Gleichen [3]

[398] Gleichen, Grafen von G., altes Grafengeschlecht, welches seinen Ursprung bis auf Karl den Großen, der sie als ehemalige Herren von Roßdorf 746 mit einem 20 Meilen langen, 10 Meilen breiten Landstrich in Thüringen belehnt haben soll, od. bis Wittekind zurückführte u. das Haus Schwarzburg von sich entsprossen angab. Urkundlich hatten sie im 11. Jahrh. in Thüringen Besitzungen, sollen aber auch die Gleichen (s.d. 3) bei Göttingen besessen haben, 1208 in einer Fehde mit Otto von Braunschweig vertrieben worden sein u. die thüringischen drei Gleichen erbaut haben (was jedoch unerwiesen ist). 1278 soll Graf Ernst von G. nach Palästina gezogen sein u. dort neben seiner christlichen Gemahlin eine sarazenische geheirathet haben, s. Gleichen (Biogr.). Im 12. Jahrh. schenkte Pfalzgraf Wilhelm. von Rhein die Burgen G. u. Mühlberg dem Erzbischof Adelbert I. von Mainz, u. dieser belieh die Grafen von Tonna damit. Da die Grafen seit 1583 Besitzer der Grafschaften Pyrmont u. Spiegelberg waren, so schickten sie auch einen Gesandten auf den Reichstag. Seit Anfang des 15. Jahrh. zerfielen sie in die Linien Gleichen-Blankenhain (welche Ernst VIII. u. später dessen Bruder Heinrich VII. gründete, u. die, nachdem sie sich wieder in die Ernestinische u. die Ludwigsche Linie getheilt hatte, zu Anfang des 17. Jahrh. mit Friedrich Wilhelm wieder erlosch) u. in die Gleichen-Tonna (gest. von Ernst IX.); Erwin II. nannte sich zuerst in dieser Familie einen Grafen von G. Sein Sohn Sigmund starb zu Ende des 15. Jahrh. u. ist der, dessen Grabstein in Erfurt die Geschichte mit den zwei Gemahlinnen (s.u. Gleichen) angeblich bestätigt hat; dessen Enkel Gregor (st. 1590) war Capitular in Köln, wurde aber lutherisch, führte die Reformation in seinen Lauden ein u. erheirathete Spielberg u. Pyrmont; mit Hans Ludwig, welcher die Besitzungen aller Nebenlinien wieder vereinigte u. in Ermangelung eines Leibeserben einen Erbvertrag mit den Grafen von Hohenlohe-Langenburg, von Waldeck, von Schwarzburg u. Hohnstein gemacht hatte, st. 1630 das Geschlecht der Grafen aus. Ohrdruff nebst fünf Dörfern bekamen die Grafen von Hohenlohe als sächsisches Lehn; Blankenhain erhielt ein Graf von Mörsburg aus dem Hause G.; die Unterherrschaft Krannichfeld derselbe u. Hohenlohe; vier Dörfer kamen an Schwarzburg; die Herrschaft Tonna erhielt die Wittwe als Leibgeding, nach deren[398] Tode fiel es an Sachsen-Gotha; Spielberg u. Pyrmont kamen an Waldeck; das Schloß G. nebst Zubehör zog Kurmainz als erledigtes Lehn ein u. belehnte 1639 die Grafen von Hatzfeld damit, die dadurch, trotz Sachsens Einreden, die ganze Grafschaft G. erhalten zu haben meinten u. auf der Wetterauer Grafenbank Sitz erhielten. Als 1794 die Linie Hatzfeld, welche G. besaß, ausstarb, kam G. wieder an Mainz u. gehörte seitdem zu Erfurt; während der französischen Occupation kam es an die Universität in Erfurt. Wappen: ein blauer Schild mit silbernem Löwen, darauf drei Helme.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 398-399.
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