Lamberg

[54] Lamberg, ein der Katholischen Confession folgendes, in Baiern, Österreich, Ungarn u. Mähren angesessenes altes deutsches Geschlecht, welches in einem fürstlichen u. gräflichen Hause blüht u. ehemals Rittersberg hieß, nach einem Vorfahren des Geschlechtes aber, welcher einen lahmen Fuß hatte u. den Beinamen der Lahme erhielt, den jetzigen Namen trägt. Der erste bekannte Vorfahre der Familie ist: 1) Vollrath I., geb. 1109, war Toparch in Österreich u. st. 1177. Die ununterbrochene Stammfolge hebt an mit 2) Wilhelm I., welcher erster Rath Friedrichs des Schönen von Österreich war, unter diesem 1322 in der Schlacht bei Mühldorf in Baiern focht, 1330 sich mit drei Gütern in Niederösterreich ansässig machte u. 1336 starb. Durch seine Enkel Balthasar, Georg u. Jakob, Söhne Wilhelms II., wurde 1414 das Geschlecht in drei Hauptlinien getheilt: I. Ältere Hauptlinie, Stifter: 3) Balthasar, war Pfleger in Lackh u. mit Margarethe geb. von Apfalterer vermählt. Durch die Nachkommenschaft seiner Söhne Georg (geb. 1400, st. 1499) u. Andreas zerfiel diese Hauptlinie in mehrere Nebenlinien. Durch die Söhne des Letzteren entstanden die Linien zu Schneeberg, Sauenstein u. Willengrain, welche 1524 in den Freiherrnstand erhoben wurden, im 17. Jahrh. aber wieder ausstarben. Von Joseph u. Kaspar III., den Söhnen Georgs, stiftete der Erstere die 1795 wieder erloschene Orteneggische Nebenlinie u. der Andere die noch blühende Orteneggische Hauptlinie, welche 1636 gräflich wurde. Der Stifter derselben 4) Kaspar III. wurde 1524 in den Freiherrnstand erhoben u. erhielt das Obersterblandstallmeisteramt in Krain u. der Windischen Mark; er war in erster Ehe vermählt mit Siguna Eleonore geb. von Fugger u. in zweiter mit Anna Maria Herrin von Meggau. Diese Hauptlinie zerfiel durch seine drei Enkel Raimund, Georg Sigismund u. Johann Albert, Söhne des 1619 verstorbenen Freiherrn Sigismund, in drei Speziallinien: A) Ältere Linie (vormals zu Greiffenstein): Stifter: 5) Freiherr Raimund, welcher mit Margarethe geb. Freiin von Auenberg vermählt war. Jetziger Chef ist: 6) Graf Anton, Sohn des 1799 verstorbenen Grafen Leopold Raimund, geb. 1795, ist österreichischer Kämmerer u. Hofrath in Pension u. seit 1822 mit Franziska geb. Gräfin Aichelburg vermählt; sein ältester Sohn Anton, geb. 1824, ist österreichischer Oberlieutenant in der Armee. B) Mittlere Linie: Stifter: 7) Freiherr Georg Sigismund, Bruder von L. 5), war in dritter Ehe mit Johanna de Scala vermählt. Durch seine beiden Söhne Johann Maximilian u. Johann Wilhelm zerfiel diese Linie in zwei Zweige: a) Fürstlicher Zweig: Stifter: 8) Graf Johann Maximilian, geb. 1608 in Steyr, war Kaiser Leopold's I. Obersthofmeister, kaiserlicher Reichshofrath u. wurde 1636 vom Kaiser Ferdinand III. mit seiner Descendenz in den Reichsgrafenstand erhoben; er war dann 1642 Gesandter in Rom, 1644–47 kaiserlicher Bevollmächtigter beim Westfälischen Frieden in Osnabrück u. st. 1682. Durch seine Söhne Franz Joseph (st. 1712) u. Kaspar Friedrich (st. 1686) bildeten sich zwei Unterlinien: aa) Erste Unterlinie, gestiftet von Franz Joseph; 9) Fürst Leopold Matthias, Sohn Franz Josephs, geb. 23. Febr. 1667, war k. k. Geheimerrath u. Obersthofstallmeister, erhielt 1704 das Obersterblandjägermeisteramt von Österreich ob der Enns u. 1707 die Fürstenwürde für den jedesmaligen succedirenden Erstgebornen u. im Fall des Erlöschens seines Mannesstammes für alle succedirenden Nachkommen seines Großvaters Johann Maximilian, er erhielt auch 1709, während Baiern in der Acht war, die Belehnung mit der Landgrafschaft Leuchtenberg u. Sitz u. Stimme auf dem Reichstage; seine Nachkommen mußten aber, als 1714 zu Folge des Rastatter Friedens die Acht von Baiern wieder aufgehoben wurde, Leuchtenberg an Baiern zurückgeben u. vom Reichstag wieder abtreten; er st. 10. März 1711. Als diese Unterlinie 1707 erlosch, ging die Fürstenwürde über auf die bb) Zweite Unterlinie, welche Kaspar Friedrich, Sohn von L. 8), gestiftet hatte, u. zwar auf den nächsten Agnaten in der vierten Generation, den Fürsten Karl Eugen, geb. 1. April 1764 u. st. 11. Mai 1831. Dieses fürstliche Haus hat seinen Wohnsitz in Wien od. Steyer u. sein jetziger Chef ist: 10) Fürst Gustav, geb. 21. Dec. 1812, ist Obersterblandkämmerer u. Obersterblandjägermeister in Österreich ob der Enns, Obersterblandstallmeister in Krain u. in der Windischen Mark, Obersterblandmarschall im Herzogthum Salzburg, Grand von Spanien u. Castilien erster Klasse, Magnat in Ungarn etc., succedirte seinem Vater, dem Fürsten Karl Eugen, am 11. Mai 1831 u. ist seit 1841 mit Katharina geb. Hradeck vermählt. b) Gräflicher (Baierscher) Zweig zu Amerang: Stifter: 11) Graf Johann Wilhelm, Bruder von L. 6), wurde 1636 mit seiner Descendenz in den Grafenstand erhoben. 12) Graf Johann Philipp, geb. 1651; diente Anfangs beim kaiserlichen Heere gegen die Türken, wurde 1682 Reichshofrath u. nach u. nach Gesandter zu Dresden, Berlin u. Regensburg. Er wurde hierauf Geistlicher, 1689 Bischof von Passau u. 1700 Cardinal. 1697 ging er als kaiserlicher Gesandter nach Warschau u. dann als Principalcommissarius nach Regensburg u. bewirkte hier beim Ausbruche des Spanischen Successionskriegs 1708 die Kriegserklärung des Deutschen Reichs gegen Frankreich u. die Achtserklärung gegen die Kurfürsten von Baiern u. Köln. Auch war er bei der Kaiserwahl Josephs I. u. Karls VI. sehr thätig u. st. 1712. Dieser Zweig ist mit dem baierischen Kämmerer u. Oberappellationsgerichtspräsident der Oberpfalz Grafen Maximilian (geb. 1775) 1837 im Mannesstamm erloschen. C) Jüngere [54] Linie: Stifter: 13) Freiherr Johann Albert, Bruder von L. 7), war in zweiter Ehe vermählt mit Anna Katharina geb. von Küenburg u. in dritter mit Elisabeth geb. von Schiffer. Seine Söhne Johann Franz (aus zweiter Ehe) u. Johgun Albert (aus dritter Ehe) stifteten die beiden Äste: a) Sprinzensteinscher Ast, gestiftet von Johann Franz, Sohn des Vor.; 14) Graf Maximilian Joseph, geb. 1730 in Brünn, st. das. 1792; er schr.: Le mémorial d'un mondain, Lond. 1776; 2 Thle. (deutsch von H. L. Wagner, Frankf. 1776); Lettres, Amst. 1786, 2 Thle. u. 1 Bd. Suppl. Diese Linie ist zu Anfang des 19. Jahrh. ausgestorben. b) Ast zu Stockern (jetzt Linie zu Ortenegg u. Ottenstein), gestiftet von Johann Albert, Sohn von L. 13), war mit Johanna Barbara geb. von Oppel vermählt u. st. 1682. 15) Graf Franz Philipp, Sohn des 1807 verstorbenen Grafen Philipp Joseph, welcher ein Urenkel des Stifters dieser Linie war, geb. den 30. Nov. 1791, trat 1810 als Lieutenant in ein Uhlanenregiment, machte unter Hiller u. Bellegarde 1810 den Feldzug in Italien mit, war Ende 1814–18 mit der Großen Armee in Frankreich, wurde 1821 Escadronscommandant in einem Chevauxlegersregiment, 1824 Major, 1829 Oberst in einem Uhlanenregiment, 1835 General u. 1843 Feldmarschalllieutenant u. Divisionär zu Gratz. Obgleich kein geborner Ungar, saß er wegen seiner Güter in Ungarn in der Magnatentafel. Auf dem letzten Presburger Landtage neigte er sich sehr zur Opposition, kehrte jedoch noch vor dem Ausbruch zu der kaiserlichen Partei zurück u. wurde im Septbr. 1848 vom Kaiser zum Generalcommandeur der militärischen Macht u. provisorisch zum Palatin von Ungarn ernannt, aber von dem Reichstag nicht anerkannt u. am 28. September auf der Brücke in Pesth von dem Pöbel ermordet. Er war seit 1828 mit Karoline geb. Gräfin Hoyos vermählt; er schr. (als Seitenstück zu Orasz Terra incognita): Mèg ogg terra incognita (auch eine unbekannte Gegend, über die andern österreichischen Lande) u. war außerdem Mitarbeiter an dem von Oraszs herausgegebenen Hirnöck. Jetziger Chef ist: 16) Graf Franz, Sohn des Vorigen, geb. 1832, ist österreichischer Kämmerer, Major im Adjutantencorps u. Flügeladjutant beim Commandanten der dritten Armee. II. Mittlere Hauptlinie, deren Stifter war: 17) Georg, Bruder von L. 3); der Enkel seines Sohnes Heinrich, nämlich Wilhelm, stiftete die Wilhelmische Linie (später Herbartsche od. Hörwardsche zu Sauenstein u. Reuttenburg), welche 1667 in den Grafenstand erhoben wurde, später aber ausstarb. Georg's zweiter Sohn, welcher Nachkommenschaft hatte, Georg II., wurde durch seinen Sohn Georg III. Stifter der Linie zu Stein u. Guttenbergin Krain, welche 1828 im Mannesstamme ausstarb. Endlich der jüngste Sohn Georgs, Kaspar, entdeckte 1490 die reichen Quecksilbergruben zu Idria in Krain. III. Jüngere Hauptlinie, gestiftet von 18) Jakob, Bruder von L. 17), war vermählt mit Magdalena geb. von Greiffeneck. Diese Linie ist 1689 erloschen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 54-55.
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