Frauen

[230] Frauen. Die Kulturgeschichte der Frauen ist zugleich die der ganzen Menschheit; denn die Frauen sind der Hebel, ihre Bildung ist der Maßstab für jede Kultur. Wo das Weib die Sclavin des Mannes, wo sie ohne höhere Liebe an ihn gefesselt, wo sie ausgeschlossen ist vom öffentlichen Leben, wo sie keine berathende Stimme hat im großen Familienverbande der Nation, da gibt es keine Kultur! In jenen gesegneten Ländern des Orients wohnen Menschen mit dem Anstriche einer seinen Bildung, sie haben Wissenschaften und Künste, besitzen ausgezeichnete technische Fertigkeiten und überraschende geistige Anlagen; aber sie sind dessen ungeachtet halbe Barbaren. Sie erniedrigen das Weib, hängen am Aberglauben, fügen sich der Willkür, üben die Willkür gegen das zartere Geschlecht, fußen nicht auf der Grundbasis des allgemeinen Menschenrechtes, und stemmen sich, eingerostet in den Sarg veralteter Institutionen, gegen jeden Impuls der Erhebung, die ihnen Intelligenz, Moral und Philosophie darbieten. – Die Allmacht hat, um das Ideal der Menschheit zu erzielen, die Idealität in beiden Geschlechtern ausgeprägt; nur die Vereinigung beider, ihrer gleich großen, wenn auch verschiedenen Anlagen und Fähigkeiten, das Zusammenwirken derselben, bildet das Meisterwerk der Schöpfung. – Mann und Weib im Vereine sind dieses Ideal. Eins ergänzt und fördert so die Eigenschaften und Kräfte des Anderen. Wo das Weib im Völkerleben ganz passiv dasteht, da ist der Mann[230] noch auf einer niedern Stufe der Kultur, da hat er seine geistige Reise noch nicht erlangt. Es kann hier nicht davon die Rede sein. wie die Weiber zu allen Zeiten und unter den verschiedenartigsten Verhältnissen der Nationalität, Gesittung, Religion etc. das wurden, was sie waren, sondern nur davon, welchen Einfluß sie unter den obwaltenden Umständen auf das Fortschreiten des Menschengeschlechts, auf Sittlichkeit, auf das Schöne und Erhabene in Staat und Haus, in Poesie und Wissenschaft ausgeübt haben! – Die Grundzüge des Weibes, dem Manne entgegengestellt, sind: Sanftmuth, Milde, Ausdauer im Leiden, Kraft in der Gefahr, Hingebung, Herzensgüte, Demuth. – Läßt sich der ideale Mensch, wenn gleich im Besitze von Heldenmuth, Hochherzigkeit, Schöpfungskraft, Großmuth, Treue und Festigkeit, ohne jene Eigenschaften denken? – Das Weib ergänzt den Mann, beider Vereinigung ist der Grundtypus der Gottheit im Menschen. Er ist die Ulme, sie die Rebe; er voll Kraft, hoch emporstrebend, voll Mark, schattenreich; sie, zart, duftig, glühend im Innern, leicht zu beugen, aber voll herrlichen Feuers, fruchtbringend, begeisternd: Rebe und Ulme geben nur vereinigt ein Bild, nicht aber abgesondert. – »Die erste und vorzüglichste Eigenschaft der Frauen,« sagt ein Schriftsteller, »ist die Sanftmuth. Einem so unvollkommenen Geschöpf, wie dem Manne, der so oft voller Fehler und Gebrechen ist, zum Gehorchen geschaffen, muß sie frühzeitig selbst Ungerechtigkeiten ertragen lernen. Die Frau hat Alles gegen sich: des Mannes Fehler, ihre Schüchternheit, ihre Schwäche; zu ihrer Vertheidigung hat sie bloß ihre Sanftmuth, ihre Schönheit.« – Aber zu welcher moralischen Größe, zu welcher Hohe der Kraft erhebt sich nicht das Weib in den entscheidendsten Momenten des Lebens! Die Geschichte gibt tausendfache Antwort darauf. – Man nennt die Frauen das schwache Geschlecht; aber sind Treue, Liebe, Milde, Herzensgüte, Begeisterung, Selbstaufopferung, grenzenlose Hingebung, Schwächen? Schwäche ist nur Unzulänglichkeit einer Eigenschaft, nicht aber die[231] Eigenschaft selbst, durch welche eine andere bedingt wird. Der Schöpfer hat das Maß der Eigenthümlichkeiten der doppelten Menschennatur wohlweise gleichmäßig vertheilt. Das Zusammenklingen der Töne bildet erst die Harmonie und ohne Harmonie ist die Musik todter Schall. – Virey sagt: »Man kann dem Weibe weder Geist, noch Anmuth, noch Zartheit, noch jene seine lebendige Rundung, die zu den Reizen seines Geschlechtes gehört, in allen seinen Werken, der Feder, des Pinsels absprechen. Es übertrifft den Mann in dieser Hinsicht und es gibt mehr geistreiche Frauen, als geistreiche Männer; denn nach der Art, wie diese jene Eigenschaften entwickeln, muß das weibliche Geschlecht wegen seiner lebhaften äußern Sensibilität, seiner Beweglichkeit, wegen des Reizenden und der Feinheit seiner Bemerkungen hierin den Vorrang haben. Das Weib fühlt richtiger die Verhältnisse des Schicklichen und Unschicklichen, es betrachtet die Einzelnheiten genauer, es schmiegt sich leichter an Alles an. Da es aber minder kräftig organisirt ist, muß es die moralische und physische Ueberlegenheit dem Manne einräumen.« – Und wir fügen hinzu: Gleichmäßig muß der Mann in allen edlern Regungen des Geistes und Gemüthes wieder dem Weibe die Ueberlegenheit einräumen. Besitzt der Mann höhere Schöpferkraft, so ist das Weib phantasievoller, ist er speculativer, so ist sie idealer, ist er besonnen in der Ruhe, so ist sie entschlossen in der Gefahr. Er bedenkt, bevor er fühlt, sie fühlt, bevor sie bedenkt. Ihr lebhaftes Gefühl läßt sie an jedem Unglück theilnehmen; der Anblick des Schmerzes, des Elendes reizt sie nicht bloß zum Mitleiden, sondern zur schnellen Hilfe. Der Mann überlegt erst, ob er ohne eigenen Nachtheil helfen soll, die Frau hat schon geholfen, noch bevor sie an die eigene Gefahr gedacht. Ihr zartes Mitgefühl bewahrt sie zugleich vor dem Demüthigenden beim Wohlthun, was der Mann nicht immer vermeidet. Ein gutes Herz, ein gebildeter Geschmack und gesunder Menschenverstand sind ihre Schutzengel und zugleich die Schöpfer von tausend heiligen[232] und beglückenden Freuden. – Man sagt: der Mann ist für die Welt geschaffen, das Weib für die Familie; ihm liegt die Ausführung großer wichtiger Entwürfe für die Menschheit ob, er muß erringen und regieren; ihr kommt die Sorge für den stillen Familienkreis zu. Dieß auch zugegeben, so wirkt sie durch Erziehung auf die künftige Generation, durch ihre verschiedenen Eigenschaften auf den Mann, durch ihre Liebe auf den Familienverband, durch ihre liebenswürdigen, reizenden Eigenheiten auf die Geselligkeit und deren höhere Ausbildung, durch die Zugabe ihrer milden Elemente zu den kräftigen des Mannes auf das Gesammtleben, die Kultur; also mittelbar auf die ganze Menschheit ein. Ist das Weib sonach nicht auch für die Welt geschaffen? – Die Stellung des Mannes wie des Weibes darf man nicht verrücken, nur von ihr aus ist die Gesammtwirkung, die wohlthätige, segenbringende Gesammtwirkung des schaffenden, belebenden, erwärmenden, Wachsthum und Vollendung befördernden Menschengeistes möglich. Ohne Mitwirkung der Frauen gäbe es keine Kultur, wie wir sie im edlern Sinne kennen. Von der Erde zum Himmel und vom Himmel zu der Erde steigt der befruchtende Regen und die Iris spannt den Bogen wohl durch die Wolken, aber sie fußt auf der erzeugenden Mutter Erde. Die Erde gibt die krystallenen Tropfen, die Sonne den Glanz, Licht und Wärme müssen wirken, damit die Erde befruchtet werde und die Blüten werden nur Blüten, weil ihnen eine Sonne scheint. – Das Weib fühlt richtiger alle Verhältnisse als der Mann, es besitzt viel Scharfsinn, erräth leichter, durchschaut schneller. Entwickelt es im Umgange nicht immer Ueberlegenheit und Hoheit, so mangelt es ihm nie an Würde, nie an Liebenswürdigkeit. Jede Frau kann liebenswürdig sein, selten der Mann. Reißt er z. B. in der Unterhaltung hin, so fesselt sie; erobert er gewaltsam, so unterwirft sie friedfertig; verheert er mit Feuer und Schwert, so predigt sie das Evangelium; überzeugt er, so überredet sie; wo er Gründe bedarf, hat sie schon Glauben, wo er Treue schwört, hat sie diese schon geübt. Was wäre die[233] Welt, die Menschheit und ihre Geschichte, würde sie nur durch Ausbrüche der Gewalt in ihrer Bahn vorwärts getrieben, ohne Beimischung der sanfteren Elemente? – Zwei Genien standen an der Wiege der Menschheit; der eine brachte dem Kinde Blumen, der Andere Früchte dar. Also von Blumen und Früchten sei das Leben durchzogen; ohne Blüte wird keine Frucht und der Fruchtsamen entwickelt sich ja wieder zur Blüte! – Es ist eine alte Floskel gewisser Schriftsteller, die da sagen, das Weib stehe zwar idealer da, als der Mann, wenn es aber einmal sinke, so sinke es tiefer als der Mann. – Nein! das Weib sinkt nie tiefer als der Mann, nur ist sein Fall überraschender, greller, als der des Mannes, weil das Weib selten sinket. Der Stein von der Felswand losgerissen und das Blatt von Sturme hinabgeweht: beide sinken gleich tief in den Abgrund, nur der Stein rascher, weil er ein fester Körper ist und ihn eine gewisse Kraft hinabschmettern muß, das Blatt langsamer, weil der Hauch der Luft genügt, es vom Zweige zu brechen. Bevor das Weib sinket, durchlebt es einen ungeheuern Kampf: denn die Scham ist ihr Panzer, der sich nur schwer trennt. – Man hat den weiblichen Tugenden eine Menge Fehler entgegengestellt, die dem Geschlechte vorzugsweise eigen sein und eine gleich große Anzahl der männlichen aufwiegen sollen. Wir wollen hier einige derselben näher beleuchten. Nehmen wir vorerst die Eifersucht! Sie ist nichts als eine krankhafte Stimmung des Herzens: so grenzenlos und häßlich sie aber in ihren Verirrungen und Ausartungen ist; so ist sie doch das Kind einer göttlichen Mutter: der Liebe. Nur aus grenzenloser Liebe entspringt die Eifersucht und wer sie schonungslos verdammt, verdammt auch die heiligste der Leidenschaften. Wer vor einem scheinbaren oder wirklichen Verluste nicht zittert, ist nicht glücklich im Besitze; wen keine Leidenschaft beseelt, der kann auch keine erwecken; wer treu liebt, wünscht Treue um Treue, wer seine Seele hingibt, bedarf der Anderer, um zu leben? Das edelste Weib, das da liebt, wird nie ganz[234] von Eifersucht frei sein; aber es wird sie beherrschen, es wird sie in sein geheimstes Inneres verschließen, es wird dulden und die Thränen zurückdrängen. Man tadelt an ihnen die Eitelkeit, die Putzsucht und doch – wir sprechen hier nicht von Ausartungen, die ja auch das erhabenste Gefühl verunzieren – entspringt diese aus ihrem natürlichen Schönheitssinne. Saint Foix sagt: »Die Ideen des Weibes sind rosenfarben, während die des Mannes so zu sagen ein gebräuntes Ansehen haben.« – Weil sie Alles in einem schönen Lichte betrachten, weil ihre Phantasie da, wo bei den äußern Erscheinungen der Schmuck fehlt, diesen ergänzet, weil sie Alles mit Wohlwollen, mit dem Gefühle ihres eigenen innern Frühlings ihres Blumenlebens anschauen, streben sie auch rings um sich, ja sich selbst zu verschönern; sie wollen einen wohlgefälligen, angenehmen Eindruck hervorbringen, sie wollen gefallen, um geliebt zu werden, weil sie lieben; sie wollen gefallen, weil sie wissen, daß das Wohlgefallen an einem Gegenstande einen wohlthuenden Eindruck hervorbringt. Nicht sich, sondern den Männern wünschen sie reizend zu erscheinen, und wenn sie auch geliebt, d. h. besiegt werden wollen, so wünschen sie, der Sieger möge sich seiner Beute nicht zu schämen haben. Schiller sagt:

»Zürne der Schönheit nicht, daß sie schön ist –––

Laß sie die Glückliche sein, du schaust sie, du bist der Beglückte.«

Man tadelt ihre Launenhaftigkeit in der Veränderung der Moden; diese kann ausarten, wie Alles: aber der Wechsel derselben, diese tausendfältigen Veränderungen zeigen doch wieder von Phantasie, von Erfindungsgabe im Gebiete des Schönen, von Geschmack? – Ihre Neugierde? – Die ist doch nur wegen ihrer größern Reizbarkeit etwas lebhafter als beim Manne; bleibt dabei liebenswürdig und ist so unendlich leicht zu befriedigen. – Der Mann ist auf ein wichtiges politisches Ereigniß eben so neugierig, wie die Frau auf ein Familiengeheimniß; bleibt nun, weil der Gegenstand wechselt und die Stellung im Leben eine andere ist, die [235] Leidenschaft nicht dieselbe? – Von der Flatterhaftigkeit der Frauen will ich hier nicht sprechen, weil diese von ihnen mit vielleicht größerem Rechte den Männern zum Vorwurf gemacht wird. Nun gesellen sich aber zu ihren sanften Tugenden noch viele kräftige. Hat man je bei dem Weibe Heldenmuth, Todesverachtung, Kühnheit, Selbstaufopferung, Liebe über das Grab hinaus, Treue, trotz Schmerz und Elend, Stolz und Adel in der Erniedrigung, Keuschheit und Ehre etc. vermißt? Die Geschichte stellt uns so viele leuchtende Bilder auf, die wir mit heiliger Ehrfurcht schweigend bewundern müssen. – Noch nenne ich aber eine Tugend, eine schwer zu übende, die dem Weibe fast ausschließlich eigen ist: es ist die Mäßigkeit in jedem Genusse. Sie wissen zu entbehren, zu entsagen, durch Thränen lächelnd zu entsagen, wo sich der Mann, wenn seinem Wunsche nicht Gewährung geworden, wilder Verzweiflung und ungestümer Widersetzlichkeit überläßt. Auf die Urne ihres gestorbenen Glückes drücken sie sanft den Cypressenkranz; der Mann aber, der nicht erringen kann, will wenigstens zerstören; er zertrümmert das Gebäude, dessen Gewölbe er nicht fügen konnte und thürmt um sich die Ruinen auf als Denkmal seines Zornes. Weil er nicht besitzt, soll kein Anderer besitzen; sie aber gönnen dem Glücklichen das Glück und verbergen die Thräne, welche sie dem Verlornen geweint. – Des Weibes Liebe und Sorgfalt für das Haus, für den Gatten und die Kinder zeigt sich auch in seiner besonnenen Sparsamkeit; der Mann lebt, rastlos vorwärts strebend, in der Zukunft, das Weib in der Gegenwart, welche ihr das Schicksal zur Lösung gegeben. Der Mann vernachlässigt die Gegenwart oft, nach dem Werdenden greifend, seine Riesenplane demselben zuwendend; das Weib benutzt sie und füllt sie aus mit ihren Kräften, Werken und Gedanken, bis sie ihr Tagewerk vollbracht hat und das neue Morgenroth zu neuem Streben ruft. Dem Manne ist die Vergangenheit ein ödes, unfruchtbares Feld, in der Zukunft hofft er zu säen, zu ernten, das Weib lebt in der Vergangenheit, [236] schwelgt in der Erinnerung und freut sich dessen, was sie in ihr gewirket, gelebt, gefunden. – Es ist eben so thöricht, als naturwidrig, wenn der Mann aus seiner Frau einen halben Mann machen will, wenn er ihre Eigenthümlichkeiten in die seinigen verwandelt zu sehen wünscht. Die Frau wünscht den Mann nie weibisch, sie liebt keinen weibischen Mann, sie liebt nur den kräftigen, den Mann voll Würde und Hoheit, den männlichen. Wie sie sich gern zu seiner Höhe zu erheben müht, verlangt sie nie, daß er zu ihr hinabsteige, der Mann sollte in ihr auch nur die Weiblichkeit, die Milde lieben. Eng neben einander laufe die Bahn ihres Wirkens, keines aber dränge sich in die des Andern oder verdränge das Andere aus der seinen. – Alles Erhabenen Schöpferin aber ist die Liebe, die in beiden Geschlechtern vereint als eine heilige Opferflamme zum Himmel emporlodert, von wannen sie der Weltgeist seinen Kindern gesendet, daß sie dieselben labe, wenn sie müde sind, daß sie sie heile, wenn sie bluten, daß sie lächelnd die Wangen röthe, wo das Auge in Thränen schwimmt, daß sie kränze, wenn sie kämpfend fallen und zur Auferstehung rufe, wo der Tod das Leben gebrochen. – Werfen wir noch schließlich einen Blick auf den Zustand und Einfluß der Frauen zu den verschiedensten Zeiten und bei verschiedenen Nationen. – Bei den Israeliten waren sie fromme Töchter, edle Gattinnen und Mütter, sie weihten das Haus zum Tempel der Sitte, der Reinheit und Gottesfurcht. Sie folgten den Gatten und Eltern in die babylonische Gefangenschaft: Jephta's Tochter litt geduldig den Opfertod, Susanna liebte die Tugend mehr als das Leben, Judith bebte nicht, als es galt, den Feind zu tödten, die Mutter der Makkabäer sah ihre Kinder auf das Gräßlichste vor ihren Augen zu Tode martern, und pries den Herrn des Himmels und der Erde. Wir erinnern hier an Sara, Rebekka, Ruth und so viele andere edle weibliche Gestalten, von welchen uns die heil. Schrift Kunde gibt. Die fromme, reine Maria gebar den Welterlöser. Wie herrlich adelte Gott die Menschennatur,[237] daß er seinen Sohn von einem irdischen Weibe geboren werden ließ und so das Band zwischen Himmel und Erde für ewig knüpfte! – Im alten Griechenland wirkten sie zwar in einer abhängigen Stellung, doch für das Haus und ihre Familie in den Gynäceen. Die Tochter des Königs Alcinous, Nausika, ging an den Fluß und wusch die Kleider ihrer Brüder; Königin Areta spann vom Morgen bis in die Nacht purpurne Wolle und dieß hinderte sie doch nicht, die Segnungen aller ihrer Unterthanen zu empfangen. Später zu einer größern Freiheit und Selbstständigkeit gelangt, traten sie als Richterinnen im Gebiete des Guten und Schönen auf; Aspasia glänzte nicht nur durch Geist, sie rieth auch im Staate. Die Spartanerinnen beherrschten sogar ihre Männer, aber sie gestanden auch mit Stolz: Wir gebären auch Männer! Jene Lacedämonierin segnete ihren in die Schlacht gehenden Sohn mit den Worten: »Entweder mit dem Schilde, oder auf dem Schilde!« Die Karthagenenserinnen schnitten ihr Haar ab und flochten Taue daraus, als ihre Stadt von den Römern belagert wurde und stürzten sich endlich in die Flammen, als die Sieger einzogen. – Bei den Römern waren es Jungfrauen, denen das Palladium der Nation, das heilige Feuer der Vesta, zur Obhut übergeben war. Welchen Einfluß sie auf die Erziehung hatten, beweist das Beispiel der Cornelia, Mutter der Gracchen. – Seiner Mutter Veturia gehorchend zog Coriolan von Rom, das den Unerbittlichen vergebens um Schonung bat, ab, und rief: Rom ist um meiner Mutter willen gerettet; aber ich bin verloren. Lucretia wählte den Tod, weil ihr die Ehre mehr galt, als das Leben. Selbst unter der Kaiserzeit, wo die Römer ausarteten, wo die Sittlichkeit sank und alle edleren Tugenden selten wurden, begegnen wir leuchtenden Beispielen edler, hochgesinnter Frauen. Wir nennen hier nur jene Arria und wiederholen ihren Ausruf, in welchem der höchste Heldenmuth und die göttlichste Liebe klingt: »Pätus, es schmerzt nicht!« – Welchen edlen und segenbringenden[238] Einfluß die Frauen bei den alten Germanen ausgeübt, ist bereits bei dem Artikel »Deutschland« angeführt worden. – Im Mittelalter beförderten nur sie die Veredlung der Sitten, beseelten die ritterliche Tapferkeit, begeisterten und wurden somit die Schöpferinnen der Poesie. – Die Peruaner hatten ihre Sonnenjungfrauen, die als idealere, höhere Wesen unverletzlich dastanden. Das Christenthum verehrte zahlreiche Heilige und Märtyrerinnen, welche durch ihre Hingebung und Aufopferung nicht Wenig zur Ausbreitung der göttlichen Religion beitrugen. – Die meisten Orientalen, so gering sie das Weib auch im Leben achten, haben in ihrer Religion doch weibliche Gottheiten, weil sie ihre höhere Natur wenigstens ahnen. Ja selbst bei einigen wilden Völkern tritt der Adel der weiblichen Natur trotz jeder Hemmung glänzend hervor. In Tibet und Boutan darf die Frau, in Folge ihrer geistigen Ueberlegenheit, mehrere Männer zugleich heirathen. Bei den Huronen, den Natschez-Indianern und den Einwohnern des Isthmus von Darien nehmen die Weiber an der Regierung Theil. Im nordwestlichen Amerika sah Vancouver Weiber, die an Kraft und Kühnheit ihre Männer fast übertrafen. In Monomotapa bilden die Frauen eine Armee. In Matembound an den Küsten von Angola herrschen sie gleichfalls. Und sollten jene alten Sagen von den Amazonen am Don, von den böhmischen Jungfrauen nur ersonnene Mährchen sein? – Welchen wohlthätigen Einfluß die Frauen bei den civilisirten Völkern der Gegenwart ausüben, bedarf hier keiner ausführlichern Erörterung. Von Semiramis und Zenobia an bis auf Elisabeth von England und Katharina II. zahlt die Geschichte eine Reihe von Herrscherinnen, an deren Namen sich Ruhm, Glanz und alle Hoheit der Erde knüpft. In allen Feldern des menschlichen Wissens und Wirkens können wir Frauen anführen, die sich vor der Welt einen bleibenden Namen erwarben. Und so schließen wir, auf Schiller's »Ehret die Frauen!« hinweisend, mit folgenden Worten des geistreichen[239] Virey: »Obgleich der Mann auf der ganzen Erde stärker ist, als das Weib, so folgt daraus noch nicht, daß die Natur ausschließlich dem Stärkern das Recht gegeben, über den Schwächern zu herrschen. Gewalt schafft nur eine Sclavin; Uebereinstimmung eine Gefährtin; die Gesetze des Krieges selbst beugen sich vor der Gefangenen, die man zur Gattin wählt. Liebe ist die Herrschaft des Weibes; durch diese erhält sie unumschränkte Macht über ihren Sieger; mit dem Recht zu unterliegen, unterjocht sie ihn durch ihre Schwäche, während sie durch Gewalt ihn aufreizen würde; und wenn es scheint, als gäbe sie nach, so geschieht es nur, damit sie bald mit mehr Macht gebieten kann. Ihre Sanftmuth ist ihre Stärke, ihre Reize sind ihr Ruhm; herrliche Gaben, mit denen die Natur in aller Pracht sie schmücken wollte!«

–n.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 230-240.
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