vermögens, kaufte er auf der Insel Elba die Herrschaft San Martini, welche Napoleon I. gehört hatte, u. errichtete hier mit großen Kosten ein Museum (zum Andenken Napoleons I.), in welchem Waffen, Briefe, Manuscripte, Kleidungsstücke, Schriften von u. über den Helden des 19. Jahrh. aufbewahrt werden. Nachdem er 1853 abermals nach Rußland zurückberufen worden war, jedoch bald wieder nach Italien zurückkehrte, ließ er sich noch in diesem Jahre von seiner Gemahlin scheiden. Im Aug. 1854 wurde er Attaché bei der russischen Gesandtschaft in Wien u. im folgenden Jahre wirklicher Staatsrath. Nicht allein in Rußland, sondern auch in Italien hat er große Besitzungen. Er ist correspondirendes Mitglied der Wissenschaften in Paris u. schr.: Voyage dans la Russie mérid., Par. 1839 (englisch Lond. 1853, deutsch von Neigebaur, Bresl. 1854, 2 Bde.).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 833-834.
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