Preussen

1. Das Land zu Preussen ward für etzliche Peltz verkaufft.Henneberger, 73.

Im Jahre 1454 hatten die Gesandten des Städtebundes einen ungünstigen Vertrag mit dem polnischen König geschlossen und waren danach von ihm mit »Marderen Schauben begabt« worden, daraus ein Sprichwort kam: »Das Land zu Preussen ward für etzliche Peltz verkaufft.« Was den Namen »Preussen« betrifft, so enthält nach einer Notiz der Deutschen Allgem. Zeitung (Leipzig 1863, Nr. 110, S. 1108) der Nürnberger Correspondent zur Beantwortung der Frage: Woher stammt der Name Preussen? Folgendes: »Das älteste historische Document, in welchem derselbe vorkommt, ist das aus dem 9. Jahrhundert stammende Fragment aus einem geographischen Glossar in der münchener Bibliothek, welcher die Ueberschrift führt: Nomina diversorum provinciarum et urbium. Hier lautet der Name für das Preussenvolk: Pruzzen, in spätern Documenten: Pruzi, Pruzzi, Pruci; für das Land Preussen dagegen: Prutia, Prucia, Próca (gesprochen Prutze) heisst im heutigen Polnischen eine Schleuder, ein Wurfinstrument; prócic (gesprochen prutschitsch) werfen, schleudern. Die Preussen, Prutzi, Pruci, werden daher von ihren Nachbarn die Werfen, Schleudern genannt worden sein; und so ist allmählich Volks- und Landesname daraus geworden. Dass das slawische Próca mit dem deutschen Protze (in Protzkasten, auch abprotzen) verwandt sei, lässt sich um so eher annehmen, als für das letztere Wort bisjetzt eine deutsche Herleitung nicht hat gefunden werden können.«


[1397] 2. Preussen ist eine wollene Jacke.

Eins der vielen geflügelten Worte des Fürsten Bismarck. In der Antwort, die er einer Deputation aus den 1866 in den preussischen Staat einverleibten Landestheilen Hannover u.s.w. gab, heisst es: Preussen sei gleich einer wollenen Jacke, in der man sich anfänglich auch ganz unbehaglich befinde, sobald man sich aber an sie gewöhnt habe, sei sie sehr angenehm und werde bald als grosse Wohlthat empfunden. Bismarck hat hier aber nur eine Stelle aus E.M. Arndt's Schriften sehr passend angewandt, welche lautet: »Es ist angenehm, preussisch zu sein, aber nicht angenehm, preussisch zu werden. Das Preussenthum ist wie eine neue wollene Jacke. Im Anfang juckt sie unausstehlich, später findet man, dass sie recht warm und nützlich ist und besonders bei schlechtem Wetter einen unentbehrlichen Schutz verleiht.«


3. Wenn man nach Preussen gekommen, so ist man geborgen.Frischbier2, 3010.

»Das Andenken der Gutthätigkeit und Gastfreiheit der Preussen in den ehemaligen guten Zeiten ist annoch bei vielen Ausländern in beständigem Segen, sodass es zum Sprichwort bei ihnen geworden: Wenn ein Fremder nur erst nach Preussen gekommen, so ist er geborgen.« (Erl. Preussen, IV, 387.)


*4. Etwas für den König von Preussen thun.

Diese Redensart steht bereits unter Arbeiten 68, kommt aber auch in der vorstehenden Form vor. Nachdem am 2. März 1871 der Friede mit Frankreich geschlossen war, brach im März in Paris ein Aufstand aus, wodurch der schlesische Dichter von Holtei zu einer dichterischen Behandlung der Redensart: Pour le Roi de Prusse in der Schles. Zeitung (1871, Nr. 139, Feuilleton) veranlasst wurde, dessen erste und Schlussstrophe also lauten: »In Frankreich ist ein Sprichwort beliebt, dessen sich auch Autoren befleissen, wenn einer sich unfruchtbare Mühe gibt: ›Er thut's für den König von Preus sen‹ ....Das bleibt nun einmal ihr (den Franzosen) Plaisir; sie wechseln Hiebe und Schüsse. Weshalb? In Wahrheit heisst es hier: Ils travaillent pour le Roi de Prusse.«


[Zusätze und Ergänzungen]

5. Was ist Preussen ohne Aar? Was ohne Diesterweg das Seminar?


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873.
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