[45] Alexander der Grosse, König von Macedonien, der Sohn des Königs Philipp und der Olympias, geb. zu Pella 356 v. Chr., Macedoniens größter Held, der mit einer geringen Macht sich ganz Griechenland unterwarf, dann das pers. Reich eroberte und auf kurze Zeit eine Weltherrschaft begründete, erregte schon als Knabe die Bewunderung des Volkes durch seinen Herrschersinn und seine Ruhmsucht, die sich in Wort und That aussprach. Nach jeder Nachricht von einem neuen Siege seines Vaters begann er zu weinen, weil, wie er meinte, für ihn selbst nichts zu erobern übrig bleibe. Bei sehr kleinem Körper besaß er außerordentliche Kraft, wie denn nur er allein das edle Streitroß Bucephalus zu bändigen vermochte. Seine frühe und reiche Geistesentwickelung verdankte er vorzüglich seinem Lehrer, dem Philosophen Aristoteles, der ihn zu den schönsten Vorbildern der alten Zeit, zu den Helden Homer's, führte, damit sich an ihnen das junge Gemüth kräftige und die Ruhm- und Ehrsucht des Jünglings eine edle Richtung nehme. Schon im 16. Jahre übernahm A., als sein Vater gegen Byzanz zog, die Zügel der Regierung, schlug in dessen Abwesenheit die Meder, welche einen Einfall in Macedonien versuchten, und eilte hierauf seinem Vater in Chersonesus zu Hülfe. Wunder der Tapferkeit verrichtete er in der Schlacht bei Chäronea, Chr., sodaß sein Vater in die Worte ausbrach: »Mein Sohn, suche Dir ein anderes Reich Macedonien ist für Dich zu Urin!« Als Philipp A.'s Mutter verstieß, entzweite sich der Sohn mit ihm und ging nach Epirus; doch bald kam eine Versöhnung zu Stande. Allein kaum war A. zu dem verzeihenden Vater zurückgekehrt, als dieser durch Mörderhand, 336 v. Chr., fiel. Die unterjochten Völker ergriffen jubelnd, als hätte dieser Tod das Zeichen zur allgemeinen Freiheit gegeben, die Waffen, um Macedoniens lästiges Joch abzuschütteln; doch A. war noch schneller im Handeln als sie. Nicht achtend auf den Rath seiner Freunde, Griechenland einstweilen aufzugeben, zog er mit seinen wenigen Getreuen aus, schlug die Empörer, ehe sie sich noch vereinigt hatten, unterwarf sie mit leichter Mühe und schreckte die übrigen durch große Strenge. Die Stadt Theben, da sie ihm nicht sogleich die Thore öffnete, nahm er mit Sturm und ließ sie unter Trompetenschall, bis auf die Tempel und das Haus des Dichters Pindar, von Grund aus zerstören, einen großen Theil ihrer Einwohner ermorden und die übrigen, mit sehr wenigen Ausnahmen, in die Sklaverei führen. Hierauf ließ er sich in einer Versammlung der griech. Staaten zu Korinth als Oberbefehlshaber der Griechen gegen die Perser bestätigen und alsbald begann auch der blutige Krieg in Kleinasien. Mit etwa 38,000 Streitern setzte er über den Hellespont und eroberte, nachdem er 334 am Granikus gesiegt, ohne Widerstand zu finden die blühenden Küstenländer Kleinasiens. Im folgenden Jahre löste er beim weitern Vordringen zu Gordium den Spruch des Orakels: daß nur Der, welcher den gordischen Knoten lösen würde, Asien erobern könne, dadurch, daß er ihn mit dem Schwerte zerhieb. Eine Krankheit hemmte auf kurze Zeit seinen Siegeslauf; während derselben zeigte er die ganze Hoheit seines Charakters; in dem Augenblicke nämlich, als sein Arzt, dem er unbedingt vertraute, ihm einen Trank zu reichen im Begriffe stand, ward er durch einen Brief benachrichtigt, daß ihn derselbe vergiften wolle. A. las denselben, reichte ihn dem Arzte und nahm den Trank. Kaum genesen, zog er dem Könige Darius, der an der Grenze Ciliciens sich aufgestellt hatte, entgegen, zwang ihn bei Issus, 332, zur Schlacht, siegte und machte reiche Beute. Unter den Gefangenen waren auch des Darius Mutter und Gemahlin, welche Beide von A. mit Edelmuth behandelt wurden. Schnell eroberte er hierauf Syrien, Phönizien und Palästina bis an die ägypt. Grenze, indem nur Tyrus ihm sieben Monate Widerstand leistete. Ägypten begrüßte ihn als Befreier vom pers. Joche. Nachdem er daselbst die nach ihm benannte Stadt Alexandria gegründet und von den Priestern des damals weltberühmten Tempels des Jupiter Ammon in der libyschen Wüste für einen Sohn ihres Gottes erklärt worden war, ging er, die Friedensanerbietungen des Darius verwerfend, über den Euphrat und Tigris und machte durch den Sieg in der Schlacht von Gaugamela bei Arbela, 331 v. Chr., dem pers. Reiche ein Ende. Babylon, Susa und Persepolis, wo er das heilige Nationaldenkmal der Perser im Rausche, auf Zureden seiner Buhlerin Thais, mit eigner Hand in Brand steckte, fielen in des Siegers Hände, der hierauf schnell die nördl. Provinzen des pers. Reichs eroberte. Als A. jedoch erfuhr, daß der Satrap Bessus in Baktrien den König Darius, um sich unabhängig zu machen, gefangen halte, eilte er, ihn zu befreien. Doch er fand ihn bereits ermordet, vergoß Thränen bei dem Anblicke desselben und gestattete der Mutter, den Sohn auf das Ehrenvollste zu begraben. In schnellen Siegen eroberte er, 330, Parthien und Medien, unterjochte hierauf, 328, die Völkerschaften bis an den Jaxartes, wo ihn die Königin der Amazonen besucht haben soll, und die Eroberung Indiens war jetzt das Ziel seines Strebens. Doch der gute Geist schien von ihm gewichen zu sein; siegestrunken überließ [45] er sich den größten Ausschweifungen. Schon früher hatte er seinen treuen Feldherrn Parmenio morden lassen; seinen Freund Klitus tödtete er im Rausche, doch war er hierüber untröstlich, als er wieder zur Besinnung kam; den Philosophen Kallisthenes ließ er hinrichten, weil dieser sich weigerte, ihn als Gott zu verehren, und viele andere seiner Freunde fielen als Opfer seines Mistrauens. Im I. 327 drang er in Vorderindien ein, bekämpfte alle Hindernisse der Natur und der Bewohner, ging über den Indus, dann über den Hydaspes und drang, den Ländern am Ganges sich nähernd, bis zum Flüßchen Hyphasis vor; doch hier weigerten sich seine Scharen, weiter zu gehen; weder Bitten noch Strenge vermochten etwas und misvergnügt trat A. den Rückzug zum Hydaspes an, schiffte hier einen Theil seines Heeres ein, der nach mehren Monaten die Mündung des Indus und so das Weltmeer erreichte. A. aber ging mit den übrigen Truppen den mühsamen und gefahrvollen Weg durch die Sandwüsten von Gedrosien und Karmanien nach Persien und von da nach Babylon zurück, wo er 325 anlangte. A.'s kriegerische Laufbahn war vollendet und er dachte jetzt an die innere Einrichtung des unermeßlichen Reichs. Die verschiedenartigsten Völker wollte er zuvörderst eng miteinander verschmelzen durch Heirathen, allgemeine Betriebsamkeit und Gleichheit der Sitten. Er selbst hatte sich in Susa mit zwei pers. Fürstinnen vermählt. Babylon sollte die Hauptstadt sein, von wo aus das ganze Reich regiert würde. Aber alle seine großartigen Plane, die er noch hegte, vereitelte sein Tod, 323 v. Chr. Niemand war zum Thronfolger bestimmt, denn der eigentliche Erbe, Alexander Ägeus, wurde von der Roxana erst nach A.'s Tode geboren und so geschah es, daß über die Erbschaft unter den Feldherren A.'s ein so heftiger Streit gleich nach dessen Tode entbrannte, daß man selbst die Leiche zu beerdigen vergaß. Erst später dachte man daran und führte sie in einem goldenen Sarge auf einem überaus prächtigen Wagen nach Ägypten ab.