Nielsen

[671] Nielsen, 1) Rasmus, dän. Philosoph, geb. 1809 als Sohn eines Kätners auf Fünen, gest. 30. Sept. 1884 in Kopenhagen, studierte zuerst Theologie unter Martensen und wurde 1840 Lizentiat, übernahm aber 1841 die Professur der Philosophie als eifriger Hegelianer, schloß sich indessen beim Auftreten Kierkegaards diesem an, gleichzeitig ein gründliches Studium der exakten Wissenschaften beginnend. 1864–1866 erschien sein Hauptwerk: »Grundideernes Logik« (2 Bde.), das im dänischen Geistesleben einen bedeutenden Streit hervorrief zwischen den Monisten (Martensen einerseits, Bröchner und G. Brandes anderseits) und Dualisten (N. und dessen Anhängern), welche letztern sowohl das Recht der Wissenschaft als die absolute Gültigkeit des Glaubens behaupteten. Auf Grundlage dieses Hauptgedankens veröffentlichte N. später noch seine beiden großen Werke: »Religions philosophie« (1869) und »Natur og Aand« (»Natur und Geist«, 1873). Vgl. Rosenberg, Rasmus N. (Kopenh. 1903).

2) Yngvar, norweg. Historiker, Geograph und Politiker, geb. 29. Juli 1843 in Arendal, wurde 1869 Assistent am Reichsarchiv, 1878 Vorsteher der ethnographischen Universitätssammlungen in Christiania und wirkt dort seit 1890 als Professor der Ethnographie. Obwohl N. nie dem Storthing angehört hat, spielt er doch im politischen Leben Norwegens eine hervorragende Rolle und war 1884–97 Vorstandsmitglied der konservativen Partei, zu deren schlagfertigsten Rednern erzählt. Von seinen wertvollen unionsgeschichtlichen Veröffentlichungen, deren Ergebnisse freilich von einzelnen schwedischen Staatsrechtslehrern (vgl. die Artikel »Alin«, »Kjellén« und »Varenius«) zum Teil angefochten wurden, seien genannt:, »Breve fra Grev H. v. Essen til Karl Johan« (Christ. 1867); »Bidrag til Norges og Sveriges Historie 1812 til 1816« (1869); »Grev Sandels' Statholderskab 1818 til 1827« (1873); »Grev v. Platens Statholderskab 1827–1829« (1875); »Aktmässige Bidrag til Sveriges Historie 1842–1813« (1877); »Aktmässige Bidrag til de Nordiske Rigers politiske Historie 1813–1814« (1878); »Det norske Rigsraad« (1880); »Indberetninger fra de österrgiske Gesandter i Kjöbenhavn 1807–1812« (1882); »Bidrag til Norges Historie i 1814« (1882–86, 2 Bde.); »Norges Historie efter 1814« (bis 1837 reichend, 1882–92, 3 Bde.); »Stormagternes Forhold til Norge og Sverige 1815–1819« (1886); »Kielerfreden« (1886); »Det förste overordentlige Storthing« (1886); »Diplomatiske Aktstykker vedkommende Norges Opgjör med Danmark 1818–1819« (1890); »Fra Kiel til Moss« (1894); »Aktstykker vedkommende Konventionen i Moss« (1894); »Der Vertrag von Mosi und die schwedisch-norwegische Union« (Kiel 1895); »Aktstykker vedkommende Stormagternes Mission til Kjöbenhavn og Christiania 1814« (Christ. 1893–97, 2 Tle.); »Bodösagen« (1897); »Aktstykker om Bodösagen« (1898–1900); »Lensgreve Herm. Wedel Jarlsberg 1779–1840« (1901–02, 3 Bde.); »Af Norges Historie« (populär, Stockh. 1904). Von seinen Beiträgen zur Geschichte der Hansa in Norwegen sei »Bergen fra de äldste Tider indtil Nutiden« (1877) genannt. Ferner schrieb er: »Kampen [671] om Trondhjem 1657–1660« (Drouth. 1897) Ethnographischen Inhalts sind: »Reisebreve og Folkelivsstudier« (Christ. 1881) und »Träk af den norske Bondestands Kulturudvikling« (1882) u.a. Auch um die geographische Erforschung Norwegens machte sich N. verdient, er gehört zu den Stiftern der Geographischen Gesellschaft (1889), wurde 1890 Vorsitzender des norwegischen Touristenvereins und veröffentlichte mehrere Reisehandbücher, darunter ein solches in deutscher Sprache: »Norwegen, Schweden und Dänemark« (in »Meyers Reisebüchern«, 8. Aufl., Leipz. 1903) sowie das illustrierte Werk »Rundt Norge« (1882). Er ist seit 1903 Vorsitzender des norwegischen Historischen Vereins und der historischen Kommission. 1894 beteiligte er sich wesentlich an der Errichtung konservativer Arbeitervereine und war 1897–1904 Vorsitzender ihrer Landesorganisation. Seit 1904 veröffentlichte er über die älteste Geschichte und Kultur von Norwegen Abhandlungen, die an geographische Gesichtspunkte anknüpfen.

3) Frederik Christian, dän. Kirchenhistoriker und Bischof, geb. 1846 in Aalborg, studierte, angeregt durch den dortigen Bischof P. C. Kierkegaard, Bruder von S. Kierkegaard (s. d.), Theologie, bereiste darauf Deutschland, wo insbes. Karl Hase Einfluß auf ihn gewann, und die Schweiz, wurde 1873 Prediger an der Erlöserkirche in Kopenhagen und hielt seit 1875 zugleich als Privatdozent Vorträge über Kirchengeschichte an der Universität; 1877 wurde er ordentlicher Professor mit Kirchen- und Dogmengeschichte als Hauptsach, 1900 Bischof von Aalborg und 1905 Bischof von Aarhus. 1892–99 war er Mitglied des kirchlichen Rates, seit 1903 des kirchlichen Ausschusses für die Herstellung einer Verfassung für die dänische Volkskirche, auch war er Mitherausgeber des »Neuen Gesangbuches für Kirche und Heimat« (autorisiert 1899). Er schrieb unter andern: »Romerkirken i det XIX. Hundredaar«. I. Pavedömmet (1876; 2. erweiterte Ausg. 1895–98; die erste Ausgabe erschien als »Geschichte des Papsttums«, deutsch von A. Michelsen, 2. Aufl., Gotha 1880, 2 Bde.; die zweite in englischer Übersetzung, Lond. 1906, 2 Bde.); II. Det indre Liv (deutsch von A. Michelsen u. d. T.: »Aus dem innern Leben der katholischen Kirche«, Karlsr. 1882); »Freimaurerei und Christentum« (auch deutsch, 3. Aufl., Leipz. 1884); »Haandbog i Kirkens Historie« (1884–88, 2 Bde.; 2. Aufl. 1893 bis 1898); »Grundtvigs religiöse Udvikling« (1889); »Luther og Grundtvij« (1890); »John Wesley og den engelske Statskirke« (1891); »Charles Kingsley og den kristelige Socialisme i England« (1888); »Romersk-katolske Angreb paa Luthers Person« (1893); »Edvard Irving« (1894); »Ledetraad i Kirkens Historie«, I u. II (5. Aufl. 1905; erscheint 1906 in magyarischer und slowakischer Übersetzung von L. S. Szeberényi in Békés Czaba, Ungarn); »Kirkehistorie«, I. Oldkirken og Middelalderen (1902), II. Den nyere og den nyeste Tid (1903 f., erscheint in Heften; zugleich in schwedischer und finnischer Übersetzung). Mit andern gibt N. das »Kirke-Leksikon for Norden« (1896, bis jetzt 3 Bde.) heraus. Er war auch Teilnehmer an der Revision der dänischen Agende (1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 671-672.
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