[148] August II., genannt der Starke, König von Polen und Kurfürst von Sachsen, 1694–1733, als welcher er den Namen August Friedrich führt, geb. zu Dresden am 12. Mai 1670, der zweite Sohn Johann Georg III., erfüllte bei der Richtung, welche verfehlte ehrgeizige Pläne und ein übermäßiger Hang zum Vergnügen ihn nehmen ließen, durchaus nicht die großen Hoffnungen, die man in seiner Jugend zu erwarten berechtigt war.
Seine außerordentliche Leibesstärke, welche Viele als eine Wirkung früh genossener Löwenmilch betrachteten, mag er nächst der natürlichen Anlage wol vorzüglich gymnastischen Übungen verdanken. Nachdem er eine sorgfältige Erziehung genossen, schickte[148] ihn sein Vater auf Reisen, und er besuchte fast alle Höfe Europas. Hierdurch gewann er an Weltbildung, aber es ward auch durch den Einfluß niedriger Schmeichler ein verderblicher Ehrgeiz in ihm entzündet, der mehr in einer prunkenden Scheingröße, als in einem wahrhaft großen und eines Fürsten würdigen Streben Befriedigung suchte. Gleichwol findet sich auch in dem wechselvollen Leben dieses Fürsten, namentlich in den Zeiten des Misgeschicks, ein Zug von Geisteshoheit, der es bedauern läßt, daß es ihm so ganz an Festigkeit des Charakters gebrach. Die freundschaftliche Verbindung, die er während seines Aufenthalts am wiener Hofe mit dem Könige von Ungarn, nachmaligem Kaiser Joseph I. angeknüpft, ward Veranlassung, daß ihm bald nach dem Antritte seiner Regierung im J. 1694 das Commando über das kais. Heer gegen Sultan Mustapha II. übertragen wurde. Er legte es nieder, nachdem er – die Eisenhand, wie ihn die Türken seiner Stärke wegen nannten – in dem blutigen Treffen bei Ochatz, 1696, das Schlachtfeld hatte räumen müssen. Polens erledigter Thron gab seinem Ehrgeize eine andere Richtung. Durch Östreichs Einfluß, durch die Unterhandlungen seines Vertrauten, Heinrich von Flemming, vor Allem durch zwei Mill. Thaler und durch den Übertritt zur katholischen Kirche errang er sich 1697 die poln. Krone. Übertriebene Verschwendungen vernichteten hierauf sehr bald den Wohlstand seines Erblandes, sodaß er, als die Hülfsquellen immer mehr zu versiegen anfingen, sich genöthigt sah, mehre Theile desselben und die Ansprüche auf verschiedene Gebietstheile zu verkaufen. Während seiner Abwesenheit hatte ein von ihm eingesetzter Revisionsrath fast unumschränkte Vollmacht. Auf die nachdrückliche Beschwerde der Stände über die Willkürlichkeiten des Revisionsrathes und über die verfassungswidrige Einführung der Generalaccise erfolgte nur theilweise Abhülfe, im Gegentheil wurden nur immer neue Abgaben geschaffen. Die Verpflichtung A.'s im Kronvertrage, die der Krone Polen entrissenen Ländereien wieder zu erobern, gab ihm 1699 den Vorwand zu dem Offensiv- und Defensivbündniß mit dem Könige von Dänemark und Peter I. gegen Karl XII. von Schweden, der im Besitz des ihm von Polen im Frieden zu Oliva abgetretenen Lieflands war. Allein schon im nächsten Jahre schloß Dänemark mit Karl XII. einen Separatfrieden; in Liefland aber mußten die Sachsen das von Dahlberg tapfer vertheidigte Riga aufgeben, da sie den ihnen von Patkul vorgespiegelten Beistand des Adels nicht fanden. Die Russen wurden hierauf bei Narwa und das vereinte Heer an den Ufern der Düna (1701) geschlagen. Als noch überdies die poln. Stände A. ersuchten, die sächs. Truppen aus Polen herauszuziehen, sah er sich genöthigt, um Frieden zu bitten. Karl aber verlangte von ihm Verzichtleistung auf die poln. Krone und ließ die schöne Gräfin Aurora von Königsmark, welche A. als Unterhändlerin zu ihm sandte, nicht einmal bei sich vor. Die Niederlage des sächs.-poln. Heeres bei Klissow (1702), eine spätere der Sachsen bei Pultusk (1703), der Überfall in Krakau, wo A. sich schleunigst flüchten mußte, und ein schwed. Heer vor Warschau machten es A.'s Gegnern leicht, Stanislaus Lesczinski, Woiwoden von Posen. nach Karl's Willen 1704 zum Könige von Polen zu erheben. Nach der Niederlage des sächs. Feldmarschalls Grafen Schulenburg bei Fraustadt (1706) schloß A. mit Karl XII. einen Separatfrieden; allein von Peter I., dem dieses noch unbekannt war, dazu gedrängt, mußte er bei Kalisch den schwed. General Mardefeld angreifen, dessen ganzes Corps, da dieser den Wink, auf ein Scheingefecht einzugehen, nicht verstand, fast gänzlich aufgerieben wurde. Zu den Bedingungen des darauf folgenden Friedens zu Altranstädt am 24. Sept. 1706 gehörte unter andern, daß A. den General Patkul an Karl ausliefern und seinem Nebenbuhler Stanislaus bei Uberlieferung der Kronjuwelen in einem besondern Schreiben zum Regierungsantritte gratuliren mußte.
Ungeachtet dieser Demüthigung und der 23 Mill. Thaler, welche der schwed. Krieg seinen Erblanden gekostet hatte, konnte A. den Verlust der poln. Krone nicht verschmerzen. Bald nach der für Karl XII. unglücklichen Schlacht bei Pultawa am 8. Jul. 1709 erklärte er die Wahl des Stanislaus für ungesetzlich und den Frieden von den Schweden für verletzt. Von Neuem schlossen sich ihm Rußland und Dänemark und später auch Preußen an; allein da jede der verbündeten Mächte nur für sich den größten Vortheil zu ziehen suchte, so dauerte ungeachtet ihrer Übermacht der Krieg unter wechselndem Glücke fort, bis Karl XII. in den Laufgräben vor Friedrichshall, 1718, den Tod fand. Hierauf ward 1719 ein Waffenstillstand geschlossen, dem später der Friede folgte. Die poln. Krone aber mußte sich A. im Kampfe mit den conföderirten Polen und von Stanislaus Lesczinski mit einer Million Thaler erkaufen. Anstatt in der nun folgenden Friedenszeit die Wunden, welche er dem Lande geschlagen, durch weise Sparsamkeit zu heilen, fuhr er fort, seiner Prachtliebe und Vergnügungssucht, seinen Günstlingen und Maitressen, sowie seiner Baulust Summen zu opfern, die das erschöpfte Land, obgleich durch manche zweckmäßige Anordnung Fabriken und Handel aufblühten, kaum aufzubringen [149] vermochte. Anerkennung verdienen die unter seiner Regierung eingeführten Verbesserungen in der Gesetzgebung, im Münzwesen, Bergbau und Postwesen. Er starb am 1. Febr. 1733. Von seiner Gemahlin, Christine Eberhardine, Tochter des Markgrafen von Brandenburg-Kulmbach, hatte er nur einen Sohn, August, der ihm als Kurfürst und später als König von Polen in der Regierung folgte. Unter seinen natürlichen Söhnen mit der Gräfin von Königsmark zeichnete sich Moritz, der nachmalige Marschall von Frankreich, aus. A.'s Andenken bewahrt die oben abgebildete, stark vergoldete, auf dem Marktplatze zu Neustadt-Dresden aufgestellte Reiterstatue.