Großbritannische (engl.) Kunst

[168] Großbritannische (engl.) Kunst. Im Mittelalter zeigte dieselbe keine wesentliche Eigenthümlichkeit, die neuere entwickelte sich aber sehr spät, als England bereits der erste Handelsstaat Europas war. Der praktische Sinn der Engländer wandte sich der Baukunst vorzugsweise zu; die Paulskirche von Vren (17. Jahrh.) u. die neuester Zeit von Barry erbauten Parlamentshäuser gelten als die bedeutendsten Denkmäler der neueren engl. Baukunst. Die Malerei beginnt eigentl. erst mit Hogarths Auftreten (1734), dem Schöpfer des charakteristischen Genrebildes; in diesem Genre stehen die Engländer auch jetzt noch unübertroffen da, wie sie auch treffliche Porträtmaler besitzen. Sie lieben bekanntlich das Landleben und suchen Naturgenuß auf, und die engl. Dichter machen solche Scenen mit Vorliebe zum Gegenstande ihrer Schilderungen, daher es begreiflich ist, warum die engl. Maler die Landschafts- und Seemalerei besonders ausgebildet haben (Wilson, Gainsborough, Calcot). Die Historienmalerei zählt gleichfalls einzelne berühmte Namen (Reynolds, West, Wilkin, Eastlake etc.); als Porträtmaler glänzt Thom. Lawrence vor allen, im komischen Charakterbild Leslie, wie denn überhaupt keine Nation so viel Anlage zur Carricatur besitzt wie die engl. Die Bildhauerkunst zeigte erst am Schlusse des vorigen Jahrh. wieder einzelne tüchtige Leistungen (Flaxmann, Chantrey, später Westmacott, Wyat, Carew etc.); sie ist weniger durch ideale Formen ausgezeichnet [168] als durch die charakteristische u. kräftige Porträtirung. – In der Musik haben die Engländer keinen einzigen großen Componisten, auch sehr wenige musikal. Virtuosen; das engl. Gold jedoch hat seit Karl II. immer genug von Euterpens und Polyhymnias Jüngern über den brit. Kanal hinübergeführt.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 168-169.
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