Drohen

1. De vun Dräuen starft, ward mit Furten belutt.Eichwald, 362; Eiselein, 124.


2. Die drohen, fürchten sich am meisten.


3. Die eim träwen, wollen einem nichts thun. Gruter, I, 19.

Holl.: Dreigers vechten niet. (Bohn I, 312.)


4. Drawet einer mit der Faust, so sihe zu deinem Schwerdt.Lehmann, 134, 4.


[697] 5. Drohe nicht mit Strafen, die grösser sind als die Schuld; vollstreckst du sie, so sündigst du; erlässt du sie, so lügst du! (Arab.)


6. Drohen ist leichter, als tödten.


7. Drowen schreckt Narren, wie Donner die Kinder.Petri, II, 154.


8. Du drohst mir mit der Faust, und wenn ich dir nicht wieder drohe, so sagst du, ich sei kein Mann.Wullschlägel.

Neger in Surinam, um zu sagen: Du zwingst mich, Gleiches mit Gleichem zu vergelten, sonst glaubst du, ich sei dir nicht gewachsen.


9. Es droht mancher, der Schläge kriegt.


10. Mancher droht und zittert vor Furcht.Simrock, 1689.

Frz.: Tel menace, qui tremble qui a grand peur.

It.: Tal ha paura, ch' a minacciar ardisce. (Pazzaglia, 260, 7.) – Tal ha paura, che minacciar osa. (Gaal, 305.)

Ung.: Némelyik mást fenyeget, maga pedig reszkettében alig áll. (Gaal, 305.)


11. Mit Drohen kann man keinen Feind schrecken.


12. Mit Drohen wird niemand geschlagen. Kirchhofer, 146.


13. Mit trohen kan man auch ein Feind schröcken.Sutor, 666.

Lat.: Cogimus interdum cum gladio gladium. (Sutor, 666.)


14. Vom Drohen eines Knaben wird kein Bogen schlaff.


15. Vom Drohen (Dräuen) stirbt niemand.Eisenhart, 47; Steiger, 112; Hertius, III, 14; Tunn., II, 7; Kirchhofer, 146; Sailer, 256; Simrock, 1682; Cahier, 3913; Eiselein, 124; Graf, 293, 79.

Die Rechtslehrer sagen in Bezug auf dies Sprichwort: Drohungen sind zwar strafbar, allein es kann der, welcher einem andern erst die Zufügung eines Uebels ankündigt, nicht so bestraft werden, als wenn die strafbare Handlung schon wirklich ausgeführt worden wäre. Das Sprichwort lehrt aber auch ausserdem, dass der Bedrohte sich nicht mit Nothwehr zu entschuldigen vermag, weil diese erst dann eintreten kann, wenn eine wirkliche und nicht blos angekündigte Gefahr vorhanden ist.

Dän.: Ingen døer af trudsel. (Prov. dan., 116.)

Engl.: Threatened folks live long. (Gaal, 304.)

It.: Più sono minacciati che gl' ammazzati. (Pazzaglia, 212, 3.) – Vive più il minacciato, che l'impiccato. (Pazzaglia, 168, 3.)

Lat.: Minarum strepitus asinarum crepitus. (Binder I, 986; II, 1859; Seybold, 306.)

Port.: Tambem os ameaçados comem pao. (Bohn I, 294.)

Span.: Los amenazados comen pan. (Bohn I, 229.)


16. Vom Drohen verrecken die Hunde nicht.


17. Wä vun Dräue stirv, wêd met Föze begrave. (Köln.) – Weyden, IV, 16.

18. War sich furem Droin fercht, muss ma mit Eselsf ... begraben.Robinson, 897.


19. Was man andern drohet, bekommt man wieder.


20. Wem viele drohen, der lebt wol hundert Jahre.


21. Wer andern drohet, bekommt meist die Prügel selber.

It.: Tal hor chi minaccia vien poi battuto. (Pazzaglia, 212, 1.)


22. Wer dräuet, der warnet.


23. Wer drawet, der beitzt mit eim todten Falken.Lehmann, 134, 2.


24. Wer drawet, der warnet, vnd begert kein schaden zu thun.Lehmann, 134, 1; Simrock, 1687.


25. Wer droht, macht dich nicht todt.Simrock, 1685; Venedey, 150; Graf, 293, 81.

Engl.: Barking dogs never bite. – The greatest barkers bite not sorest.

Frz.: Le chien qui aboie ne mord pas.


26. Wer vom Drühen stirbt, dem soll man mit Wachholder ins Grab rauchen.Eiselein, 124.


27. Wer von drüwen (trawen) stirfft, den sal men mit fôrten1 verluyden (begraben).Tappius, 169b; Henisch, 744; Mayer, I, 130; Simrock, 1683; Franck, I, 51a; Pistor., III, 56; Luther, 68; Graf, 293, 83.

1) Henisch (1315) hat dafür, wol scherzhaft verhüllend, fürwitzen. – Ein Wort Kaiser Friedrich's II., wenn er von den drohenden Bullen des Papstes sprach. – Nordfriesisch lautet es: Thiar fan Thrüwin starft, skal mä Förter beringd wees. (Firmenich, III, 4, 34.)

Dän.: Hvo som døer af trudsel skal bødes mod skarn. (Prov. dan., 115.)

[698] Holl.: De van dreigen sterft, wordt met veesten overluid. (Harrebomée, II, 365.) – De van druwen sterft, den sal men mit dreten overluden. (Fallersleben, 236.)

It.: Chi muore senza di paura si seppelisce colle vesciche.

Lat.: Dum minis quis obit, pulsans campanaculus sit. – Minari et caedere non semper ejusdem. (Seybold, 306.) – Qui moriere minis, asini tumulabere bombis. (Eiselein, 124.) – Qui moritur minis, bombis tumulent asininis. (Binder I, 1475; II, 2781; Gartner, 124.) – Qui moritur minis, compulsabitur sibi bombis. (Fallersleben, 236.)


28. Wer zu viel droht, den fürchtet man nicht um ein Brot.Liedersammlung.


*29. Er drohet ihm wie einer feisten Henne. Hans Sachs.


*30. Er drohet (noch), wenn er schon seine Hocke Prügel hat.

Der Franzose sagt vom Bretagner: Er droht immer erst, wenn er bereits geschlagen hat. (Reinsberg V, 128.)


*31. Er droht mit dem Finger und sein Herz ist im Zwinger.


*32. Es ist dir gedroht wie einer fetten Gans. Simrock, 1684.


*33. Mit seinem Drohen hat es noch lange keine Noth.Binder II, 1418.

Lat.: In diem istud est, quod minaris. (Binder I, 725; Seybold, 237.)


[699]

34. Eitles Drohen ist Weiberrache.

Lat.: Minitari muliercularum. (Sailer, Sprüche, 182, 84.)


35. Em sâl net meren drön.Schuster, 664.


36. Mit drawen und poldern fängt man keine Vögel.Lehmann, 935, 11.


37. Man droht erst, ehe man schlägt.

Nach dem Sprichworte: Le Breton menace lorsqu'il a frappé, verfährt der Bretone auf entgegengesetzte Weise; er schlägt erst zu und droht hernach. (Gerbel, Ausland, 1871, S. 94.)


38. Von Draun fällt kein Haar. (Altmark.) – Danneil, 259.


39. Wer dräuet, der will nicht schlagen.Petri, II, 697.


40. Wer von dreuen stirbt, soll man mit Klappern begraben.Petri, II, 775.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867.
Lizenz:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten

Der einsame Weg. Schauspiel in fünf Akten

Anders als in seinen früheren, naturalistischen Stücken, widmet sich Schnitzler in seinem einsamen Weg dem sozialpsychologischen Problem menschlicher Kommunikation. Die Schicksale der Familie des Kunstprofessors Wegrat, des alten Malers Julian Fichtner und des sterbenskranken Dichters Stephan von Sala sind in Wien um 1900 tragisch miteinander verwoben und enden schließlich alle in der Einsamkeit.

70 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon