Triest

[473] Triest, die wichtigste See- und Handelsstadt des östr. Kaiserthums mit 50,000 Einw., gehört mit ihrem besondern 13/4 ! M. großen Stadtgebiete zu dem Gouvernement Triest des Königreichs Illyrien (s.d.), und liegt am triester Meerbusen des adriat. Meeres. Die unfreundliche Altstadt mit ihren krummen Gassen und unansehnlichen Häusern zieht sich am Abhange des Schloßbergs hinauf, der ein verfallenes Castell trägt, an seinem Fuße aber breitet sich die regelmäßig gebaute Neustadt mit mehren Kanälen, breiten Straßen, schönen Plätzen und Gebäuden aus. Sie zerfällt in die Theresienstadt und die zwei Vorstädte Josephs-und Franzenstadt, und zu den vornehmsten Gebäuden gehören die Peterskirche, die Kathedrale, die Synagoge, die Börse, das Theater, die Paläste Carciotti und des Grafen von Montfort (vormaligen Königs von Westfalen), die Börse, das Theater; von mehren ausgezeichneten Kirchen sind besonders die von S.-Pietro und die alte Kathedrale St.-Giusto, in der jetzt Winckelmann (s.d.) ein Denkmal errichtet worden ist, merkwürdig. Die zahlreich in T. sich aufhaltenden Fremden genießen völlige Religionsfreiheit, und es gibt dort eine protestantische, eine reformirte, eine armen., griech.-unirte, eine serbische Kirche und eine prächtige Synagoge. Auf dem schönen Hauptmarkte (Piazza grande) der Altstadt, an welchem das Stadthaus liegt, erhebt sich über dem Brunnen in seiner Mitte auf einer 26 F. hohen Säule die marmorne Statue Kaiser Karl VI., welcher T. 1719 zum Freihafen erklärte. Den Börsenplatz in Theresienstadt zieren prächtige Gebäude, ein Springbrunnen mit einer marmornen Neptunsgruppe, die auf einer Marmorsäule erhöhte eherne Bildsäule Kaiser Leopold I., und besonders merkwürdig ist der hier fortwährend stattfindende Markt, auf dem man alle Gegenstände des Genusses, des Luxus und der Bequemlichkeit in Buden ausgestellt findet. Zwei Lazarethe am Hafen sind zur Aufnahme und Quarantaine für die aus der Pest oder einer andern ansteckenden Seuche verdächtigen Gegenden kommenden Waaren und Reisenden bestimmt, und merkwürdig sind auch die zum Schutze des Hafens aufgeführten zwei Moli (Dämme), von welchen besonders der Theresienmolo berühmt, und 1800 F. lang ist, auf seiner Spitze auch ein kleines Fort zur Vertheidigung des Hafens und einen 1832 errichteten 110 F. hohen Leuchtthurm trägt. Der Hafen selbst ist für die größten Schiffe leicht zugänglich und hinreichend tief, jedoch nicht völlig sicher gegen heftige Stürme. Die Bevölkerung ist meist eine Mischung von Deutschen und Italienern, was sich deutlich in ihrem Benehmen. und Charakter ausspricht, obgleich ital. Sprache und Sitte überwiegen. Es bestehen hier bedeutende Fabriken der verdiedensten Art, besonders in baumwollenen und seidenen Waaren, Ölseife, Rosoglio, [473] Confituren, ansehnliche Werkstätten zur Verfertigung der Bedürfnisse der Schiffahrt und Schiffswerfte. Der Handel erstreckt sich vorzüglich nach der Levante, und es laufen des Jahres gegen 800 große Kauffahrteischiffe und 8000 Küstenfahrer in den Hafen ein; der Werth der Einfuhr wird auf höher als 30 Mill. Gulden, die Ausfuhr etwas niedriger geschätzt. Mit Venedig sowie mit den östl. Ländern am Mittelmeer besteht eine regelmäßige Verbindung durch Dampfschiffe. Es gibt in T. mehr als 20 Versicherungsgesellschaften und Banken, dabei eine Feuerversicherung für die ganze östr. Monarchie, welche Gebäude und bewegliche Gegenstände, auch während des Transports zu Lande und zu Wasser, ebenso Feldfrüchte gegen Hagelschäden versichert, sowie seit 1835 ein Lloyd austriaco. Die meisten europ. Nationen unterhalten in T. Handelsconsuln, welches an den Staat nur 60,000 Gulden jährlich zahlt und von der Militairconscription ausgenommen ist. Unter den Bildungsanstalten ist besonders die vortreffliche Real-und Schiffahrtsschule anzuführen, die öffentliche Bibliothek und das Gabinetto di Minerva mit einer Bibliothek und einem Museum. Die mit Landhäusern und Gärten gezierten Höhen in der Umgebung von T. waren noch vor 80 Jahren kahle und öde Felsen, auf welche die Erde mit großem Aufwande, zum Theil aus Istrien, zu Schiffe herbeigeschafft und so ihr Anbau möglich gemacht worden ist. In der Nähe befinden sich auch einige Trümmer aus der Römerzeit, ferner Steinbrüche und Steinkohlengruben und ein reizender Spaziergang il Boschetto. Im Alterthume hieß T. Tergeste, wurde während der Völkerwanderung mehrmals, im 9. Jahrh. auch durch Sarazenen verheert, zahlte seit Anfang des 13. Jahrh. an Venedig Tribut, unterwarf sich aber in der zweiten Hälfte des 14. Jahrh. dem Schutze der Herzoge von Östreich. Unter diesem Hause blieb es und ward durch Kaiser Karl VI. zum Freihafen, bis es nach dem Frieden von Schönbrunn (oder Wien) 1809 an Napoleon und zu den illyrischen Provinzen kam. Nachdem es 1814 wieder mit Östreich vereinigt worden, bekam T. 1818 den Titel der allertreuesten Stadt und ist fortwährend im Aufblühen begriffen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 473-474.
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