Kalender

1. Alle Kalender betriegen.Herberger, I, 93.


2. Dai den Koalenner maket, dä iätet ok Brot. (Iserlohn.) – Woeste, 71, 144.


3. De Kalender schröfft on de lewe Gott göfft. Frischbier2, 1868.


*4. Der alte Kalender vergleicht sich nicht mit dem neuen.Parömiakon, 266.

Sie sind stets nicht nur einige Tage auseinander, der Unterschied wird auch je länger, je grösser. So alte und neue Zeit, das Jugendleben und das Alter u.s.w.


5. Ich wünschte du wärest ein Kalender, sagte der Doctor, als seine Frau seufzte: Wenn man nur auch ein Buch wäre, da sie ihren Mann immer über den Büchern liegen sah.


6. Im Kalender steht ein Name wie der andere.


7. Kalender mâket de Lüe, det Wedder de leiwe Hergod.Schambach, II, 261.


8. Kein Kalender setzt lauter Feiertage (oder Sonnenschein).


*9. Calender für Coriander kauffen.Mathesy, 282a. Eins fürs andere: Opia pro apia, quid pro quo.


*10. Einem den Kalender lesen.

Ihm Unangenehmes sagen, Widerwärtigkeiten bereiten, wol gar den Tod. – »Da lass er (der Geier) jnen den Kalender, das jre keine wider kam, jn alle sampt das leben nam.« (Waldis, I, 79, 14.)


*11. Einen in den Kalender thun.Jer. Gotthelf, Bauernspiegel, 72.

Ihn dem Gespött preisgeben.


*12. Er hat den Kalender des Pater Leo, es steht die ganze Woche Sonntag darin.Klosterspiegel, 72. 15.


*13. Er hat einen (ewigen) Kalender (in, an seinem Körper).Mayer, I, 181; Körte, 3266.

Bezieht sich auf die beständig wechselnden Empfindungen in einem kranken Gliede, in grössern Wunden oder Amputationsflächen, welche sich selbst dann, wenn der Mensch übrigens vollkommen gesund ist, zeigen, sowie sich bedeutende Veränderungen im Wetter zutragen. Die Russen: Die Jungen haben den Kalender im Herzen, die Alten im Kopfe. (Altmann, VI, 448.)

Frz.: Son corps est un Almanac. (Körte, 3266; Kritzinger, 22b.)


*14. Er hat einen Kalender, in dem kein trübes Wetter steht.Parömiakon, 1520.

Es geht ihm immer glücklich.


*15. Er hat nichts als alte Kalender aufgetragen.


*16. Er macht Kalender.Frischbier, 368; Frischbier2, 1867; Hennig, 114.

Von solchen, die meist in trüber Stimmung für die Zukunft sorgen, weil es die Kalendermacher, wenigstens nach dem Glauben des Volks, das von ihnen die Witterungsangabe erwartet, auch mit Berechnung künftiger Verhältnisse und Zustände zu thun haben. Auch von solchen, die in sich selbst versunken, in tiefen, oder was oft dasselbe ist, ohne Gedanken sind. Auch gleichbedeutend mit Grillen fangen.

Frz.: Faire (composer) des almanacs. (Leroux, II, 84; Kritzinger, 22b.)


*17. Er macht Kalender für das abgelaufene Jahr.Eiselein, 359; Simrock, 1433; Braun, I, 1731; Wurzbach II, 219.

Nachdem es vorbei ist, weiss er, wie er es hätte machen sollen, prophezeit Geschehenes, tischt altes abgedroschenes Zeug auf.

Engl.: He makes Almanacs for the last year. (Eiselein, 359.)


[1113] *18. Er will den Kalender verbessern.

Klügere Leute tadeln und zurechtweisen.


*19. Etwas auf den Kalender setzen.

Ursprünglich eine parlamentarische Redensart im Congress zu Washington, um zu sagen, dass irgendein Antrag nicht den Vorzug vor andern geniessen, sondern nach der Zeitfolge seiner Einbringung erledigt werden solle. Im Volksgebrauch hat sie die Bedeutung der Vertagung, des Aufschiebens des bezüglichen Gegenstandes.


*20. Ich will seinen Kalender nicht.

Ich will auf seinen Rath nicht merken, mich nicht danach richten.

Frz.: Je ne prendrai pas de vos almanachs. (Kritzinger, 22b; Starschedel, 14.)


*21. In den Kalender kommen.

Zur Unterhaltung, als Beispiel, als Anekdote in den Volksmund, Volkskalender. »Da würden die Leute erst recht zu reden haben und wir kämen das andere Jahr in den Kalender.« (Jer. Gotthelf, II, 373.)

*22. In meinem Kalender steht nichts davon.

Davon weiss ich nichts oder will ich nichts wissen.

Frz.: Cela n'est pas dans mon almanach. (Starschedel, 413.)


*23. In seinem Kalender ist die güldene Zahl gross.Parömiakon, 2056.

Er ist sehr reich.


*24. In seinem Kalender ist immer Quatember. Parömiakon, 2979.

Hat immer Fasttag, lebt in grosser Dürftigkeit.


*25. In seinem Kalender ist nichts als Vollmond.Parömiakon, 1281.

Er lebt herrlich und in Freuden. Oder: In seinem Kalender ist Vollmond gewesen, wenn er sich durch Wohlleben zu Grunde gerichtet hat.


*26. In seinem Kalender ist nur Ein Fasttag. Parömiakon, 87.

Aber er dauert das ganze Jahr. Sein Tisch ist stets sehr kärglich besetzt.


*27. Sein Kalender setzt nichts als Fasttage.Parömiakon, 2672.


*28. Sein Kalender setzt nichts als Finsterniss. Parömiakon, 1796.

Z.B. von einem mürrischen Ehemanne, überhaupt von allen Sauersüchtigen, dann aber auch von denen, die nur mit Widerwärtigkeiten zu kämpfen haben.


[Zusätze und Ergänzungen]

29. Der Kalender hat sich auch schon geirrt.

In Betreff seiner Witterungsregeln.


30. Ich verlasse mich auf den alten Kalender, sagte der Pfaffe, als man ihm mit der Hölle drohte, wenn nach dem neuen Kalender der jüngste Tag so viel Tage eher kommt, ist die Hölle so voll, dass die mit dem alten keinen Raum darin finden.Harssdörffer, 2329.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Anonym

Historia von D. Johann Fausten

Historia von D. Johann Fausten

1587 erscheint anonym im Verlag des Frankfurter Druckers Johann Spies die Geschichte von Johann Georg Faust, die die Hauptquelle der späteren Faustdichtung werden wird.

94 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon