[390] Wartburgfest, das am 18. Okt. 1817 auf der Wartburg (s. d.) gefeierte Fest, das die Jenaer Burschenschaft anregte, um die dritte Säkularfeier der Reformation mit der Erinnerung an die Leipziger Schlacht zu verbinden und dadurch die nationale Bedeutung beider Ereignisse zum allgemeinen Bewußtsein zu bringen. Abgeordnete aller Universitäten wurden dazu eingeladen. Großherzog Karl August gab seine Einwilligung, und so zogen 17. Okt. 1817 etwa 500 Studenten von den meisten deutschen Universitäten (200 von Jena) in Eisenach ein. Am 18. Okt. früh 6 Uhr versammelten sich die Studenten auf dem Markt zu Eisenach und zogen auf die Wartburg, wo man im Rittersaal in Gegenwart der Jenaer Professoren Schweitzer, Oken, Kieser und Fries das Lutherlied »Ein' feste Burg ist unser Gott« sang und der Student der Theologie Riemann aus Mecklenburg eine Rede hielt. Am Nachmittag veranstaltete Generalsuperintendent Nebe in Eisenach einen Festgottesdienst. Am Abend wurden nach einem Fackelzug auf dem Watenberg die gewohnten Siegesfeuer für die Leipziger Schlacht angezündet und mehrere Reden für Deutschlands Ruhm und Größe gehalten. Schon hatte sich die Mehrzahl der Beteiligten entfernt, als einige zurückgebliebene Studenten ohne Wissen des festordnenden Ausschusses einem plötzlichen Einfall zufolge verschiedene Schriften oder die Titel von solchen (unter andern von Schmalz, Kamptz, v. Ancillon, v. Kotzebue, v. Haller, Dabelow, der Code Napoléon), zusammen 28, die mit der allgemeinen Volksstimmung im Widerspruch zu stehen schienen, dazu eine Schnürbrust, auf das übliche Schnüren der Offiziere zielend, einen Haarzopf, auf die Zöpfe in Hessen deutend, und einen Korporalstock feierlich verbrannten. Am 19. Okt. begaben sich die in Eisenach zurückgebliebenen Studenten wieder auf die Wartburg und hielten nochmals Reden. Zuletzt genoß man das Abendmahl in einer Kirche von Eisenach. Das W. machte ungemeines Aufsehen. Die Schriftsteller, deren Werke verbrannt worden waren, schlugen ungeheuern Lärm, und den Staatsregierungen wurden angebliche auf der Wartburg gestiftete geheime staatsgefährliche Verbindungen denunziert; auf Veranlassung der deutschen Großmächte mußte der Großherzog von Weimar gegen Fries und Oken eine Kriminaluntersuchung einleiten. Obschon beide freigesprochen wurden, gründete doch Alexander Sturdza (s. d. 1) mit hierauf seine Anklage der deutschen Hochschulen; durch Karl Sand (s. d.) erhielt die Wartburgfeier neue Bedeutung und trug viel zu den Maßregeln bei, welche die Regierungen gegen die deutschen Akademien und namentlich gegen die Burschenschaften ergriffen (Demagogenverfolgung). Vgl. Kieser, Das W. am 18. Oktober 1817 in seiner Entstehung, Ausführung und Folgen (Jena 1818); Rob. und Rich. Keil, Die burschenschaftlichen Wartburgfeste von 1817 und 1867 (das. 1868).