Geissbock

1. E Gîsbeack äs det lêtzt Rôss. (Schässburg.) – Firmenich, III, 425, 26.


2. Geissböck' allfurt stinken. (Elsass.) – Körte, 1864.


3. Neunundneunzig Geissböcke gehen auf Einen Schneider. (Rheinhessen.)


*4. Der Geissbock von Lambrecht.

Die Gemeinde Lambrecht in der bairischen Pfalz besitzt gewisse Streu- und Weideberechtigungen in den Waldungen Deidesheims im Hardtgebirge, deren Anerkennung schon seit dem 14. oder 15. Jahrhundert an die Bedingung geknüpft ist, dass die Gemeinde Lambrecht der Stadt Deidesheim alljährlich einen Geissbock liefert, was aber unter gewissen Förmlichkeiten geschehen muss. Der jüngste Bürger des Orts muss den Bock nämlich am dritten Pfingsttage an einem Stricke über das Gebirge führen und noch vor Sonnenaufgang an das bestimmte Haus in Deidesheim bringen, wofür er dort ein Frühstück erhält. Der Bock wird dann versteigert. Dies Verhältniss hat schon wiederholt zu Klagen und Processen Anlass gegeben. In Lambrecht möchte man gern die Bocklieferung in eine Geldleistung umwandeln, was aber Deidesheim, das lieber die Berechtigung der Lambrechter überhaupt beseitigt sehe, nicht zuliess. Infolge eines Processes fand die Lieferung des Geissbocks in den Jahren 1851-58 nicht statt; es mussten daher am Schluss desselben acht Böcke geliefert werden. (Vgl. Rheinische Blätter, Köln 1858, Nr. 26; Wurzbach III, 24.) Dieser in mittelalterlichen Einrichtungen wurzelnde Fall veranschaulicht die Strenge, mit der die Grundherren die Abgaben von den Zinspflichtigen erzwangen: Abgaben, die oft gar keinen andern Zweck hatten, als das Abhängigkeitsverhältniss der letztern zu bekunden. Denn wie die Gemeinde Lambrecht alljährlich einen Bock in vorgeschriebener Weise abzuführen hatte, so musste an [1448] einem andern Orte ein Zinspflichtiger seinem Grundherrn ein einziges Ei auf einem vierspännigen Wagen alljährlich zu Hofe liefern; und ein thüringisches Dorf hatte in jedem Jahre dem zwölf Meilen entfernt wohnenden Herrn drei Dreihellerspfennige zu entrichten, die ein einäugiger Reiter auf einem einäugigen Pferde bringen musste. Auch der Kuttenzins des Dorfes Stangerode gehört hierher, der im Betrage von einem Pfennige dem Herrn stets am Thomastage, daher Thomaspfennig genannt, vor 12 Uhr nachts überbracht werden musste. (Vgl. Grimm, Rechtsalt., 385.)


[Zusätze und Ergänzungen]

5. Der Geissbock ist des Schneiders Sonntagsross.

Aus Bräuchen der heidnischen Vorzeit zu erklären.


*6. Wiér dît de Gîseback af de Wäinjert sorgen. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 198b.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867.
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