Johannes

1. Hertzog Johannes ohne Land hat für der Kiefel das Maul verbrandt.Herberger, I, 324.

Ebendaselbst (I, 2, 651) heisst es: »Der zu Kifel hat das Maul verbranndt.« Das Sprichwort findet sich auch II, 487. Nach einer gefälligen Mittheilung des Archivars Herrn Dr. Grünhagen in Breslau ist unter »Kiefel« die in der Provinz Posen im Obrabruche, Kreis Bomst, liegende kleine Stadt Kiebel, auch Kieben, polnisch Keblowo gemeint. (Vgl. Wuttke, Städtebuch von Posen, 333.) Im Jahre 1474 zündete der Herzog von Sagan die Stadt an. Dabei wurde er von einem einstürzenden Hause getroffen, stark verbrannt und ward ihm auch ein Bein zerschmettert. Ein Edelmann, Namens Busch, soll den Herzog aus den brennenden Trümmern gerettet haben. (Vgl. Pachaly, Sammlung verschiedener Schriften über shlesische Geschichte und Verfassung, II, 207, und: Worbs, Geschichte von Sagan, S. 139.)


2. Johännsken, Johännsken, wat sost du schlobbern, wann use Hippe (Ziege) melk wät. Simrock, 12101.


3. Mancher sieht den Johannis an, als ob er der Jakobus wäre. (Wend. Lausitz.)

Wegen seiner leeren Scheunen zu Johanni wünscht er, es wäre Jakobi, d.i. Erntezeit.


4. Vor Johannes behelt det Holt den Rägen; nâ Johannes krigt 'ne det Feld.Schambach, II, 652.

Vor Johannis behält der Wald den Regen, nach Johannis bekommt ihn das Feld.


*5. Er bleibet immer Johannes in eodem.Herberger, I, 2, 195 u. 231.

Und bessert sich nicht, oder: vnd singet das Weltliedlein.


*6. Es ist ein zweiter Johannes mit dem Täfelchen. (Schles.)

Bezieht sich auf einen Mann, der im Jahre 1564 in Breslau starb und »Johannes cum tabula« oder auch der »armen Leute Procurator« genannt wurde. Er hielt sich meist an den Gerichtsstätten auf und redete den streitenden Parteien zu, sich gütlich zu vergleichen, so lange die Sache noch in ihren Händen liege.


*7. Et es en hölzerä Johannes. (Siebenbürg.-sächs.) – Frommann, V, 31, 2.

Ist steif und plump. Von Frommann (V, 38, 2) wird die Frage aufgeworfen, ob sich diese Redensart wol nicht auf jenen (menschlich gestalteten) hölzernen Block beziehen dürfte, welcher vormals am Johannistage verbrannt wurde. (Vgl. Grimm, Myth., 593.)


[Zusätze und Ergänzungen]

8. Johannes evangelista ist der grösst Füller unter den Heiligen, denn so einer so wol getrunken hat, das im die zung, sein bein und ander gelieder versagen, muss er dannoch Sanct Johannes segen drinken.Haupt, III, 29.


*9. Ich will jm Sanct Johannis Segen geben mit einer warmen Kammerlaugen (Nachtgeschirr).Hans Sachs, IV, XXVIII, 1.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870.
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