1. Altes Stroh muss man nicht aufwühlen, den schlafenden Löwen nicht wecken. (Türk.)
2. Aus leerem Stroh lässt sich kein Weizen dreschen. – Sprichwörtergarten, 425.
Böhm.: Sláma nehodí se než do chomouta, a kroupy do jelita. – Ze slámy nebude než sekanina, a z prkna drtina. (Čelakovsky, 213.)
[913] 3. Besser Stroh ernten, als den leeren Wagen in die Scheune fahren.
Dän.: Bedre er bonde af lang halm end ingen. (Prov. dan., 53.)
4. Danach das Stroh ist, macht man die Bänder (Strohseile).
5. De ên is van Strô, de anner êvenso. – Deecke, 4.
6. Dem Stroh komme nicht mit Licht zu nahe.
Lat.: Ad movere ignem stipulae, non tutum. (Philippi, I, 9.)
7. Eigen Stroh ist besser als fremde Wolle.
8. Es ist gutes Stroh, aus dem Bier und Brot wächst.
Dän.: Det er en good straae hvor øll og brød sidder i enden paa. (Prov. dan., 96.)
9. Es ist nur mühe, das ledige Stroh zu dreschen. – Petri, II, 276.
10. Immer brav Stroh in der Scheuer, dann ist Speck und Brot nicht theuer. (Frankenwald.)
11. Jeder hält sein Stroh für Heu und des andern Heu für Stroh. – Simrock, 9982; Körte, 5774.
Der Engländer hält seine Gänse für Schwäne, der Russe sein Blei für Silber, und das Stroh auf dem eigenen Herde wärmt ihn mehr als das Holz in des Nachbars Ofen. Dem Letten gefällt sein Rauch besser als des Nachbars Feuer. (S. ⇒ Eule 42, ⇒ Kukuk 41 und ⇒ Kupfer 3.)
Engl.: A man thinks his own gees swans.
12. Jeder kann zu seinem Stroh Heu sagen.
13. Lang (viel) Stroh und keine (wenig) Körner.
Holl.: Lang stroo en geene erwten. – Mooi (veel) stroo, weenig korn. (Harrebomée, II, 316a.)
14. Leeres Stroh gibt keine Körner. – Sprichwörtergarten, 19.
Nur Kraftanstrengungen, die einen wahren oder vermeintlichen Nutzen in der Welt stiften, folgt Lohn.
15. Man kann nicht aus jedem Stroh Schauben machen.
16. Man muss nicht Stroh zum Fewer bringen (legen). – Lehmann, 510, 21.
»Stro von dem feur, man allzeit spricht, so mag es bald verbrennen nicht; denn hett David sein gsicht abgewendt, Bersaba wer nicht worden gschendt.«
Frz.: Il ne faut pas mestre les estoupes auprês du feu. (Leroux, I, 46.)
Lat.: Cede, Venus cedit: si stas, Venus improba laetit si fugias Veneris praelia, tutus eris. (Loci comm., 9.)
17. Man soll nicht Stro ins fewer legen, noch Oel zur flammen thun. – Henisch, 1083, 41; Petri, II, 468.
Böhm.: Kde sláma a oheň blízko sebe, rádo se chytá. – Nepřidávej k slámĕ ohnĕ. – Nepřilévej horkého k teplému, nedávej vína mladému. (Celakovský, 298.)
18. Man soll nicht stro zutragen, wenn einem das fewer zum Dach aussbricht. – Henisch, 631, 29; – Petri, II, 468.
19. Nass Stroh brennt nicht. – Frischbier2, 3667.
20. Strauh mâket dat Land frauh, Lauf mâket dat Land dauf, Heide mâket dat Land moide. (Waldeck.) – Curtze, 316, 31.
21. Stro beim fewr brennet baldt. – Lehmann, 466, 73.
»Stro vnd feuhr gethon zusammen, geben gar bald grosse flammen.«
Lat.: Ardet de facili stramen, cum iungitur igni. (Loci comm., 145.)
Span.: El hombre es el fuego; la muger, la estopa; viene el diablo, y sopla. (Cahier, 3556.)
22. Strô folgt dem Plog. (Holst.) – Schütze, III, 219.
Wenn nach dem Ableben der im Ausgedinge oder auf den Abschied Sitzenden (Vater oder Mutter u.s.w.), deren Haus, das ihnen der älteste Sohn einräumen musste, Land, Kühe und vorräthiges Futter verkauft wird, so ist das Stroh davon ausgenommen, das beim Pfluge und dem ältesten Sohne, d.i. bei dem Gute bleibt und nicht zur Theilung kommt.
23. Stro im schuch, spindel im sack vnd ein hur1 in eim hauss gucken alweg (zum Fenster auss) herauss. – Franck, I, 81b; Petri, II, 543; Henisch, 1069, 17; Gruter, I, 66; Egenolff, 340a; Lehmann, 579, 7; Simplic., III, 218; Grimmelshausen, Courage; Schottel, 1177b; Eiselein, 582; Simrock, 9981; Körte, 5757; Braun, I, 4332.
1) Auch Neid im Herzen. – »Nun lasst sich stro [914] vnd semlig war in schuhen nit verbergen gar.« (Murner, Vom gr. luth. Narren, in Kloster, X, 70.)
Lat.: Hoec tria vix occultari possunt: stramen in calceo, fusum in sacco, et meretrix in cubiculo. (Eiselein, 582.)
Poln.: Nie zatai sie szyel ło w worze.
24. Stroh auf den Mist geworfen, ist keine Verschwendung.
25. Stroh auf Mist gestreut, hat keinem jemals noch gereut. – Wunderlich, 49.
26. Stroh entbrennt beim Feuer, Vorwitz macht die Jungfern theuer. – Gaal, 1479; Simrock, 9978.
27. Stroh gibt grössere Haufen als Korn.
Frz.: Il y a plus de baille que de grains. (Leroux, I, 54.)
28. Stroh in den Ossen un Röven in den Bûern. (Holst.) – Schütze, IV, 213.
In dem Sinne: Jedem das Seine.
29. Stroh in Schuhen und Liebe im Herzen gucken überall heraus. – Mayer, II, 33; Simrock, 6444; Braun, I, 2339.
30. Stroh ist dem Esel lieber als Blumen und Bonmot.
31. Stroh ist Gold, Körner sind Silber, Heu ist Kupfer. (Frankenwald.)
32. Stroh ist länger wie Hä. (Schles.)
Volksthümliche Erwiderung auf ein dumm fragendes »Hä!« Wortspiel mit Heu, das ebenfalls in der Bauernsprache »Hä« lautet.
33. Stroh macht den Acker froh. – Boebel, 132.
34. Stroh macht den Acker froh, Nadeln sind nicht zu tadeln, Moch geht immer noch, Laub macht den Acker taub. (Provinz Sachsen.)
35. Stroh muss man nicht zum Feuer legen.
It.: Non ista bene la paglia appresso il fuoco. (Gaal, 1479.)
Lat.: Stipulae ignem admovere non tutum. (Gaal 1479.)
36. Stroh nahe am Feuer thut niemals gut.
37. Stroh und Feuer gethan zusammen, geben leichtlich grosse Flammen.
38. Stroh und Heu geben magern Brei. – Wunderlich, 8.
Schlecht Futter, wenig Butter.
39. Stroh vom Feuer! – Simrock, 9977.
Warnung, wenn das weibliche Dienstpersonal sich zu sehr mit dem männlichen Geschlecht vertraut macht.
40. Ual Stre as so gud üsch ual Jil. – Johansen, 152; für Amrum.: Haupt, VIII, 369, 315.
Alt Stroh ist so gut wie alt Geld.
41. Viel stroh, wenig korn. – Gruter, I, 69; Eyering, III, 355; Petri, II, 575; Lehmann, 714, 4 u. 806, 6; Eiselein, 582; Egenolff, 334a; Simrock, 9980; Körte, 5773; Lohrengel, I, 682; Masson, 136.
Engl.: Much bran and little meal.
Port.: Muita palha e pouco grão. (Bohn I, 254.)
Schwed.: Mycken halm och lijter korn. (Grubb, 539.)
42. Wenn Stroh im Kopfe, hat kein Verstand darin. Platz.
43. Wer mit Stroh feuert, hat den Rauch zum besten.
44. Wer mit Stroh schwanger geht, der gebiert Stoppeln. – Petri, II, 737; Fischer, Psalter, 12b.
45. Wer sein Stroh thut verkaufen, wird bald müssen vom Hofe laufen. – Wunderlich, 10.
»Du klagst, dass dir die Streu für deine Rinder fehle, ei, ei wie dumm; schaffe Moos und Flechten in die Ställe!« (Wunderlich, 10.)
46. Wer sich zwischen stro vnd feur leget, der brennt sich gern. – Tappius, 238a; Lehmann, II, 851, 337; Henisch, 502, 28; Petri, II, 765; Simrock, 9979.
47. Wer von Stroh ist, muss sich vor dem Feuer hüten.
Engl.: Who has skirts of straw needs fear the fire.
48. Wo Straü is, da is ok Korn. (Westf.)
49. Wo stro oder schwefel bei fewr kompt, so brents. – Franck, II, 197b; Henisch, 502, 34; Lehmann, II, 858, 456.
50. Wo Strô un Füer tohope (zusammen) komet, da fenget et an te brennen. (S. Feuer ⇒ 107, ⇒ 128-130 u. ⇒ 322.) – Schambach, II, 608.
Mhd.: Swer strô nâhe zem fiure tuot, zundet er sich an. (Morolf.) – Wan sich ein strô bî fiure gerne enbrennet. [915] (Titurel.) – Ein strô, daz bî dem fiure lit, daz wirt enzundet sanfter an, denn ob ez verre dort hin dan von im gelegen waere. (Troj. Krieg.) (Zingerle, 143.)
Dän.: Legges halm til ilden, da ryger eller brænder den. (Prov. dan., 381.)
51. Wo Stroh ist, da pflegt auch Korn zu sein. – Petri, II, 816.
*52. Ah wat, stro in de os. – Lübben.
*53. Aufs Stroh kommen.
»Josua hat mit der Posaunen Schall die starken Mauern der festen Stadt Jericho zu Boden geworfen; als er aber vor das kleine Städtchen Ai gerückt ist, da ist er aufs Stroh gekommen.« (Parömiakon, 869.)
*54. Aus dem Stroh ist er heraus und Heu hat er nicht bekommen.
*55. Da kommt Stroh druf.
In Berlin für: Das ist schon längst vergessen. (Trachsel, 55.)
*56. Das hêsst lêr Stroh gedrosch'n! – Tendlau, 74.
*57. Das ist ein leer Stro. – Mathesy, 132a.
*58. Das ist nicht von Stroh.
Holl.: Dat is niet van stroo. (Harrebomée, II, 315b.)
*59. Das lange Stroh ist wohlfeil geworden.
Sagt man in Holland von grünen Burschen, die sich eine Tabackspfeife oder Cigarre in den Mund stecken und dampfen.
Holl.: Het lange stroo is goed koop geworden. (Harrebomée, II, 315b.)
*60. Das Stroh aus der Wiege hängt ihm noch am Arsche.
Er ist ein unreifer Bursche.
Holl.: Hij heeft het stroo van de wieg nog aan zien gat. (Harrebomée, II, 316a.)
*61. Das Stroh mit einem brechen.
»Strohhalm und Aehre galten bei den Alemannen als Rechtssymbol. Den Halm einer Kornähre brachen und vereinigten die altrömischen Brautpaare zum Zeichen des Eheabschlusses und nannten diese Feierlichkeit nach der dabei verwendeten Stoppel stipulatio. – Indische, an alter Sitte haftende Bergbewohner lassen bei Schliessung ihrer Verträge einen Strohhalm zwischen beiden Theilen brechen, und dieselbe Rechtsform war auch den Deutschen gemeinsam. Schon den Celten war das Stroh heilig. Brich das Stroh mit ihm, sagt heute noch der englische Celte dem, welchem er rathen will, die Verbindung mit einem andern abzubrechen.« (Rochholz, Altdeutsches Bürgerleben, S. 98.)
*62. Das Stroh schonen un bi Flass back'n. – Eichwald, 1859.
*63. Das Stroh sparen und bei Flachs backen.
Die Russen: Das Stroh sammeln und die Körner verschütten.
*64. Die fressen einem 's Strau ab' em Dach. (Schweiz.)
*65. Du drischt lär stroe. – Hauer, Miij2.
Lat.: Ex paleis inanibus trituram. (Philippi, I, 144.) – Inanes culmos excussisti. (Hauer, Miij.) – Utrem mergis vento plenum. (Philippi, II, 239.)
*66. Einem Stroh auf dem Wege legen.
*67. Einem Stroh in den Bart flechten.
*68. Er gid em nid Strau in d' Schuh. (Luzern.)
*69. Er hat nicht so viel Stroh, um seine Läuse zu verbrennen.
*70. Er hat sein Stroh in den Schuhen.
Seinen Schnitt gemacht.
*71. Er hat sich mit (am) Stroh hinausgewunden.
Von einem, der jemand überlistet oder sich aus einer verwickelten Angelegenheit mit Leichtigkeit herausgewickelt hat. Die Entstehung verdankt diese Redensart einem scherzhaften Vorfalle. Peter Smolik, der am Hofe der polnischen Könige Stephan und Sigmund III. lebte, hatte sich manche Spässe gegen die Höflinge erlaubt, die, um ihn dafür zu züchtigen, mit ihm in einen Weinkeller gingen und erklärten, er würde eher nicht herauskommen, bis sie zusammen ein grosses Fass Wein ausgetrunken und er es bezahlt habe. Es wurde Stroh in den Keller gebreitet als Lager. Nach einigen Tagen sagte er, er getraue sich aus Stroh ein Seil zu drehen, so stark, dass er damit jeden von ihnen in die Höhe ziehen kann. Man gestattete dies. Er drehte, gelangte endlich zur Kellerthür hinaus, indem er ihnen gesagt, ja recht fest zu halten, da sie bald die Stärke des Seils erproben würden. Als er draussen war, kam ein Knabe vorbei, dem er ein Goldstück mit dem Auftrage gab, das Seil zuweilen derb zu schütteln, und er ging fort. Als es endlich den Weingesellen im Keller zu lange dauerte, kamen sie hervor, um sich von ihrer Ueberlistung zu überzeugen. (Wurzbach I, 19.)
*72. Er hat (kein) Stroh im Kopf. – Bücking, 268.
[916] *73. Er hat Stroh in den Schuhen. – Vilmar, Proben eines hess. Wb., S. 92.
Eine Redensart, um zu sagen, dass es einer hinter den Ohren habe, das seine verborgene Schalksnatur sich da und dort bei guter Gelegenheit zeige; dann auch geradezu für Muthwillige und Spötter. Die Redensart ist alt und kommt schon bei Franck vor.
*74. Er isch mit Strau usg'füllt. (Solothurn.) – Schild, 78, 239.
Sehr dumm.
*75. Er ist aufs Stroh gekommen.
*76. Er ist nid mit Stran ûsg'füllt cho. – Sutermeister, 80.
Er ist nicht dumm, er hat's hinter den Ohren. Von solchen Leuten in entsprechender Weise anzuwenden, finden sich a.a.O. noch folgende Redensarten: Er hät's am Schnüerli. Er hät den Sack am Bängel. Er is nid ins Mehl g'chiet. Er ist nid vo Dummbach. Er lod's Gras nid unger de Fingere wachse. Er luegt em i d' Chraft (fasst ihn ins Auge). 'S ist kei Uthöthli an em.
*77. Er liegt auf Stroh.
Von einem Armen, der gestorben ist.
Holl.: Hij ligt op stroo. (Harrebomée, II, 316a.)
*78. Er wird sich nicht mit Stroh binden lassen, so lange er noch einen Strick (Tau) finden kann.
Er wird sich nicht zwingen lassen, so lange es noch Vertheidigungsmittel gibt.
Holl.: Ik wil mij aan geen stroo laten binden, zo lang er nog touw te bekommen is. (Harrebomée, II, 316a.)
*79. Er würde mir nicht so viel Stroh geben zu einem Sterbelager.
Holl.: Hij zoude mij geen stroo geven, om op te sterven. (Harrebomée, II, 316a.)
*80. Es ist, als wenn man bei Stroh bäckt.
*81. Es ist theuer Stroh.
*82. Es wird schon Stroh gestreut.
Der Kranke ist dem Tode nahe. Daher, weil bei Schwerkranken, um ihnen das Wagengerassel zu mildern, Stroh auf den benachbarten Strassentheil gestreut wird. In der Bohemia (1872, Nr. 120), da, wo von der Erzherzogin Sophie, der Mutter des Kaisers Franz Joseph, die Rede ist, heisst es: »Kopfschüttelnd meinen da die Leute aus dem Volke: O wann schon a mol a Stroh g'schtreut wird ...« »Die üble Meinung vom Strohstreuen ist den Leuten nicht aus dem Kopfe zu bringen.«
*83. Hä hiät noch nicks utem Stroh. (Iserlohn.) – Woeste, 89, 169.
*84. Hei wat, Stroh un Watter satt, sü de Bûr do sprôk he Latin. – Kern, 287.
Ein sogenannter lateinischer Bauer spricht in Kürze, indem er dem Stallknecht Vorschriften für die Viehfütterung gibt.
*85. In allem Stroh wühlen. – Schlechta, 63.
*86. Leeres (ledig) Stroh dreschen. (S. ⇒ Aal 20, ⇒ Eule 77, ⇒ Krebs 39 und ⇒ Schnee 76.) – Lehmann, 776, 1; Schottel, 1112a; Eiselein, 582; Masson, 328; Körte, 5772; Braun, I, 433; Lohrengel, II, 377; Fischer, Psalter, 599, 1.
»Das leere stroh im tenne dreschen.« (Waldis, II, 88, 36.) »Mein licht ist schier erloschen vnd waisz nit, woa ich gea, lärs stroh hab ich getroschen, das tut meinem hertzen wea.« (Hätzlerin, I, 43.) »Leer strow tröschen.« (Alsatia, 1862-67, 424.)
Frz.: Battre et applanir l'aire. (Leroux, I, 37.) – Battre l'eau. (Starschedel, 38.)
Lat.: Actam rem agere. (Plautus.) (Binder II, 45.) – Actum agere. (Terenz.) (Binder I, 11; II, 45; Philippi, I, 6; Seybold, 5.) – Ferrum natare doces. – Lapidi loqueris. (Sutor, 410.) – Operam ludere. (Plautus.) (Binder II, 2424.)
*87. Mit Stroh Feuer löschen.
*88. Mit Stroh gehen sie schwanger und Stoppeln gebären sie.
Die Aberwitzigen.
*89. Strauh nôch Kornwesta tragen. – Michel, 278; Nefflen, 466.
Stroh nach Kaltenwesten führen. In dem Sinne: Eulen nach Athen tragen. Kaltenwesten ist ein Dorf im Neckarkreise, dem eigentlichen Strohgau angehörend. Freigebig gegen Leute sein, die im Ueberfluss leben, etwas dahin geben, wo dasselbe schon im Ueberfluss vorhanden ist. – Binder (III, 3605) nennt einen Marktflecken Kornwestheim in demselben Kreise, der aber im Huhn'schen Lexikon, das sonst alle einzelnen Gehöfte nennt, nicht erwähnt ist.
*90. Stroh im Kopfe haben. – Eiselein, 582.
*91. Stroh in den Bansen (die Scheune) tragen.
Dahin, wo es aufbewahrt zu werden und woher man es in der Regel zu holen pflegt. In dem Sinne, wie: Eulen nach Athen tragen, sagt ein talmudisches Sprichwort: Stroh nach Apharwaim bringen. Zur Bezeichnung [917] eines verkehrten Menschen haben die Juden die Redensart: »Bär Quetsch«, der, um ein trockenes Brötchen zu holen, aus der Stadt nach einem stundenweit entfernten Dorfe ging, weil er glaubte, es dort sicherer zu finden. (Tendlau, 1016.)
*92. Stroh vom Feuer. – Körte, 5771.
*93. Stroh zum Feuer legen. – Körte, 5770; Braun, I, 4333.
Ein Uebel schlimmer oder aus einem kleinern ein grösseres machen. Für die verschiedenen Schattirungen und Anwendungszwecke dieses Gedankens hat man eine Menge sprichwörtlicher Redensarten, als: Oel ins Feuer schütten. Das Geile laufend machen. Das Feuer mit Oel löschen. Bös mit Bösem arzeneien. Pestilenz mit Franzosen heilen. Ein Unglück aufs andere häufen. Koth mit Koth waschen. Den Rauch fliehen und in die Flammen fallen. Den Reif fliehen und in den Schnee fallen. Einem Bächlein fliehen und in den Rhein fallen. (Franck, I, 31a.)
Mhd.: Vlicht die vrowen bî der zît, wan ungewaerer staete lêt strô bî dem viure, dâ wazzer waere tiure. (Zingerle, 143.)
Lat.: Titio ad ignem. (Erasm., 771; Tappius, 174b.)
Schwed.: Bära ond malt till gillet. (Grubb, 62.)
*94. Vergönne mir von deinem Stroh.
So lautete die oberdeutsche Vertragsformel. (Rochholz, Altd. Bürgerleben, S. 99.)
*95. Vom Stroh aufs Bett (die Federn) kommen.
»Manch armer gsell solt werden fro, wenn er auffs bett kem von dem stro.« (Waldis, IV, 15, 44.)
*96. Vom Stroh zum Haber lauffen. – Schottel, 1116a.
*97. Wat ût dem Stroh hebben. (Holst.) – Schütze, IV, 213.
Im Wohlstande sein, vom Landmann entlehnt, der gut gedroschen hat.
*98. Strauw ins feier werffen. – Stumpf, II, 257a.
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