[353] Bann (hebr. Cherem), das Verbotene, dessen Besitz und Verwendung den Israeliten nicht gestattet und als Gottesgreuel, mit dem Fluche behaftet, dem Heiligtum, bez. der Vernichtung geweiht war. Ursprünglich war er ein Gelübde, vermöge dessen Personen und Sachen Gott unwiderruflich als Eigentum geweiht wurden (3. Mos. 27,28 u. 29). Die Aneignung einer verbannten Sache war mit dem Tode bedroht. Banngelübde und Bannvollstreckungen zu Kriegszeiten sind theokratische Strafen in strenger und milderer Form und zeigen sich ähnlich auch bei germanischen und gallischen Stämmen sowie bei orientalischen Völkern. Eine dieser alttestamentlichen ähnliche Verbannung finden wir auch bei den Römern. Der im Neuen Testament erwähnte B. (s. Anathema) ist eine Strafe kirchlicher Art der spätern Juden, nämlich die Ausschließung aus der Gemeinde und die Aberkennung der religiösen Ehrenrechte. Nach drei Hauptbestimmungen wurde der B. verhängt: zum Schutz des persönlichen Rechts und der Wiederherstellung der verletzten Ehre, zur Aufrechthaltung der Sittlichkeit, zur Herstellung und Befestigung behördlicher Autorität und zur Erzielung einer Einheit in Leben und Lehre des Judentums. Bis in das Mittelalter war der vom talmudischen Recht näher bestimmte B., der in der leichtern Form Nidduj (»Exkommunikation, Ausstoßung«) hieß, in Übung; jetzt ist er staatlich verboten. Von dem Judentum ging die Exkommunikation (Kirchenbann) in die christliche Kirche über, ursprünglich als Zucht- und Erziehungsmittel und zum Schutz der Gemeinschaft vor[353] fremden Elementen; mit der steigenden Macht der Geistlichkeit aber ward der B. zur Strafe, und zwar war er nach der staatlichen Anerkennung des kanonischen Rechts mit den schwersten bürgerlichen Folgen verbunden. Wer sich dem Kirchenbann hartnäckig widersetzte, sollte in die Reichsacht (s. Acht), umgekehrt aber auch der Reichsächter in den Kirchenbann verfallen. Das Kirchenrecht unterscheidet den Kleinen B. und den Großen B. (Excommunicatio minor und E. major oder Anathema). Jener schließt nur von der Gemeinschaft der Sakramente aus und zieht die Unfähigkeit zur Erlangung kirchlicher Ämter nach sich, dieser schließt auch von jeder kirchlichen Gemeinschaft, vom bürgerlichen Recht und geselligen Verkehr aus, ohne jedoch die kirchliche Mitgliedschaft zu entziehen. Der B. ist entweder latae oder ferendae sententiae, jenes infolge einer allgemeinen gesetzlichen Vorschrift, dieses infolge eines Urteilsspruchs. Zu Verhängung des letztern ist jeder Geistliche befugt, der eine selbständige Jurisdiktion für das Gebiet seines Sprengels hat. Wird der Große B. öffentlich bekannt gemacht, so tritt für jeden Katholiken die Pflicht ein, den Verkehr mit dem Gebannten zu meiden. Der Aufhebung des Bannes muß die Kirchenbuße vorhergehen. Die neuere staatliche Gesetzgebung verbietet überall die Verbindung bürgerlicher Nachteile mit dem kirchlichen B. Die Ausdehnung des Bannes auf eine Ortschaft oder ein Land, d. h. das Verbot jeder kirchlichen Feier, hieß Interdikt (s. d.). In der evangelischen Kirche ist nur der Kleine B., die Ausschließung vom Abendmahl und andern kirchlichen Rechten, bis in die neuere Zeit als Zuchtmittel beibehalten worden. Vgl. Kober, Der Kirchenbann (2. Ausg., Tübing. 1863); Schilling, Der Kirchenbann nach kanonischem Recht (Leipz. 1859); Wiesner, Der B. und seine geschichtliche Entwickelung auf dem Boden des Judentums (das. 1864); Galli, Die lutherischen und kalvinischen Kirchenstrafen (Bresl. 1879); Sickel, Zur Geschichte des Bannes (Marburger Universitätsprogramm, 1886); Hinschius, Die preußischen Kirchengesetze des Jahrs 1873, S. 13 ff. (Berl. 1873).