[780] Zauberei. Man versteht darunter die angebliche Kunst, mit Hülfe von Geistern und Beschwörungen und mittels Geräthschaften, welche übernatürliche Kräfte und Eigenschaften besitzen sollen, wie z.B. Zauberstäbe, der seinen Besitzer nach Belieben durch die Lüfte tragende Mantel Faust's (s.d.), das Wünschhütlein des Fortunat und dessen allezeit voller Geldsäckel, menschliche Absichten auf übernatürlichem Wege zu erreichen.
Geschah das vermeintlich durch Beistand guter Geister, so wurde sie weiße Kunst und Theurgie, sollten böse Geister und insbesondere der Teufel im Spiele sein, schwarze Kunst oder Dämonurgie genannt. Auch gebraucht man für alle sogenannte Zauberei die Benennung Magie (s.d.), zählt auch das Wahrsagen (s.d.), die Chiromantie (s.d.) und Astrologie (s. Sternkunde) dahin. In vermeintlichen Zauberkünsten erfahrene Personen heißen davon Zauberer und Zauberinnen und bedienen sich der verschiedenartigsten Zaubermittel und Formeln (s. Abracadabra), um ihre Zwecke zu erreichen. Im Alterthum standen ganze Völker im Rufe, besondere Zauberkräfte zu besitzen, wie die Psylli im nördl. Afrika und die Chaldäer; berühmte Zauberinnen sind Circe (s.d.), Medea (s.d.); Göttin der Zauberei war bei den Griechen die Hekate (s.d.). Quelle des Glaubens an Zauberei ist überall Unwissenheit und damit verknüpfter Aberglaube, daher man bei allen rohen Völkern Zauberer antrifft. Auch die alten Deutschen hatten deren und der Glaube an Zauberei und Hexen (s.d.) erhielt sich durch das ganze Mittelalter, ja ist in vielen und besonders in katholischen Landschaften noch keineswegs erloschen. Auch das Wetter- und Hagelmachen schrieb man den Zauberern und das Verwandeln oder Verwünschen von Menschen in Thiere (s. Wärwolf), was im Morgenlande die Sage meist durch Besprengen des zu Verzaubernden mit einem Zauberwasser bewirken läßt. Bei allen nordischen Völkern ist der Zauberglaube ebenfalls in hohem Grade heimisch; so bei den Lappen, den Grönländern, deren Zauberer Angekok heißen, in Sibirien, wo sie bei den Tungusen und Buräten den Namen Schamanen (s.d.) bei den Jakuten aber Ajun führen. Mongolen, Kalmücken, Tataren haben ihre Zauberer und einer der letztern ist hier mit seinen Beschwörungswerkzeugen abgebildet. Die Bewohner von Afrika und die Indier in Amerika glauben nicht minder an Zauberei; ihre Zauberer sind ihre Ärzte, sollen Wetter machen, entlaufenes Vieh herbeischaffen, zu guter Jagd verhelfen, Diebe entdecken, böse Geister abwehren u.s.w. – Die unermüdlichen Bestrebungen eines Balthasar Becker, eines holländ. Geistlichen, welcher wegen seiner Bekämpfung des Teufelsglaubens seine Stelle verlor und 1698 starb, sowie des Christian Thomasius (s.d.) bewirkten endlich, daß der Aberglaube an böse Geister, an Zauberer und Hexen sich [780] allmälig verminderte und die gerichtliche Verfolgung und Bestrafung der letztern aufhörte. Seitdem sind die Fortschritte in den Naturwissenschaften die beste Bürgschaft gegen das Wiedereinreißen des Zauberglaubens geworden, sodaß Mystiker und schwärmende Naturphilosophen durch ihre Behauptungen vom wirklichem Besessensein einzelner Menschen durch den Satan, was namentlich Just. Kerner in seinen »Beobachtungen aus dem Gebiete kakodämonisch-magnetischer Erscheinungen« (Karlsr. 1835) vertheidigt, und von Angaben über ein derartiges Hereinragen der Geisterwelt in unser Leben, der Vernunft keinen Eintrag mehr zu thun vermögen. Wo angebliche Zaubermittel zur Verfolgung gewinnsüchtiger Zwecke angewendet werden, unterliegt dies der nach den Landesgesetzen auf leichtern oder schwerern Betrug gesetzten Strafe. – Die Sage erwähnt mehrere Zauberringe, welche ihren Besitzern übernatürliche Eigenschaften verliehen. Berühmt sind in dieser Hinsicht die sieben Ringe, welche der Philosoph Apollonius von Tyana, welcher im 1. Jahrh. nach Chr. lebte, von einem ind. Zauberer erhalten haben soll und die ihn im hohen Alter wieder verjüngten. Man kann auch den Ring einer Gemahlin Karl's des Großen dahin rechnen, welcher ihn der Art an sie fesselte, daß er selbst nach ihrem Ableben nicht von ihr lassen konnte, weil sie vor ihrem Tode den Ring im Munde verborgen hatte. Er behielt ihre Leiche bei sich und ließ erst ihre Beerdigung zu, nachdem ein Bischof den Ring an sich genommen hatte. Jetzt aber wendete sich Karl's Zuneigung ebenso diesem Bischofe zu, der endlich den Ring in einen Teich bei Aachen warf, woher Karl's Vorliebe für diese Stadt rühren sollte. Eine andere Art Zauberring wird beim Obstbau angewendet, um unfruchtbare Bäume zum Tragen zu bringen. Es besteht dies auch Ring ein genannte Verfahren einfach darin, daß im Frühlinge, wenn die Blütenknospen anschwellen und deutlich sichtbar werden, an dem dazu ausersehenen Aste ungefähr einen Zoll von seinem Zusammenhange mit dem Hauptstamme entfernt, ringsherum die äußere und innere Rinde bis auf das reine Holz in der Breite von 1/4–1 Zoll je nach der Stärke des Astes abgeschält wird. Diese Unterbrechung des Zusammenhanges der Rinde nöthigt den Saft in dem Aste oberhalb des Ringes zu langsamerer Circulation, was der Erfahrung nach die Tragbarkeit befördert. Indessen vertragen diesen Zauberring nicht alle Obstarten, namentlich die Pflaumen, Kirschen, Pfirsichen und das Steinobst nicht, wo die Zweige absterben, dagegen er besonders bei Kernobst, Äpfeln, Birnen und Quitten anwendbar ist. Seine Wirkung beschränkt sich in der Regel auf ein Jahr, während welcher auch die Lücke wieder zu verwachsen und der unterbrochene Zusammenhang in der Rinde sich wiederherzustellen pflegt. Der Zauberring hat auch ein kräftigeres Festhalten der Blüten zur Folge und wird auch an Waldbäumen angewendet, welche außerdem den von ihnen gewünschten Samen gar nicht oder nur spärlich hervorbringen. Vergl. Hempel, »Der pomologische Zauberring« (2. Aufl., Lpz. 1820).