Mäuse

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[86] Mäuse (die) machen eine sehr zahlreiche Gattung kleiner Nagesäugthiere aus und mehre Arten derselben richten durch ihre große Vermehrung und die Gefräßigkeit, mit der sie alle mögliche Dinge benagen und verzehren, oft beträchtlichen Schaden an.

Von den auch in Deutschland einheimischen gehören dahin: die allbekannte, listige und schüchterne Hausmaus, röthlich aschgrau, selten weiß von Farbe, scheint gern Musik zu hören, läßt sich leicht zähmen und abrichten, hat an Katzen, Igeln, Mardern, Eulen und andern Raubthieren unermüdliche Feinde und wird in den Gebäuden auch durch Gift und Mausefallen getödtet, sowie durch Bilsenkraut, Wollkraut, Hanf, Pfeffermünzkraut, Terpenthin, Teufelsdreck und einige andere Dinge vertrieben, deren Geruch ihr zuwider ist und die man in ihre Löcher und an die Orte bringt, welche man vor ihnen sichern will. Weit schädlicher ist die spannenlange Hausratte mit einem noch längern, kahlen Schwanze; sie sieht obenher dunkler, unten aschgrau aus, arbeitet sich durch starke Mauern und setzt sich oft gegen Katzen zur Wehr, welche sich daher auch nicht alle an sie wagen, dagegen das Wiesel ein trefflicher Rattenjäger ist. An Gefräßigkeit steht sie indessen der ein Viertel größern Wanderratte weit nach, welche ein rothbraunes Fell hat, Federvieh und Kaninchen anfällt, selbst Vieh benagt, Kindern in der Wiege gefährlich wird und jetzt in Paris und andern großen europ. Städten, auch in einem Theile Preußens häufiger als die gemeine Ratte ist, obgleich sie erst um die Mitte des vorigen Jahrh. aus Asien nach Europa gekommen ist, das freilich auch durch seine Schiffe die Hausmaus und Hausratte über die ganze Erde verbreitet hat. Die Wasserratte, etwas größer als die Hausratte, von rußfarbig graubrauner Farbe, wohnt an den Ufern der Gewässer, schwimmt und taucht aber nicht sonderlich, gräbt sich aber Gänge mit der Geschicklichkeit des Maulwurfs und schadet durch Abnagen der Pflanzenwurzeln und Umwühlen des Bodens in Gärten. Die kleine Feldmaus, auch Reitmaus, an Größe einer Hausmaus gleich und röthlichgrau von Farbe, lebt in Erdlöchern auf den Äckern. trägt sich Körner für den Winter ein und vermehrt sich mitunter so ungeheuer, daß sie, wie z.B. 1742 in Franken und am Rhein und 1822 in Thüringen, den Ertrag der Ernte wesentlich schmälert. Die Erntemaus, das kleinste bekannte Säugthier, nur 21/4 Zoll lang mit etwas kürzerm Schwanze, sieht obenher schön rothbraun, ist in Sibirien, allein auch in Schlesien, in Frankreich und besonders in England heimisch, baut für ihre Jungen ein faustgroßes, rundes, zierliches Nest, welches äußerlich fest mit Blättern bekleidet, [86] innen mit weichen Halmen ausgefüttert und zwischen einigen Getreidestengeln befestigt ist. Die Brandmaus, welche bräunlichgelb mit einem schwarzen Streif über den Rücken aussieht, wird im östl. Europa, doch auch in Thüringen gefunden. In ganz Sibirien ist die Spar- oder Wurzelmaus heimisch, welche unserer Feldmaus gleicht, nur etwas dunkler aussieht, einen kürzern Schwanz hat und den Sommer über emsig Wurzeln in ihren, in lockerm Boden angelegten, ungefähr einen Fuß weiten Bau trägt, von denen ihr die für Menschen genießbaren häufig von den Kamtschadalen genommen werden, die aber dafür einige Glasperlen oder Knöpfe hinlegen, um die Thierchen nicht böse zu machen. Die Länder am nördl. Eismeere sind das Vaterland der Lemminge, so groß wie eine Ratte, gelb und schwarz gefleckt oder gelblichbraun, ohne sichtbare Ohren, mit kaum zolllangem Schwanze, starkem Schnurrbart und berühmt wegen ihrer in unregelmäßigen Zeiträumen und in zahllosen Haufen nach S. zu unternommenen Wanderungen, bei denen sie eigensinnig der geraden Richtung durch Seen und Flüsse folgen, sich selbst gegen Menschen zur Wehr setzen, und bringt ein Weibchen unterwegs Junge zur Welt, eins davon im Munde, das andere auf dem Rücken mit fortnehmen sollen. Während dieser Wanderungen ertrinken ungemein viel beim Übersetzen über Gewässer und noch mehr werden die leichte Beute aller Arten von Raubthieren, welche dem Zuge folgen. Die Springmäuse, welche in Ägypten und von Kleinasien bis Sibirien angetroffen werden und von der Größe der Ratten sind, haben ihren Namen davon, daß sie sich nur in weiten Sprüngen auf ihren unverhältnißmäßig langen Hinterfüßen fortbewegen, wegen der sie bei den Alten zweibeinige Mäuse hießen; auch ihr Schwanz ist ungewöhnlich lang und an der Spitze buschig. Sie nähren sich von Wurzeln und Kräutern, leben in Erdhöhlen, welche sie sich mit ihren scharfen, krummen Klauen wühlen, und die hier abgebildete, Jerboa genannte Art, deren Heimat Sibirien ist, sieht obenher graugelblich, unten blendend weiß. Ein höchst seltsames Thier ist endlich die Blindmaus oder der Slepez, größer als eine Ratte, mit aschgrauglänzendem, ins Röthliche spielendem Fell, kurzen Füßen, unförmlichem, an den Seiten eckigem Kopfe, ohne Schwanz und mit äußerlich nicht sichtbaren Augen. Sie lebt unter der Erde, wie die Maulwürfe, und wirst auch solche Erdhaufen auf, nährt sich aber einzig und allein von Wurzeln und hält sich im südöstl. Europa, in Persien und Syrien auf. Hamst er und Murmelthiere (s.d.) werden auch zum Mäusegeschlecht gezählt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 86-87.
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