Arabien (Geographie)

[257] Arabien (Geographie). Die große Halbinsel im südwestlichen Asien, welche vom persischen und arabischen Meerbusen, so wie auf der dritten Seite durch die sie verbindende persische See, eingeschlossen ist. Sie hat 46,000 bis 47,000 Quadrat Meilen und auf dieser ungeheuren Ausdehnung, nicht mehr als etwa 12 Millionen Einwohner. Das Land hat verschiedene Namen, Al Arab, Arabistan, Arabia (so nennen es die Einwohner), Dschesira al Arab, und Yemen. Den Norden des Landes begrenzt die Wüste Irak und Dschesira, im Nordwesten hängt es durch die Landenge von Sues mit Afrika zusammen. Die alte Eintheilung in das wüste, felsige und glückliche Arabien ist, seit man dies romantische Land näher kennen gelernt, in die Fabelzeit zurückgedrängt worden, die Natur bietet eine bessere Eintheilung: in Küstenland und Binnenland dar, die Politik nennt fünf Provinzen: 1) Jemen, die südwestliche Ecke hat das berüchtigte Bab el mandab, die Todespforte, die gefährliche Meerenge, welche die Einfahrt in das rothe Meer bildet und die Stadt Mokka (nicht Mekka), woher der beste Kasse zu uns kommt. Es ist der reizendste Theil des ganzen Landes, ewig blühende Orangenwälder wechseln mit den prachtvollen Palmenwäldern ab. 2) Oman knapp am persischen Meer, zu dieser Provinz gehört die Insel Sokotarina, welche die beste Aloe liefert 3) Lachsa oder Hadsiar liegt am persischen Meerbusen und ist berüchtigt wegen der vielen Seeräuberhafen. Die Provinz hat die besten Perlenfischereien. 4) Nedsched und Jemama, der mitlere Theil von Arabien, das wüste und bergige Binnenland, Hauptsitz der Wachabiten, der Räuber im Lande, welche zu Roß oder auf Kameelen leben, wenig feste Wohnsitze haben, immer umherschweifen, endlich 5) Hedschas, eigentlich die erste, die wichtigste Provinz an der nördlichen Hälfte des rothen Meeres, mit den berühmten Städten Mekka und Medina. Es ist das heilige Land der Muhamedaner und der Juden. Dort ist das Thal Moses, dort sind die denkwürdigen Ruinen und Alterthümer von Pitru[257] und Jerasch, von Balbek und Palmyra, dort ist der Berg Sinai und im nördlichsten Theil, schon am mittelländischen Meere, nach Kleinasien zu, Jerusalem etc. Im Ganzen ist Arabien an den Küsten höchst furchtbar, hat ein angenehmes gemäßigtes Klima, bringt im Ueberfluß die köstlichsten Südfrüchte hervor, von der Pfirsich bis zur Dattel und Kokosnuß, fast alle Arten von Getreide, (wie wir denn das Mehrste von dort zu uns verpflanzt haben). Der Kasse wächst dort auf hohen Bäumen; Zucker, Aloe, Tabak, Indigo, Baumwolle, Balsam, Manna, Seide, wohlriechendes Holz, producirt das Land in Menge. Das Thierreich ist nicht minder reichhaltig, es gibt Löwen, Tiger, Panther, Hyänen, Leoparden in der Wüste und Kamele, Büffel, Antilopen, die alleredelsten Pferde der bekannten Welt, Zebra und Esel, von großer Schnelligkeit und schöner Gestalt, Füchse, Springhasen, Affen, Ziegen, Schafe mit den als Leckerbissen gesuchten Fettschwänzen, Pelikane, Schwäne, Strauße, aber leider auch Heuschrecken als Landplage, Skorpione und viele schädliche Insekten etc. Die Gebirge enthalten schlechtes Eisen, das die Araber jedoch durch Kunst zu den vortrefflichsten Stahlarbeiten zu verwenden wissen, mehrere Metalle mit Ausnahme der edlen, seine Edelsteine, und viele, den Einwohnern höchst wichtige Materialien, Mineralfarben, Bausteine, Kohlen etc. Kaum möchte es ein romantischeres, von der Natur reicher ausgestattetes Land geben als Arabien ist; denn die Plagen, welchen es zu Zeiten unterliegt, treffen nur die hochgelegenen, nicht vom Hauch des Meeres gekühlten Wüsten, nämlich die glühende Hitze und der giftige Samiel oder Samum. Alles, was schön genannt zu werden verdient, von den duftreichen Blumen, schlanken Palmen, von dem bunten Gefieder seiner Vögel, bis zu den Frauen, welche mit dem höchsten Reiz geschmückt sind, alles Das ist aus Amalthea's reichem Füllhorn über dieses glückliche Land geschüttet. Was Spanien Großes und Erhabenes in seiner Geschichte, was es Nützliches, Edles in seinen Einrichtungen und Gesetzen, was es Romantisches, [258] Ritterliches in den Sitten hat, das dankt es den Arabern. Ein Volk, beseelt von der glühendsten Liebe für die Schönheit der Frauen, wie für das Glück der gänzlichen Ungebundenheit, bewohnt jene Länder. Ein ätherisch ästhetischer, ein hoch poetischer Schwung halt sie fern vom Rauch und Qualm, von den beengenden Mauern der Städte; frei, wie der Adler im Blau des Himmels, ziehen sie mit ihrem ganzen Reichthum, mit ihren Herden der edelsten Rosse, mit ihren Kameelen, Schafen und Ziegen von Thal zu Thal, von Berg zu Berg, unter ihren Zelten von schwarzem Filz lebend, wie Abraham, Isak und Jakob, die Erzväter vor 3000 Jahren, von welchen sie, (und namentlich von Ismael Sohn Abraham's und der Hagar) ihr Geschlecht ableiten. Nur die Türken und Afrikaner (Mauren) leben in den Städten und betreiben den Landhandel durch Karavanen, den Seehandel durch Feluken und kleine Schiffe. Neben diesen sind noch Christen, Juden, Perser, Indier und Neger in den Städten und Hafenplätzen, welche der eigentliche Araber ganz geräumt hat. Das Volk ist sehr räuberisch, doch nie auf Kosten der Gastfreundschaft, welche es als die höchste Tugend ansieht. Ein »gelobt sei Gott und sein Prophet!« ist die Anrede des Fremden, und »Friede sei mit dir! du bist willkommen, was bedarfst du?« ist die Antwort, auf welche Unterstützung jeder Art, Wohnung, Kleidung, Essen und Trinken folgt, so lange der Fremde will. »Gott möge es dir vergelten!« ist seine Bezahlung für Jahre lange Liebe und Freundschaft. Die Söhne der Wüste (so nennen die Araber sich selbst am liebsten, Bedevi, Beduinen) sind groß, schlank, schön, von lebhafter, nicht gelber Farbe, voll Muth und Kraft, überaus geschickt in allen körperlichen Uebungen, in Führung ihrer trefflichen Waffen, im Reiten, Fahren, Schießen etc. Sie sind in der Astrologie, in ihrer Philosophie, in der Arzneikunde und in der Dichtkunst wohl unterrichtet, und haben für die Letztere mehr Sinn als irgend ein anderes Volk.

V.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 1. Leipzig 1834, S. 257-260.
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