Schultheiss (s. ⇒ Schulz und ⇒ Starost).
1. Der Schultheiss ist des Königs Vogt. – Graf, 517, 249.
Altfries.: Hwant hi (di schelta) des koninges foged is. (Richthofen, 414, 6.)
2. Ein Schultheiss meinet, weil die Obrigkeiten in der Schrift Götter genannt werden, er sei auch ein Götz. – Opel, 374.
3. Ein Schultheyss vnd strowüsch ist bald gemacht. – Hertius, 12; Graf, 516, 224.
Man geht von der Ansicht aus, dass, um ein Dorf zu verwalten, nicht viel Bildung nothwendig sei. Dennoch scheint man in Polen gewisse Ansprüche gemacht zu haben. Die polnischen Starosten müssen sehr kräftige Leute gewesen sein, wie aus einer Bemerkung hervorgeht, die der Castellan des polnischen Königs Stanislaus August machte, als man in den königlichen Gemächern darüber sprach, dass die Zerstörung der [386] Bastille den Franzosen viel Anstrengung gekostet habe. Die Franzosen, sagte der seines Witzes wegen bekannte Castellan Jezierski, hätten von uns einige Starosten verlangen sollen und sie würden sich alle Mühe erspart haben. An diese alten Starosten erinnert das Sprichwort: Słomiany starosta starodębowego ziemianina zwalczy. (Wurzbach, I, 116, 34.) (Ein Starost von Stroh wirft einen alteichenen Landmann um.)
Dän.: En foged og en arsvisk are snart giorde, og snart igien bortkaste. (Prov. dan., 171.)
Holl.: Een schout en ene aarwisch zijn even dra gemaakt. (Harrebomée, II, 261a.)
4. Kompt der Schultheiss vom Ampt, der Bawer verkaufft jhm nicht, was er jhm zuvor geschenkt hatt. – Lehmann, 772, 17.
5. Lass no de Schultiss noar geifera1, no wed der Burgemoaster schaon driela. (Rottenburg.) – Birlinger, 462.
1) Schäumen vor Aerger. – D.h. der letztere spricht schon den erstern zu Gefallen.
6. Seid ihr denn nicht Schultheiss mehr? – Eiselein, 557; Wurzbach III, 186.
Der Schultheiss von Kandersweil war abgesetzt worden und wollte sich desselbigen Tags den Verdruss darüber über Land etwas vergehen. Er kam an den Punkt eines Baches, wo es an einem Stege gebrach. Indem er darüber nachsann, wie er hinüber kommen sollte, kam ein Bauer auf ihn zu und sagte: »Herr Schultheiss, wollt Ihr gern über das Wasser?« Der Schultheiss erwiderte: »Ja wohl!« Der Bauer sprach: »Ich will den Herrn hinübertragen, so braucht er die Stiefeln nicht auszuthun und die Füsse nass zu machen.« Der Schultheiss war dies wol zufrieden und also nahm ihn der Bauer auf den Rücken. Als sie mitten im Wasser waren, sagte der Schultheiss: »Sobald mir Gott wieder zu meinem Amte verhilft, will ich es dir nicht unvergolten lassen.« Als das der Bauer hörte, stand er still und fragte: »Seid ihr denn nicht Schultheiss mehr?« »Nein«, sagte dieser. »Ei, so wollte ich, dass ich so einen Lump trüge«, rief der Bauer, warf ihn ins Wasser und ging davon.
7. Und wer em Schultes mäht und drischt, dear wird ufs Johr au Weingertsschütz. (Schwaben.)
8. Was dem Schultheissen geschah, ist dem Herrn geschehen. – Graf, 404, 16.
Der ausübende Richter, wie jeder Beamte, ist Stellvertreter des Landesoberhaupts. »Waz dem Schultheissen da geschien ist, daz ist dem Herrn geschiehn.« (Bodmann, 641.)
9. Was der Schultheiss richten kann, dazu bedarf man des Vogts nicht. – Graf, 436, 296.
Es soll keine Sache mit Umgehung des untern Richters sogleich an den höhern gebracht werden.
Mhd.: Waz der schultheis gerichten kan, darzu bedarff er nit foits dazu. (Grimm, Weisth., II, 223.)
10. Wo der Schultheiss schencket Wein, die Bürgermeister verkäuffer seyn, die Schöffen backen brodt, ist die gemein in grosser noth. – Zinkgref, IV, 387.
Holl.: Daar de meijers tappen wijn, de burgemeesters kornkoopers zijn, en de schepens bakken brood, daar is de gemeente in grooten nood. (Harrebomée, II, 228.)
*11. Er muss mithatschen wie der Schultheiss von Hundsfelden.
*12. Er würd' ein guter Schultheiss, er kann thun, was die Leute verdreusst. – Simrock, 9275.