Natrium

[709] Natrium (Sodium), chemisches Zeichen Na, Atomgewicht = 287,2 (O = 100) od. 23,2 (H = 1), ein Leichtmetall, die metallische Grundlage des Natrons; kommt in der Natur namentlich als Chlornatrium (Kochsalz) in großen Mengen u. sehr verbreitet vor; als kieselsaures Natron findet es sich in vielen Mineralien, ebenso kommt es als salpetersaures, schwefelsaures, borsaures u. kohlensaures Natron vor. Im Pflanzenreiche finden sich Natronverbindungen bes. in den Strand- u. Seepflanzen u. gehen durch die Pflanzennahrung in den thierischen Körper über, wo sie in größerer Menge zurückbehalten werden als die Kaliverbindungen. Davy erhielt das Metall durch Zersetzung des Natronhydrats mittelst der Volta'schen Säule, jetzt gewinnt man es durch Glühen von kohlensaurem Natron mit Kohle; die Darstellung ist leichter, als die des Kaliums, weil das N. mit Kohlenoxydgas keine Verbindungen eingeht. Das N. ist silberweiß, metallglänzend; specifisches Gewicht 0,972; läßt sich leicht mit dem Messer schneiden u. noch bei 0° in dünne Platten auspressen; es schmilzt bei 90° u. verdampft in der Rothglühhitze in farblosen Dämpfen; an der Luft oxydirt es sich sehr leicht, doch langsamer als Kalium; erhitzt, verbrennt es mit gelber Flamme zu Natron; auf kaltes Wasser geworfen, zersetzt es dieses mit großer Heftigkeit ohne Feuererscheinung; ist dagegen die Temperatur des Wassers höher als 60°, so entzündet es sich, ebenso wenn man es auf nasses Fließpapier bringt. Verbindungen: A) mit Sauerstoff: a) Natriumsuboxyd (Natriumoxydul) = Na2O, ist dem Kaliumsuboxyd ganz ähnlich u. bildet sich wie dieses. b) Natriumoxyd (Natron) = Na O, findet sich in der Natur an Kieselerde gebunden im Albit, Natrolith, Analcim, Oligoklas, Sodalith u.a. Mineralien, mit Borsäure verbunden als Borax, mit Salpetersäure als Chilesalpeter, mit Schwefelsäure als Glaubersalz u. Glauberit u. mit Kohlensäure als natürliche Soda u. Trona. Das wasserfreie Natriumoxyd wird auf dieselbe Weise erhalten wie das Kaliumoxyd u. gleicht diesem in den meisten Eigenschaften. Das wasserhaltige Natriumoxyd (Natronhydrat, Ätznatron) wird aus kohlensaurem Natron mittelst gebranntem Kalk dargestellt, wie das Ätzkali; es bildet eine weiße krystallinische Masse, welche an der Luft feucht wird, durch Aufnahme von Kohlensäure aber wieder fest wird; es schmilzt u. verdampft in starker Rothglühhitze, doch nicht so leicht wie Kalihydrat; wirkt sehr ätzend; in der Praxis wird fast immer das Ätznatron statt des Ätzkalis angewendet, weil seine Reindarstellung leichter ist, als die des Ätzkalis. Die Salze des Natrons sind, mit Ausnahme des antimonsauren Natrons, alle in Wasser löslich, dasselbe wird daher nicht durch Weinsäure u. Platinchlorid aus seinen Salzen gefällt; antimonsaures Kali gibt mit neutralen od. schwach alkalischen Natronlösungen einen Niederschlag von antimonsaurem Natron; sie färben die Löthrohrflamme gelb. Diese Flammenfärbung tritt unverändert ein, wenn auch bedeutende Mengen Kali vorhanden sind, so daß eine Beimischung von Kalisalzen in Natronsalzen auf diese Weise nicht erkannt werden kann. Betrachtet man aber die fragliche Flamme durch ein mit Kobalt gefärbtes Glas, so wird schon ein kleiner Kaligehalt im Natron sichtbar, indem das gelbe Licht der Natronflamme nicht durch das Glas hindurchgeht, sondern blos das violette Licht der Kaliflamme. Wie Kalium mit N. eine Legirung gibt, welche bei niederer Temperatur schmilzt als beide Metalle für sich (bei 15°), so zeigt sich eine Erniedrigung des Schmelzpunktes bei Mischungen von Kali- u. Natronsalzen. Über die einzelnen Natronsalze s. die betreffenden Säuren. c) Natriumsuperoxyd (Natriumhyperoxyd) = Na2O3 (Thenard) od. Na O2 (Millon) ist schmutzig grüngelb, dem Kaliumsuperoxyd ganz gleich. B) Mit Stickstoff: Stickstoffnatrium, Na3N.; erhitzt man N. gelinde in trockenem Ammoniakgas, so bildet sich anfangs eine olivengrüne geschmolzene Masse, Amidnatrium (Natriumamid = Na H2 N), dann entsteht bei stärkerer Erhitzung Stickstoffnatrium; es entzündet sich an der Luft von selbst, mit Wasser liefert es unter Aufbrausen Natronhydrat u. Ammoniak (Na3N + 6 HO = 3 NaO, HO + H3N). C) Mit Chlor: Chlornatrium, NaCl, ist das gewöhnliche Kochsalz (Küchensalz), welches sich in der Natur theils fest als Steinsalz, theils aufgelöst in den Salzsoolen u. im Meerwasser findet; es krystallisirt in Würfeln, welche sich häufig zu hohlen vierseitigen Pyramiden mit treppenförmigen Wänden gruppiren; die Krystalle enthalten kein Krystallwasser, schließen aber mechanisch etwas Wasser ein, zerknistern (decrepitiren) daher beim Erhitzen; es schmilzt in der Rothglühhitze u. verdampft in noch höherer Temperatur; es löst sich in denselben Mengen in kaltem, wie in heißem Wasser auf (100 Theile lösen 37 Theile Chlornatrium). Wenn man eine gesättigte Lösung von Chlornatrium mit Salzsäure versetzt, so entsteht ein Niederschlag von Chlornatrium, erhitzt man die Masse, so löst sich der Niederschlag u. das Chlornatrium krystallisirt beim Erkalten in Octaëdern.[709] Aus einer gesättigten Auflösung krystallisirt das Chlornatrium bei niederer Temperatur, welche – 10° nicht überschreitet, in großen sechsseitigen Tafeln, welche 4 Atome Wasser enthalten. Eine Mischung von Chlornatrium u. Kieselerde zersetzt in der Glühhitze den Wasserdampf, es bildet sich kieselsaures Natron u. Salzsäure. Auf diese Erscheinung gründet sich das Glasiren der Töpferwaaren, wahrscheinlich rühren daher auch die Salzsäureexhalationen der Vulkane. Bei. – 5 bis – 6° zersetzt das Chlornatrium die schwefelsaure Magnesia, indem Chlormagnesium u. schwefelsaures Natron gebildet werden. In der Kälte mit dem Dampf von wasserfreier Schwefelsäure in Berührung gebracht, entsteht eine Verbindung von Chlornatrium mit Schwefelsäure; vgl. Salz. D) Mit Brom u. Jod: Bromnatrium = NaBr. u. Jodnatrium = NaI, werden wie die entsprechenden Kaliumverbindungen erhalten: in gewöhnlicher Temperatur krystallisiren sie in schiefen rhombischen Säulen mit 4 Atomen Wasser, aus einer heißen Auflösung erhält man sie in wasserfreien Würfeln. E) Mit Fluor: Fluornatrium = NaFl, durch Neutralisation von kohlensaurem Natron mit Fluorwasserstoffsäure u. Abdampfen der Lösung erhalten, krystallisirtbei langsamem Verdunsten in Würfeln; in Wasser ziemlich schwer löslich. Durch Übersättigen der Lösung erhält man Fluorwasserstoff-Fluornatrium = NaFl + HFl, in rhomboëdrischen Krystallen, welche beim Erhitzen Fluorwasserstoffsäure verlieren. Mit Borsäurelösung abgedampft, verbindet sich das Fluornatrium zu 3 NaFl + BoO3, HO; mit Borfluorwasserstoffsäure vereinigt es sich zu Borfluornatrium = NaFl, BoFl3, ist in Wasser leicht löslich, krystallisirt in großen wasserfreien Prismen. Kieselfluornatrium = 3 NaFl + 2 SiFl3, wird wie das Kaliumsalz gewonnen, ist leichter löslich als dieses u. spielt nicht in Regenbogenfarben. F) Mit Schwefel vereinigt sich das N. zu Verbindungen, welche denen des Kaliums ganz analog sind. Das Einsach-Schwefelnatrium = Na S, wird erhalten, indem man trockenes Schwefelwasserstoffgas über Ätznatron leitet; es ist fleischroth, die Auflösung in einer sauerstofffreien Atmosphäre verdampft, gibt farblose Octaëder mit 9 Atomen Krystallwasser. Die Ver-. bindungen G) mit Phosphor u. Selen gleichen in ihrer Darstellungsweise u. ihren Eigenschaften denen des Kaliums. H) Mit Cyan: Cyannatrium = NaCy, schwierig in regelmäßigen Krystallen zu erhalten. Rhodannatrium = Na, C2NS2, ist wasserfrei, löslich in Wasser u. Weingeist. Mellonnatrium = NaC6N4, aus Mellonbaryum u. kohlensaurem Natron dargestellt, krystallisirt in weißen seidenglänzenden Nadeln, welche sich leicht in Wasser lösen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 709-710.
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