[298] Putz, Verputz, Abputz, Bewurf, Bemörtelung, die an Wandflächen zur Verkleidung und zu ihrem Schutz angebrachte Mörtelmasse, die genügend anhaften muß und nicht stark schwinden, also aus nicht zu fettem Mörtel bestehen darf, da sich sonst Risse bilden würden.
Meist benutzt man für den ersten Bewurf einen Mörtel mit mittelgrobem Sand im Verhältnis von 1 : 2 und macht den Bewurf nur 5 mm stark. Auf diese erste folgt eine zweite Schicht, bei welcher etwas weniger Sand genommen wird, und zum letzten Bewurf, besonders zum Ziehen von Gesimsen, verwendet man feineren Sand. Risse werden am bellen vermieden, wenn man für den ersten Bewurf Zement im Verhältnis von etwa 1 : 4, dem äußersten im Verhältnis von 1 : 20 zusetzt [1]. Bües [2] befürwortet die Verwendung einer einzigen, etwa 15 mm starken Schicht. Als mittlere Stärke des Putzes sind 1315 mm anzuseilen, als obere Grenze gelten 2025 mm, als unterste 10 mm [3], S. 89. Zur Verwendung kommen Luftmörtel sowie hydraulischer Zement- und Kalkzementmörtel. Lehm- und Gipsmörtel können nur in vor Feuchtigkeit vollkommen geschützter Lage verwendet werden, ebenso ist Luftmörtel an Stellen, wo fortdauernde Feuchtigkeitsübertragungen stattfinden (z.B. an Sockelmauern), nicht brauchbar.
Je nachdem der Putz auf Mauerwerk oder auf Wänden, welche Holzteile enthalten (Fachwerkwände) oder an Holzdecken aufgetragen wird, sind die Bedingungen für die Austragung verschieden.[298]
Beim Mauerwerk (Mauerputz) muß ein möglichst vollkommenes Austrocknen und Setzen der Mauer abgewartet werden. Ferner ist die zu putzende Mauer sorgfältig von Staub und die Fugen sind von losen Mörtelstücken zu reinigen, worauf beim gewöhnlichen Putz zunächst die Fugen »bestochen« werden und ein erster dünner Bewurf erfolgt. Um beim zweiten Bewurf eine ebene lotrechte Fläche zu erhalten, wenden Lehrstreifen in lotrechten Abständen von 1,51,75 m und wagerechten Entfernungen von 11,25 m verputzt, die mit Hilfe des Richtscheites eingelotet und eingerichtet werden. Zwischen diesen wird der Putzmörtel mit der Kelle von der Tünchscheibe angetragen, durch das in die Höhe bewegte Richtscheit abgestreift und mittels der Kartätsche glattgerieben. Bei gekrümmten Flächen müssen die Reibebretter die entsprechende Krümmung besitzen. Am bellen eignen sich für den Verputz Backsteinmauern, besonders wenn die Lagerfugen nicht vollfugig gemauert wurden. Auf Bruchsteinmauern haftet der Putz um so besser, je mehr Fugen vorhanden sind und je rauher und poröser die Bruchsteine sind. Auf Lehmsteinmauern sowie auf Gußmauern haftet Kalkmörtel schlecht. Bei inneren Wänden wird hier daher häufig Lehmmörtel, bei äußeren Mauerflächen Zementmörtel verwendet, wobei die Mauerflächen durch Spicken mit Ziegelbrocken, durch Ueberziehen mit einem Strohlehmbewurf oder durch Anbringen von Backsteinschichten in gewissen Abständen für das bessere Anhaften des Mörtels geeignet gemacht werden. Bei Erneuerung des Putzes muß nach Entfernung der alten Schicht beim Backsteinmauerwerk ein Abreiben der Backsteine, beim Bruchsteinmauerwerk ein Ueberarbeiten der Mauerfläche mit dem scharfen Hammer oder der Zweispitze stattfinden.
Bei Fachwerkwänden werden an der Außenseite der Gebäude meist nur die Gefache verputzt. Bei Innenflächen von Fachwerkwänden sowie bei verschalten Deckenflächen wird das Holz zur Anhaftung des Mörtels meist berohrt, wobei 912 mm Harke Schilfstengel mittels Drahts und Rohrnägeln, in Abständen, die ihrer Stärke entsprechen, am Holz befestigt werden. Des schnelleren Abbindens wegen setzt man hier häufig dem ersten Bewurf etwas Gips zu. Wo Schilfrohr schwer zu haben ist, behilft man sich häufig mit Stroh oder mit aufgerissenen Ruten von Weiden-, Erlen-, Haselnuß- oder Eichenholz, die aufgenagelt werden. Die ungeeignetste Art bei Fachwerkwänden, die Holzflächen rauh und dadurch zum Festhalten des Mörtels geeignet zu machen, besteht im Aufhauen, Aufpicken oder Schuppen desselben mittels der Axt oder mit einem scharfen Mauerhammer; vgl. [3], S. 200.
Man unterscheidet ein-, zwei-, drei- und vierschichtigen Putz, je nach der Anzahl der aufeinander folgenden Mörtellagen. Der verschiedenen Behandlungsweise entsprechend gibt es außer dem vorhin besprochenen gewöhnlichen Putz noch folgende Arten: 1. Rapputz, die Berappung oder der rauhe Bewurf. Dieser erfolgt in dünner Schicht über die ganze Ausdehnung der Mauer mittels der Kelle. Die Oberfläche wird mit der Kelle geglättet oder rauh gelassen, und zwar bisweilen in der Weise, daß die Kellenwürfe Häuschen bilden (Kraus-, Tüpfel- oder Häuschenputz). 2. Der gestippte, gestäppte oder Besenputz ist ein Rapputz, dessen Oberfläche mit einem stumpfen Besen vor dem Festwerden »gestippt« oder »gestupst« wird, so daß sie ein gleichmäßig gekörntes Aussehen erhält. 3. Der Kieselbewurf wird erhalten, wenn auf dem Rapputz ein Bewurf mit einem Mörtel ausgeführt wird, welchem gesiebte Kiesel von der Größe einer Haselnuß beigemengt wurden. 4. Der Spritzbewurf oder Besenbewurf ergibt sich, wenn beim gewöhnlichen Putz der zweite abgerieben und ein dritter aus einem dünnen, mit Farbe abgetönten Mörtel aus Kalk mit nicht zu seinem Quarzsande in der Weise ausgeführt wird, daß er mit einem stumpfen Besen durch Anschlagen an ein in der linken Hand gehaltenes Holz an die Wand gespritzt wird. 5. Der seine Putz wird wie der gewöhnliche hergestellt, jedoch wird der zweite Bewurf mit der Kartätsche abgerieben und darauf ein dritter, aus etwas fetterem, mit ganz seinem Sande hergestellten Mörtel bestehender Bewurf aufgebracht, der mit nur leicht angedrücktem Reibebrettchen abgerieben wird. 6. Unter Stuck werden sehr verschiedenartige Mörtel verstanden, die sich, wenn mit Gips hergestellt, wesentlich nur für das Innere der Gebäude eignen, aus Kalk, Sand, Marmorstaub und Ziegelmehl jedoch auch vielfach, namentlich in Italien, geschliffen und poliert als Marmornachahmung für Fassaden verwendet werden (Stucco a lucido, Marmorino, Scaliolo u.s.w.); vgl. [3], S. 95, [5].
Literatur: [1] Handb. d. Architektur, Bd. 1, 1. Hälfte, 2. Aufl., Darmstadt 1895, S. 140. [2] Deutsche Bauztg. 1874, S. 179. [3] Handb. d. Architektur, 3. Teil, Bd. 2, Heft 1, Darmstadt 1891, S. 85 u. 200. [4] Der Tüncher, Stubenmaler, Stukkator und Gipser, Leipzig 1866, S. 162 ff.; Notizbl. d. Arch.-Ver. zu Berlin 1847, neue Folge, Bd. 1, S. 15.
L. v. Willmann.