Netz

Netz (s. Garn).


1. Alte Netze, faule Maschen.

Holl.: Oude netten, kwade mazen. (Harrebomée, II, 122a.)


2. Das Netz auswerfen thut's nicht allein.

Die Russen: Man muss nicht blos das Netz auswerfen, man muss es auch ziehen. (Altmann VI, 485.)


3. Das Netz fragt die Fische nicht, ob sie heraus wollen.

Dän.: Garnet drager og uwillige fiske op. (Prov. dan., 105.)


4. Das Netz muss immer hängen. (S. Angel 3.) – Fabricius, 68.

Versuche alles! Ergreife jede Gelegenheit.

Holl.: Hang vrij netten; geen vogel, of men kan hem vangen. (Harrebomée, II, 122a.)


5. Das Netz muss kleine Maschen han, wenn kein Aal soll zwischen gahn.

Holl.: Die netten zijn van eng beslag, daar geen aal door de maas mag. (Harrebomée, II, 121b.)


6. Dem, der das Netz gestrickt, werden selten Fische geschickt.

Die Russen: Wer das Netz macht, das ist nicht immer der Fischfänger. (Altmann VI, 431.)


7. Der sein Netz hat gewaschen vnnd ins trocken gehenckt, der hat sein Fang verricht.Lehmann, 588, 4.


8. Die mit goldenen Netzen fischen, werden immer was erwischen.

Holl.: Die met gulden netten visschen, zullen zeker nimmer missen. (Harrebomée, II, 122b.)


9. Durch Netz und Gitter ist gut sehen.Petri, II, 137.


10. Ein Netz, das der Herr selber auswirft, thut einen reichen Zug.

Die Russen: In dem Netz, das der Herr auswirft, werden sich viel Fische fangen. (Altmann VI, 401.)


11. Es ist vergeblich, das Netz ausswerffen für den Augen der Vögel.Petri, II, 278.


[1003] 12. Es müssen enge Netze sein, da nicht ein Fischlein durchwischen kann.Winckler, III, 16.

Bei den Netzen, welche die Gesetze bilden, ist's gerade umgekehrt. »Welch ein köstlich Netz ist doch das Gesetz! Kleines ist gefangen, Grosses durchgegangen.« (Witzfunken, IVa, 138.) (S. Mücke 51.)


13. Es wirft mancher das Netz aus und fängt nichts.

It.: Tal tende la rete, che non piglia. (Gaal, 463.)

Lat.: Saepe captamus, sed non capimus. (Gaal, 463.)


14. Hinter dem Netz ist nutzlos fischen.

Böhm.: Za sakem tĕžko loviti. (Čelakovský, 192.)


15. In Einem Netze fangen sich vielerlei Fische.


16. In einem neuen Netz fängt sich kein alter Vogel.

It.: Rete nuova non piglia uccello vecchio. (Bohn I, 124.)


17. In einem trockenen Netze fängt sich kein Fisch.


18. Ist das Netz entzwei, so fahet man keine Schlei.

»Mit bösem Netz gar wol gefischt.« (Waldis, IV, 50.) Die Russen: Mit zerrissenen Netzen kann man keinen ergiebigen Fischzug thun. Auch die Finnen geben die Lehre: Flicke zuvor die Netze, ehe du auf den Fischfang gehst. (Altmann V, 82.)


19. Lege (wirf) das Netz, der Zufall bringt die Fische.

Lat.: Casus ubique valet, semper tibi pendeat hamus; quo minime reris, gurgite piscis erit. (Gaal, 858.)


20. Man muss das Netz auswerfen, wenn man Fische fangen will.

Holl.: Men moet de netten uitspannen, wil man den vogel vangen. (Harrebomée, II, 122a.)


21. Man muss das Netz nicht blos werfen, sondern auch ziehen.


22. Man muss sein Netz immer auswerfen.

Lat.: Semper pendeat tibi hamus. (Binder II, 3070; Philippi, II, 175; Erasm., 291; Tappius, 240b.)

Schwed.: Man måste altijd haa sine krokar ute. (Törning, 107.)


23. Man spannt nicht leichtlich ein Netze auff, vmb eines Ass Geyers oder grosse Hummeln willen, sondern den armen Schneekönigen vnd Goldhänlein stellet man nach. Petri, II, 469.


24. Mit dem Netz fängt man Vögel, mit Gold Menschen.

Die Russen: Das Netz für den Vogel, das Gold für den Menschen. (Cahier, 1885.)


25. Mit dem Netze, worin sich der alte Vogel fing, wird oft auch der junge gefangen.

Die dummen Streiche des Vaters machen den Sohn selten klüger.


26. Mit goldenem Netze lässt sich auch ein kluger Vogel fangen.

It.: La lepre ha preso il leone col laccio d'oro. (Gaal, 684.)


27. Mit grobem Netz sind kleine Fische nicht zu fangen.

Engl.: The rough net 's not the best catcher of birds. (Bohn II, 119.)


28. Mit kleinem Netz kann man keine grossen Fische fahen.

Die Russen: Mit einem kleinen Netz wird man keinen grossen Fischzug halten. (Altmann VI, 500.)


29. Offenbare Netzen scheuen alle Vögel.Petri, II, 502; Lehmann, II, 489, 6; Körte, 4540.

Bei Tunnicius (852): In openbare nette wil nein vogel. (Quae manifesta nimis volucris sunt retia vitat.)

Lat.: Quae nimis apparent, retia vitat avis. (Ovid.)


30. Ohne Netz kann man nicht fischen, ohne Gesteck (Gabel, Löffel, Messer) nicht tischen.

Die Russen: Ohne Netz kann der beste Fischer keinen Fischzug thun. (Altmann VI, 486.)


31. Was nützt das beste Netz, wenn die Fische fehlen.

Die Russen: Das Netz ist nicht die Hauptsache, sondern die Fische. (Altmann VI, 396.)


32. Wenn das Netz ans Land kommt, sieht man, was für Fische darin sind.

Dän.: Naar garnet kommer paa landet, faaer man at see, hvad fisk der er udi. (Prov. dan., 218.)


33. Wenn das Netz zu offen liegt, fliegt auch ein dummer Vogel nicht hinein.

Holl.: Openbaer netten schuwen alle voghelen. (Tunn., 21, 12.)

Lat.: Apparens rete fugiunt volucres et anete. (Fallersleben, 589.)


34. Wer das Netz nicht zieht, den zieht das Netz.


35. Wer das Netz vor den Spatzen auswirft, fängt keine.

It.: Indarno si tende la rete in vista degli uccelli. (Bohn I, 104.)


[1004] 36. Wer mit goldenen Netzen fischt, hat mehr Schaden als Nutzen.

Die Russen: Wer mit einem goldenen Netze fischt, fängt die fettesten Sterletten. – Wer ein silbernes Netz auswirft, fängt goldene Störe. (Altmann V, 118; VI, 479.)


37. Wer sein Netz gewaschen und trocken gelegt, hat einen schönen Fang gethan.

Rücktritt ins Privatleben, in den Ruhestand.


38. Wie die Netze, so der Fischer.

Die Russen: Nach den Netzen kann man den Fischer beurtheilen. (Altmann V, 114.)


39. Wo das Netz vorausgezogen ist, sind die Fische gefangen oder vertrieben.


40. Zerrissen Netz macht dem Fischer keine Ehre.

Die Russen: Zerrissene Netze kann man wol haben, aber es ist ein schlechter Fischer, der sie nicht flickt. (Altmann V, 123.)


*41. Achter't Nett fisken.Eichwald, 1404; Kern, 1122.

D.h. vergeblich fischen, wo andere schon ihr Netz aufgeworfen haben, hinter ihrem Netz, also dort Gewinn suchen, wo ihn andere bereits weggenommen haben.


*42. Am Netze nagen.

In Verlegenheit sein.

Lat.: Casses rodere. (Philippi, I, 75.)


*43. Dä löf en se ege Mötz. (Bedburg.)


*44. Das kommt in mein Netz.

Holl.: Dat valt in mijn net. (Harrebomée, II, 121b.)


*45. Das Netz an der rechten Stelle auswerfen.

Lat.: Rete in dextram mittere navigii. (Bovill, I, 20.)


*46. Das Netz fängt ihm die Fische, während er schläft.

Von denen, die das, was sie wünschen, gewissermassen ohne ihr Zuthun oder ohne besondere Anstrengung erlangen.


*47. Eim ein netz legen.Franck, II, 92b.

Holl.: Hij spant hem een net. (Harrebomée, II, 122a.)

*48. Einem aus dem Netz entwischen.

Frz.: S'échaper des filets. (Kritzinger, 315a.)


*49. Einem das Netz über den Kopf werfen.

Holl.: Hij haalt hem het net over het hoofd. (Harrebomée, II, 122a.)


*50. Einem ein Netz stellen.

Jemand überlisten, ihn durch böse Ränke verstricken.

Holl.: Iemand ondersteek doen. (Harrebomée, II, 135a.)

Lat.: In laqueum inducere. (Erasm., 375; Tappius, 207b.) – Tragulam injicere. (Tappius, 134a.)


*51. Einem ins Netz fallen.

Ihm in die Hände, in die Gewalt gerathen.

Frz.: Tomber dans les filets de quelqu'un. (Kritzinger, 315a.)


*52. Einen in sein Netz locken (ziehen).

Frz.: Empêtrer quelqu'un dans ses filets. (Kritzinger, 265b.)

Holl.: Hij lokt hem in zijn net. – Hij ziet hem in zijn net te krijgen. (Harrebomée, II, 122a.)


*53. Einen in seinen eigenen Netzen fangen.

Holl.: Iemand in zijne eigene netten vangen. (Harrebomée, II, 122a.)


*54. Er hat ein altes Netz gegessen.

Wenn jemand nicht sterben will, und es scheint, die Seele sei gewissermassen im Netz gefangen und festgehalten.


*55. Er hat sich in dem Netz gefangen.


*56. Er hat zu viel Netze durcheinander gezogen.

Wer zu viel durcheinander treibt, erreicht nichts.


*57. Er ist im Netz.

Frz.: Il est dans la nasse.


*58. Er ist ins Netz gegangen.Braun, I, 3029.

Frz.: Il est tombé dans mes lacs. (Kritzinger, 407b.)

Holl.: Hij is in het net gekomen. (Harrebomée, II, 122a.)


*59. Er muss sein Netz ans Trockene aufhängen.

Seinen Rausch ausschlafen.


*60. Er stellt sein Netz den alten Krähen.Körte, 4539; Braun, I, 3028.


*61. Er weiss sein Netz wohl auszusetzen.

Fängt es schlau an, um seinen Zweck zu erreichen.

Lat.: Albo reti aliena captare bona. (Plautus.) (Faselius, 10; Philippi, I, 16; Wiegand, 148.)


*62. Er will nicht ins Netz gehen.

Sich durch List nicht fangen lassen.


*63. Es ist ein Netz ohne Fische.

Holl.: Dat is een net zonder visch. (Harrebomée, II, 121b.)


*64. He hett em in sîn Nett kregen.Dähnert, 328a.

Er hat ihn listig überredet.


*65. He is vor dat erste Nett nich fangen.Lübben.


*66. Hinter dem Netze fischen.

Eine Sache verkehrt angreifen; da nach Fett suchen, wo es andere bereits abgeschöpft haben. (S. 41.)

Holl.: Hij vischt achter het net. (Harrebomée, II, 122a.)


[1005] *67. Mit guldenen Netzen fischen.Henisch, 1107, 67; Pauli, Postilla, 349b.

»Wer so fischet, der verleuret mehr, denn er gewinnet.«


*68. Mit trockenen Netzen fischen.

Den Gewinn aus der Arbeit anderer ziehen.

Holl.: Zij visschen met drooge netten. (Harrebomée, II, 122b.)


*69. Nichts als Netze stricken.

Lat.: Telas araneae texuerunt. (Bovill, I, 149.)


*70. Sein Netz ausspannen (auswerfen).

Kunden, Liebhaber herbeilocken. In Pommern: Sîn Nett utstellen (ans Heirathen denken). (Dähnert, 328a.)

Frz.: Faire venir les pigeons au colombier. (Lendroy, 50.)

Holl.: Hij werpt het net uit. (Harrebomée, II, 122a.)


*71. Seine Netze sind so dicht, sie lassen das kleinste Fischlein nicht.

Holl.: Zijne netten zijn zo digt gebreid, dat er niet een vischje door kan. (Harrebomée, II, 122a.)


*72. Seine Netze trocknen.

Holl.: Hij droogt zijne netjes. (Harrebomée, II, 122a.)

Die Holländer wenden dies Sprichwort unter anderm auf Trunkene an, die ihren Rausch ausschlafen.


*73. Selbst ins Netz fallen.


*74. Sich im eigenen Netz fangen.

»Werden in irem strick gefangen, in irem eignen netz behangen.« (Waldis, III, 54, 27.)

Holl.: Hij brengt zich zelven in het net. – Hij loopt in het net. (Harrebomée, II, 122a.)


[Zusätze und Ergänzungen]

*75. Ein Netz über einen werfen.

Durch Ränke ihm gefährlich, zu werden suchen.

Lat.: Tragulam injicere. (Plaut.) (Erasm., 483; Philippi, II, 222.)


76. Hast du ein Netz, so zeuch, damit es dich nicht zieht.Olearius, 359, 55.


77. Man muss das Netz auswerfen, man kann nicht wissen, wo das Glück liegt.


78. Mit einem kleinen Netze fängt man grosse Fische.Schuller, 45.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Die Narrenburg

Die Narrenburg

Der junge Naturforscher Heinrich stößt beim Sammeln von Steinen und Pflanzen auf eine verlassene Burg, die in der Gegend als Narrenburg bekannt ist, weil das zuletzt dort ansässige Geschlecht derer von Scharnast sich im Zank getrennt und die Burg aufgegeben hat. Heinrich verliebt sich in Anna, die Tochter seines Wirtes und findet Gefallen an der Gegend.

82 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon