Veit

1. Bai noa Sünt Vit (15. Juni) siet: har doa1, dai mautte Micheln seggen: war da2! (Iserlohn.) – Woeste, 61, 55.)

1) Beim Gerstesäen.

2) Wehre den Kühen.


2. En Dag noa, Sünte Vit giet achte Dage noa Micheln. (Iserlohn.) – Woeste, 61, 56.


3. Heiliger Sanct Veit, schick' uns ein Scheit; heiliger Hans, ein recht lang's; heiliger Sixt, ein recht dick's; heiliger Florian, zünd' unser Haus nicht an.

So sangen (in frühern Zeiten?) die Knaben, z.B. in Oberbaiern und Tirol, wenn sie von Haus zu Haus [1520] gingen, um einen Holzbeitrag zu den Johannisfeuern zu sammeln. Kaum durfte jemand wagen, einen solchen Beitrag zu verweigern, da alle Heilige angerufen wurden. In einer andern derartigen Sammelweise heisst es: »Wir kommen von Sanct-Veit, gebt's uns auch a Scheit, gebt's uns auch a Steuer zu unserm Sunnwendfeuer. Wer uns keine Steuer will geben, soll das nächste Jahr nimmer erleben.« (Sonntagsblatt zum Boten aus dem Riesengebirge, 1874, Nr. 26.)


4. Nach St. Veit wandelt sich die Zeit.Petri, II, 488.


5. Sanct Vit bringt den Regen mit.Bair. Hauskalender.


6. St. Veit hat den längsten Tag, Lucia die längte Nacht vermag; St. Gregor vnd das Kreuze macht den Tag so lang gleich als die Nacht.Petri, II, 517; Chaos, 96.


7. Sünt Vijt sünt de Dêrens de Stöfkens (Feuerkieker) quît, un um Sünt Jan (24. Juni) denn faten se ol wer an.Kern, 1208.


8. Sünte Vijt ännert sik de Tijd; geit dat Läuw (Laub) up de Kante stoan1 het de Bäume dat Schuern2 dan (auch: het de Vüegel dat Leppen doan). (Büren.) – Für Iserlohn: Firmenich, III, 185, 13; Woeste, 61, 53; für Rheine: Firmenich, I, 285, 11; ostfriesisch bei Kern, 1507.

1) Stoan goaen = stehen gehen, d.i. sich stellen, wie sitten goaen = sich setzen, liggen goaen = sich legen.

2) Schuern, schiuern = (vor Regen) schützen, bedecken; mittelhochdeutsch Schauer, Schur, Bedeckung, Kleidung, Schirm, z.B. Wildschur; schauern, bedecken, vertheidigen: hochdeutsch Scheuer.


9. Sünte Viyt ännert sik de Tiyd un 't Blad upp'n Bôme. (Einbeck.) – Firmenich, III, 142, 17.


10. Sünte Viyt legget sick dat Blatt up de Sît. (Marsberg.) – Firmenich, I, 320, 8.


11. Veit's Gearste, Urban's (25. Mai) Hawer, Maidages Flass lätt den Bûern äs he was. (Büren.) – Firmenich, 361, 3.


12. Vit bringt die Fliegen mit.Petri, II, 517.


13. Vît is Hoaber Wassentît. (Seehausen in der Altmark.)

Es ist die Zeit des Haferwachsens.


14. Vît, stêk wît, nêi (näher) sehr, et es för en fremden Heer. (Meurs.) – Firmenich, I, 404, 227.


15. Za Sanct Veit macht man ön vellö Weit. (Oberösterreich.)

Baumgarten (49) bemerkt: »Sanct-Veit wird in Beziehung zur Heu- und Kornernte gesetzt. Zu dieser Symbolik, welche sicherlich alt Heidnisches auf ihn übertragen liess, gab wol auch sein Attribut Anlass. Ein kleines Gefäss mit Flammen, die hin und wieder sogar für Blumen angesehen wurden, ist das Attribut dieses Heiligen, der in einen Kessel voll brennenden Pechs geworfen wurde.«


*16. Zu Sanct Veit, wo der Hund begraben leit. (Oberösterreich.)

Sanct-Veit ist ein Pfarrdorf im Mühlkreise. Siegm. Hagen, Freiherr von Sanct-Veit und Altentsteig, liess nämlich in dem Garten des Hofbrauhauses einen Stein setzen mit der Inschrift: »Mein Herrn hab' ich mit Troi bewacht, drum mir dieser Stein gemacht. Delfin ward ich von ihm genannt; allhier lieg' ich verscharrt im Sandt. Die Zeit, so ich im Leben war, seynd gewesen siebzehn Jahr.« Der Hund hatte ihm nämlich bei Gelegenheit eines Feldzugs in den Niederlanden, gegen das Ende des 16. Jahrhunderts, durch seine Wachsamkeit das Leben gerettet. (Baumgarten.)


[Zusätze und Ergänzungen]

17. Heiliger Sanct Veit, weck' mich in der Zeit.

Weck nicht zu früh und nicht zu spät, weck mich, wenn es fünfe schläht. – Hertz, 57.

Inschrift an einer Uhr im Elsass.


18. Vit, stük wît, seve Stêk op en Aele.Röttscher, 34.


19. Veit scheidt die Zeit.

In Bamberg, wenn die Tage abzunehmen beginnen.


*20. Bruder Veit nimt es weg.Monatsblätter, V, 142, 32.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867.
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