1. Einer raupe watte will, he raupe nit vör den halven April, sagte der Kukuk. (Westf.)
2. Einer ruft des andern Namen. – Gaal, 1189.
Hebt an andern schwache Seiten und Mängel hervor, die er selbst an sich hat.
It.: Lo sbandito corre dietro al condanna. – Tal biasima altrui, che se stesso condanna. – Tal biasima altrui, che tira ai suoi colombi. (Gaal, 1189.)
3. Es ist mir einerlei, wie ich gerufen werde, nur nicht zu spät zum Mittagstisch. (Nordamerika.)
[1762] 4. Es ruft sich nicht wohl, wenn niemand antworten will. – Simrock, 8578.
Wo man kein Gehör findet, ist alles Bitten umsonst.
5. It könnt raupen, bat it wellt, ik raupe nitt är, bit et mi gefällt. (Grafschaft Mark.) – Woeste, 61, 52.
6. Jei (ihr) könnt räupen, wann eer dät jei will, sagt der Kukuk, ich räupe nit eer bis den feifteinten (funfzehnten) April. (Büren.) – Firmenich, I, 361, 7.
7. Man kann lange rufen, ehe das Echo schweigt.
8. Man röppt den Esel nich anners tau Hof, as wenn hei Säck dragen sall. (Mecklenburg.)
9. Man röpt so lange Vastelavend, dat de Vaste (das Fasten) kumpt.
10. Rôp kên Hâlfisch ut, eer du se hest. (Holst.) – Schütze, III, 307.
Rufe nicht: Holt Fische, bis du sie hast.
11. Rufe nicht: Fische, du habest sie denn gefangen. – Bücking, 366.
12. Rufe nicht: Hase, er liege denn im Netz. – Bücking, 366.
13. Rufe nicht Juchhe, ehe du über dem Graben bist. – Bücking, 367.
14. Ruffen muss Wort haben. – Petri, II, 555.
15. Wenn man dich ruft, so komm; wenn man dich schickt, so gehe.
Frz.: Va enuoyé, vien appellé.
Lat.: I missus, veni vocatus. (Bovill, II, 199.)
16. Wer ruft: es brennt, hat halb gelöscht. – Sprichwörtergarten, 322.
Wer zur rechten Zeit auf eine Gefahr aufmerksam macht, hat Wichtiges zu ihrer Beseitigung gethan.
17. Wie man dir rufft, also antwortt. – Franck, II, 109; Gruter, I, 85; Petri, II, 791; Henisch, 1772, 26; Eiselein, 534; Simrock, 8577.
*18. Er rueft den Ueli, bis der Marx chund. (Luzern.)
Wenn sich einer erbricht.
*19. Er ruft den vieren: heb auf! – Sailer, 308.
Er geht auf der Grube, ist dem Tode nahe.
*20. Er ruft von einem andern Baume als auf dem er sitzt. – Westermann, Monatsschrift, Nr. 74.
*21. Hai raipet as en Tanebriaker1. (Attendorn.) – Firmenich, I, 357, 21.
1) Zahnbrecher, d.i. Marktschreier.
*22. Hai räüpet, as wanne im bälwer Walle1 stönne. (Iserlohn.) – Frommann, V, 162, 126.
1) Bälver Wald, der eine Stunde östlich von Iserlohn liegt.
*23. Hai räüpet as wanne oppen Brelöh1 stönne. (Iserlohn.) – Frommann, V, 162, 126.
1) Der Breloh ist ein Berg im Kreise Altena.
*24. Wenn man ihm rufet: drisch! versteht er gern: zu Tisch!
Lat.: Socius quidem haud advenis, sed hospes ad mensam.
25. Man kann lange rufen, eh' ein Todter Antwort gibt.
Die Alten hatten dafür die Redensart: Hylam inclamare. (Philippi, I, 184; Hanzely, 134.) Hylas war ein Knabe, den sich Hercules zum Gefährten gewählt hatte und den er sehr liebte. Beim Wasserholen an der Grenze Ioniens hatte er ihn verloren. Man stellte ihm später an Brunnen und Quellen ein Opferfest an, wobei ohne Unterlass mit starker Stimme der Name Hylas, selbstverständlich erfolglos, gerufen wurde. Daher braucht man die Redensart, wenn man sich vergeblich bemüht, eine verlorene Sache wieder zu bekommen.
26. Wer ruft: »ach Gott!« der ist betrübt; wer ruft: »zum Teufel!« sich ihm gibt; wer ruft: »weh mir!« der ist verliebt.
It.: Chi chiama Dio, non è contento; chi chiama il diavolo è disperato; e chi dice: ohimè! è innamorato. (Giani, 348.)
Buchempfehlung
Der junge Chevalier des Grieux schlägt die vom Vater eingefädelte Karriere als Malteserritter aus und flüchtet mit Manon Lescaut, deren Eltern sie in ein Kloster verbannt hatten, kurzerhand nach Paris. Das junge Paar lebt von Luft und Liebe bis Manon Gefallen an einem anderen findet. Grieux kehrt reumütig in die Obhut seiner Eltern zurück und nimmt das Studium der Theologie auf. Bis er Manon wiedertrifft, ihr verzeiht, und erneut mit ihr durchbrennt. Geldsorgen und Manons Lebenswandel lassen Grieux zum Falschspieler werden, er wird verhaftet, Manon wieder untreu. Schließlich landen beide in Amerika und bauen sich ein neues Leben auf. Bis Manon... »Liebe! Liebe! wirst du es denn nie lernen, mit der Vernunft zusammenzugehen?« schüttelt der Polizist den Kopf, als er Grieux festnimmt und beschreibt damit das zentrale Motiv des berühmten Romans von Antoine François Prévost d'Exiles.
142 Seiten, 8.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro