Bergbau

[597] Bergbau, im weitesten Sinne des Wortes der Inbegriff der Vorrichtungen u. Arbeiten, wodurch nützliche Mineralkörper aus der großen Steinmasse des Erdkörpers ausgebracht werden. Der B. theilt sich zunächst in B. im engeren Sinne, u. Hüttenbetrieb (s.d.). Der eigentliche B. beschäftigt sich damit, die nützlichen Mineralkörper in wahrer Gestalt aus der Erde herauszubringen. Der Inbegriff der Regeln des B-es nach jener Definition in eine Wissenschaft zusammengefaßt, ist Bergbaukunst. Sie ist eine Unterabtheilung der Bergwerkskunde, welche eine Menge Kenntnisse, deren einzelne Glieder sämmtlich den B. betreffen, in sich begreift. Bergbaukunde dagegen ist der Inbegriff aller wissenschaftlichen Kenntnisse u. Kunstregeln, welche der Bergmann zu einem geschickten Betriebe des B-es braucht. Die Gesammtheit aller Vorrichtungen u. Institute, die in einer gewissen Gegend zum Behufe des B-es eingerichtet sind u. unterhalten werden, ist ein Bergwerk, u. eine einzelne bes. bewirthschaftete Localabtheilung der in einer Gegend der Gewinnung nützlicher Fossilien wegen entworfenen Vorrichtungen, heißt eine Grube (Grubengebäude, Zeche, Berggebäude). Vor Anlegung eines Bergwerks ist das Auf- u. Untersuchen nutzbarer Lagerstätten nöthig, das Verfahren hierbei ist verschieden, je nachdem man sich in unverritztem Gebirge (durch B. noch nie untersucht), od. in solchem Gebirge, wo schon früher B. getrieben wurde, od. in Gegenden befindet, wo noch B. umgeht (betrieben wird). In unverritztem Gebirge hält man sich zunächst an das Ansehen der Oberfläche, Flache, ebene Gegenden pflegen höchstens Raseneisenstein, Torf u. Braunkohlen zu führen. Am Fuße der Gebirge lassen sich schon mehr nutzbare Lagerstätten erwarten, als Blei, Kupfer, Galmei, Eisen, Steinkohlen, Steinsalz. Die meisten metallischen Schätze sind aber in den Hochebenen niedergelegt, dann in den Ur-, Übergangs- u. älteren Flötzgebirgen, welche diese gewöhnlich constituiren. Die jüngeren Gebirge bis zum aufgeschwemmten Land sind arm, desto reicher aber wieder das aufgeschwemmte Land selbst. Das Material dazu rührt nämlich von früher entstandenem Gesteine her, von welchem Stücke losgerissen u. fortgeführt wurden. Sind solche Punkte so reich an Erzen, daß sie bebaut werden können u. liegen sie mehr zu Tage, nicht in festes Gestein eingesprengt, so nennt man sie Seifenwerke (s.d.) Gold, Zinn, Edelsteine, bes. Diamanten, werden oft aus Seifenwerken gewonnen. Findet man aber im Saitde u. unter Geschieben nur Spuren nutzbarer Fossilien, so sucht man die Punkte u. Massen zu finden, denen das Material zu jenen Bruchstücken entnommen ist. Man geht daher strom- od. gebirgsaufwärts u. vergleicht sorgfältig die Geschiebe mit den Gesteinen, Dabei sucht man alle nützlichen Entblösungen auf, als: Fluß- u. Thalbetten, Wasserrisse, Hohlwege, Steinbrüche, Erdfälle, Grundgrabungen, Brunnen etc. In auflässigem (früher durch B. belebtem) Gebirge hat man dasselbe zu beobachten, wie im unverritzten Gebirge, nur daß hier der alte B. selbst, sowohl durch Traditionen, Benennungen, Chroniken etc., als auch durch seine eigenen Überteste in Halden u. dgl. Mittel an die Hand gibt, die Beschaffenheit des Gebirges zu beurtheilen. In Gegenden, wo noch gegenwärtig B. ist, ist die Beschaffenheit des Gebirges schon bekannt. Sind auf die vorige Weise Punkte gefunden worden, welche einer weiteren Untersuchung werth erscheinen, so erfolgt nun die Aufsuchung u. Untersuchung der Lagerstätten selbst durch Schürfen, Überröschen, mit dem Erdbohrer u. durch Anlegung von Versuchsschächten u. Versuchsstollen. Ein Schurf ist nämlich eine Öffnung in der Bedeckung des Gesteins durch aufgeschwemmtes Land, Dammerde u. verwittertes Gestein (Gems) angelegt, um zu untersuchen, ob in dem darunter befindlichen Gestein Lagerstätten aufsetzen. Wird der Schurf tiefer, so daß der Arbeiter im Schurfe dem Arbeiter über Tage nicht mehr ohne Haspel das Gewonnene zu fördern kann, so heißt er schon ein Versuchsschacht. Will man eine Lagerstätte durch Schürfen in ihrer ganzen Ausdehnung kennen lernen, so legt man ein System von Schürfen an u.[597] nennt dies Ausschürfen. Ein Überröschen ist eine lange grabenähnliche Vertiefung bis auf das feste Gesteinnieder, um sämmtliche Lagerstätten in einem Districte aufzusuchen. Abbohren mit dem Erdbohrer, ist die Herstellung eines weiten u. beliebig tiefen runden Loches im Gebirge, um aus dem dabei erhaltenen Gesteinsmehle, Schutte, Wassergebalte, auf die durchbohrten Gesteinsmassen u. mithin auch auf nützliche Fossilien darin schließen zu können. Mögen nun die Lagerstätten hierdurch bauwürdig, d.h. so gefunden worden sein, daß sie wenigstens den Kostenaufwand tragen, od. nur untersuchungswürdig, d.h. so, daß sie mit der Zeit bauwürdig zu werden versprechen, so werden nun wirkliche Grubenbaue hergestellt, worunter man alle Räume versteht, welche durch den Aushieb von Fossilien entstehen. Man theilt ihrem Zwecke nach die Grubenbaue in Versuchsbaue, Hülfsbaue u. Abbaue. Durch die Versuchsbaue werden die nützlichen Fossilien aufgesucht, durch die Hülfsbaue die physischen Schwierigkeiten beseitigt u. in den Abbauen unmittelbar die nutzbaren Fossilien gewonnen. Das durch Anlegung von Schächten u. Stollen (s. b.) gewonnene Erz wird durch Menschen-, Thier- od. Maschinenkräfte zu Tage gefördert. Das erzhaltige Gestein bedarf indessen noch mancher Arbeit, bevor es zu reinem Metalle wird. Zuvörderst wird ausgesucht, was schmelzwürdig u. was taubes Gestein ist, auch, wo verschiedene Metalle zusammenbrechen, diese von einander gesondert u. dies, nachdem das E-z kleingeschlagen ist, wiederholt; das Ausgesuchte kommt hierauf auf das Pochwerk (s.d.), wo es in einen klaren Schlamm verwandelt wird, u. hierauf auf den Schlämmherd (s.d.), wo beim Schlämmen die schweren metallischen Theile früher niedersinken u. so das Metall von den tauben Steinen u. auch ein Metall von dem anderen gesondert wird, da das schwerere früher liegen bleibt, als das leichtere. Von da wird es auf die Schmelzhütte (s.d.) od. auf das Amalgamirwerk (s.d.) gebracht, od. anderen Manipulationen unterworfen, s. auch Hüttenkunde. Über das Gewinnen der einzelnen Metalle s.u. Gold, Silber, Blei, Eisen, Zinn etc. Die B-werke sind Regal od. freigegeben, wo sie von Einzelnen od. von Gewerken, Actiengesellschaften zum Gewinnen von Erzen bebaut werden; s. Bergrecht u. vgl. Muthen, Ausbeute, Zubuße etc. – Am weitesten scheinen die. Spuren des B-es in Vorderasien u. Ägypten hinaufzureichen; doch waren wohl die Bergwerke hier blos Gruben. Unter den griechischen Staaten trieb bes. Attika einen bedeutenden B., bes. zu Laurion auf Silber, Blei u. Zink, vielleicht auch Kupfer (Böckh, Abhandlung über die Laurischen Silberbergwerke, Berl. 1815). Der Betrieb halte früh schon angefangen u. war zur Zeit des Themistokles sehrergiebig; bei Thorikos baute man auf Zinnober, Sil u. unechte Smaragde. Gebaut wurde mit Stollen, Schachten u. durch Abbauen ganzer Massen. Die Bergwerke gehörten dem Staate, der sie an Privatleute in Erbpacht gab. Die Goldbergwerke in SThracien, bes. in Skapte Hyle u. Daton, u. auf Thasos, hatten früher die Phönicier betrieben, später die Thasier u. seit Kimon die Athener. In den Gruben Macedoniens sollte sich das Gold nach gewisser Zeit wieder ansetzen. In WEuropa waren zur Zeit des Plinius die reichsten Bergwerke in Spanien, bes. in Asturien, u. zwar wurde hier viel Silber u. Quecksilber, auch Zinn in Lusitania u. Galläcia gefunden. Auch Italien hatte ergiebige Bergwerke, aber es war verboten, sie zu benutzen. Auf der Insel Elba soll sich das Eisen nach einer gewissen Zeit wieder ersetzt haben. Zu Strabos Zeit hatten sich die Römer aller italienischen Bergwerke bemächtigt. In den Alpen fand man bes. bei den Tauriskern in Noricum, namentlich bei Aquileja, reiche Goldminen, darin das Gold theils gediegen, theils mit fremdartigen Theilen gemischt. Die Goldbergwerke in Gallien, in den Cevennen u. Pyrenäen, galten für besser, als die spanischen; bei den Tarbellern in Aquitanien fand man Gold in nicht tiefen Gruben in großen Stücken; Silber fand man bei den Rutenern u. Gabalern, ebenfalls in Aquitanien u. Gallia Narbonensis; die Bituriger hatten große Eisenbergwerke mit Stollen u. Gängen; auch Kupfer fand man an einigen Orten, Blei überall. In Britannien u. den nahen Inseln grub man bes. Zinn (s.u. Zinninseln). Ob die Germanen in Deutschland früh B. trieben, ist unbekannt; von den Gothinen sagt Tacitus, daß sie auf Eisen gruben; ob man auch schon Kupfer fand, wie man dies aus bronzenen Gegenständen, welche in Germanien gefunden worden sind, hat schließen wollen, ist zweifelhaft, da diese Metallmischung auch eingeführt worden sein kann; Kupfer u. Eisen grub man in Skandinavien schon früh, während Silber aus der Fremde eingeführt wurde. Karl d. Gr. gedenkt in eigenen Gesetzen deutscher Blei- u. Eisenschmelzhütten. Im Mittelalter ward der B. in Deutschland sehr bedeutend; anfänglich (seit dem 10. Jahrh.) werden nur die Harzbergwerke, bes. zu Goßlar, erwähnt; später wurden durch Harzbergleute auch die im Sächsischen Erzgebirge entdeckt, jedoch erst unter Kurfürst August erheblich u. später durch wichtige Entdeckungen, zu denen die der Wasserkünste 1550, des Pulversprengens 1613 u. m. a. gehören, berühmt. Auch in Böhmen u. noch mehr in Ungarn finden sich sehr früh Spuren vom B. u. in Schweden kommen schon im 13. Jahrh. Verordnungen für denselben vor. Deutsche führten ihn dort zuerst ein. In den meisten der genannten Länder u. noch mehr in Italien, Tyrol, Griechenland, Frankreich etc. scheint in früheren Zeiten der B. weit eifriger betrieben worden zu sein, als jetzt; theils mögen sich indessen die Vorräthe von Erz allmählig verloren haben, theils konnten bes. die edeln Metalle nach der Entdeckung von Amerika dort weit leichter u. wohlfeiler erzeugt werden, als dies in der Alten Welt möglich war, u. die minder ergiebigen Bergwerke in letzterer verfielen daher. Überhaupt machte die Entdeckung der Neuen Welt u. die Auffindung des Seewegs nach dem metallreichen Ostindien auch für den B. Epoche. In neuester Zeit hat die Vervollkommnung der mit dem B. verwandten Wissenschaften, wie der Geognosie, Chemie u. Mechanik, die wichtigsten Einwirkungen auf den B. gehabt, Erstere lehrte Orte, wo man Metalle vermuthen, kann, leichter auffinden; die Chemie zeigte das Da sein einer Menge Metalle, an welche man vorher gar nicht gedacht hatte, gab bedeutende Ersparnisse bei dem Schmelzen, Ausscheiden, Amalgamiren etc. an die Hand; endlich lehrte die Mechanik Mittel kennen, die Wasser leichter zu bewältigen u. die Ergebnisse der Bergwerke in denselben u. aus ihnen leichter[598] zu transportiren. Unter letzteren sind bes. die vorzüglich in England angewendeten unterirdischen, mit kleinen Schiffen zu befahrenden Kanäle u. auch die beim B. in Gebrauch gekommenen Dampfmaschinen merkwürdig. Auch um den B. als Wissenschaft auszubilden, ist in neuerer Zeit viel geschehen, u. bes. gebührt den Deutschen u. namentlich der Bergakademie zu Freiberg, welche, von Fremden aller Nationen besucht, viel dazu beitrug, richtige Ansichten über B. in der ganzen Welt zu verbreiten, die Ehre, hierin das Meiste gethan zu haben (vgl. Bergwissenschaften). Den ersten Rang nahmen einst die Bergwerke in den spanisch-amerikanischen Provinzen ein, sie sollen jährlich 37,000 Mark Gold u. 3,500,000 Mark Silber gegeben haben. Die portugiesischen Besitzungen in Amerika haben früher ebenfalls sehr viel Gold (32,000 Mark jährlich) ausgebracht. Von geringerer Bedeutung ist der spanische u. portugiesische B. in Europa. Frankreich besitzt im Ganzen wenig B., er besteht hauptsächlich in Eisen-, Steinkohlen- u. Kupferbergbau. England dagegen liefert sehr viel Zinn, Zink, Kupfer, Blei, Eisen, Steinkohlen, Steinsalz u. Graphit. Der B. der Niederlande beschränkt sich fast auf Eisen u. Steinkohlen. Norwegen u. Schweden sind fast bis in den höchsten Norden hinauf reich an Bergwerken, worin fast alle Metalle, außer Quecksilber u. Zinn, gewonnen werden. In neuester Zeit hat sich der russische B. auf Platina, Gold u. Diamanten so bedeutend gehoben, daß die Schätze, die vom Altai u. Ural kommen, außerordentlich groß sind; auch Kupfer, Galmei, Eisen u. Zink bringt Rußland in Menge aus. Österreich hat fast in jeder seiner vielen Provinzen B.; Eisen, Quecksilber u. Blei in Steiermark, Kärnthen u. Krain; Salz in Salzburg u. Galizien; Gold in Ungarn. In Preußen ist bes. der Eisen- u. Steinkohlenbergbau in Schlesien, Westfalen u. am Rhein, das Kupfer in Mannsfeld u. der Salzbergbau in der Provinz Sachsen wichtig. Sachsens B. ist weltbekannt, er geht auf Silber, Kupfer, Kobalt, Blei, Zinn, Eisen, Wismuth, Arsenik u. Steinkohlen. Ziemlich dieselben Producte liefert der hannöversche B. am Harz. Baiern, Württemberg u. das übrige Deutschland sammt der Schweiz haben alle mehr od. weniger B. auf Silber, Blei, Kupfer, Quecksilber, Eisen, Stein- u. Braunkohlen, Salz etc. Italien liefert wenig Producte des B-es, unter ihnen aber hauptsächlich Schwefel. Auch in der Türkei fängt man in neuerer Zeit an, sein Augenmerk auf die inneren Schätze der Gebirge in richten. Nordamerika hat nicht ganz unbedeutenden B. auf Eisen u. Steinkohlen, in neuester Zeit aber sind reiche Schätze an Gold in Californien (s.d.) aufgefunden u. ausgebeutet worden. Über den asiatischen B. sind wenig Nachrichten vorhanden, doch weiß man, daß Japan edele Metalle, bes. aber Kupfer, China alle Metalle, bes. Kupfer u. Eisen (auf Gold u. Silber zu bauen ist verboten), einige ostindische Inseln Kupfer, Zinn, Silber, vorzüglich aber Gold, Bengalen ebenfalls edele Metalle führt. Persien hat seit 1852 eine Bergschule gegründet u. läßt seine Berge nach Erzen untersuchen. Auch in Australien (s.d.) sind in allerneuester Zeit reiche Goldschätze gefunden worden. Vgl. Schröter, Mineralisches u. bergmännisches Wörterbuch, Frankf. 1789–91, 2 Thle.; v. Riemanns, Allgemeines Bergwerkslexikon, Lpz. 1808, 2 Thle. (unvollendet); Bergmännisches Wörterbuch, Chemn. 1813; Lampadius, Handwörterbuch der Hüttenkunde, Gött. 1817; Karsten, Archiv für B. u. Hüttenwesen, Bresl. 1819–31, 20 Bde., fortgesetzt als Archiv für Mineralogie, Geognosie, B. u. Hüttenkunde, Berl. 1829 ff.; Studien des Göttingenschen Vereins bergmännischer Freunde, herausgeg. von Hausmann, Gött. 1824–38, 4 Bde.; Kalender für den sächsischen Berg- u. Hüttenmann, Freib. 1827–29, fortgesetzt als Jahrbuch für den Verg- u. Hüttenmann, ebd. 1830; Hartmann, Repertorium der Bergbau- u. Hüttenkunde, Weim. 1839 f., 2 Bde.; Zeitschrift für Berg- u. Hüttenwesen im Preußischen Staate, Berl. 1853 ff.; Der Berggeist, Zeitung für Berg- u. Hüttenwesen, Köln 1855 ff.; Der Bergwerksfreund, Zeitschrift, Eisleb, 1838 ff.; Hartmann, Handbuch der Bergbau- u. Hüttenkunde, Weim. 1857; Rittinger, Mittheilungen über bergmännische Maschinen, Wien 1855; Kerl, Handbuch der metallurgischen Hüttenkunde, Freib. 1855, 3 Bde.; Stamm, Schule des Bergbaus, Prag 1853; Leonhard, Grundzüge der Mineralogie u. Bergbaukunde, Stuttg. 1852; Reitemeier, Geschichte des B-es u. Hüttenwesens bei den alten Völkern, Gött. 1785; Florencourt, Über die Bergwerke der Alten, ebd. 1785.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 597-599.
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