Correggio [2]

[297] Correggio (spr. korréddscho), Antonio Allegri da, ital. Maler, geb. um 1494 in Correggio, gest. daselbst 5. März 1534, lernte dort bei seinem Oheim Lorenzo Allegri und bei Ant. Bartolotti; bedeutendere Förderung aber erfuhr er um 1511 bei Franc. Bianchi in Modena und später durch das Studium der ferraresischen Maler, besonders des Lorenzo Costa. Außerdem wirkte auch die Schule Leonardos da Vinci durch die Zartheit des Ausdrucks, die Gediegenheit der Modellierung und die Abtönung der Farbe auf ihn ein. Als Jugendbilder von ihm gelten nach den neuesten Forschungen einige Madonnenbilder in den Uffizien zu Florenz, im Museo civico in Mailand und in der Pinakothek zu Pavia. Sein frühestes, sicher beglaubigtes Werk ist die Madonna mit dem heil. Franziskus, die er 1514 und 1515 für die Minoriten zu Correggio malte; das Bild, jetzt in der Dresdener Galerie, zeigt bereits die Vermischung der Einflüsse der genannten Schulen, aber auch noch eine gewisse Strenge und Herbheit, die jedoch bereits in der Ruhe auf der Flucht (Uffizien zu Florenz), mehr noch in der Vermählung der heil. Katharina (Paris, Neapel) überwunden sind. In Parma malte er von 1518 an für die Nonnen von San Paolo ein Gemach mit mythologischen Figuren und Putten aus, die bereits den Stempel der ganzen sinnlichen Heiterkeit seiner Kunst tragen, in Licht und Luft schwimmende, köstlich naive Figuren. Diese künstlerischen Erfolge gestalteten auch seine materielle Lage günstig; was man von seiner Armut berichtet hat, beruht auf Erfindung. Es entstand damals eine Reihe von Madonnenbildern, darunter die Zingarella (»Zigeunerin«) in Neapel, ein anmutiges Gemälde, das nach dem bunten Kopftuch der Madonna seinen Namen eihalten hat. 1522 siedelte C. ganz nach Parma über, wo sich die Benediktiner von San Giovanni von ihm Ölgemälde malen und ihr Kloster[297] mit Fresken (1524 beendigt) ausschmücken ließen. Damals (1522 bestellt, 1530 abgeliefert) entstand auch seine berühmte Anbetung der Hirten, die sogen. Nacht (jetzt in der Dresdener Galerie), jene liebliche Schöpfung, wo das Licht, vom Christuskind ausgehend, die frommen Zuschauer beleuchtet. Zur Madonna des heil. Sebastian (jetzt ebenfalls in Dresden) erhielt C. 1525 den Auftrag, im folgenden Jahre zur Madonna della Scodella (mit der Schüssel, Parma); übertroffen werden diese herrlichen Bilder noch durch die Madonna mit dem heil. Hieronymus (Parma, bestellt 1523), welches Gemälde man den »Tag« zu nennen pflegt. In der Zwischenzeit hatte der Maler laut Vertrag vom 6. Juli 1520 die Halbkuppel über der Chornische von San Giovanni Evangelista mit dem Freskobild der Krönung Mariä und die Hauptkuppel mit einem zwischen den Aposteln thronenden und von zahlreichen Engeln umgebenen Christus geschmückt. Die Krönung Mariä ist abgelöst worden und befindet sich in der Bibliothek zu Parma. 1522 erhielt er den Auftrag, auch im Chor und in der Kuppel des Domes Fresken auszuführen. Er vollendete jedoch nur bis 1530 die Himmelfahrt Mariä in der Kuppel. Mit einer bis dahin noch nicht dagewesenen Kühnheit sind hier die zahllosen schwebenden Figuren in der Untensicht so gemalt, wie sie in Wirklichkeit erscheinen müßten. Freilich leidet die Deutlichkeit durch die Verkürzung, weshalb die Parmesaner das Bild ein Froschschenkelragout genannt haben sollen. Auch die Madonna des heil. Georg (in Dresden) mag in jene Zeit fallen. Die berühmte büßende Magdalena in Dresden hat sich jetzt als eine Arbeit des 17. Jahrh. herausgestellt, die vielleicht auf ein Original des C. zurückgeht. Ende 1530 scheint C. wieder nach Correggio zurückgekehrt zu sein. In diese Zeit fällt auch die Entstehung der Leda und der Danaë, die nach mannigfachen Schicksalen 1722 in die Hände des Regenten Philipp von Orélans kamen, aus dessen Galerie die Leda in den Besitz Friedrichs d. Gr. gelangte (jetzt im Museum zu Berlin). Die Danaë besitzt die Galerie Borghese zu Rom. C. hat noch zwei ähnliche mythologische Bilder gemalt, Jo, von Jupiter umarmt, und Ganymed, vom Adler geraubt, die sich beide im Hofmuseum zu Wien befinden. Ein andres Bild aus der antiken Fabelwelt, Jupiter und Antiope, kam aus dem Besitz des Herzogs Vincenzo von Mantua in den Karls I. von England und von da nach Paris, wo es sich jetzt im Louvre befindet. Alle diese Bilder gehören zu den wunderbarsten Schöpfungen des Pinsels, die Vorwürfe entsprachen auch der heiter sinnlichen und doch naiven Anschauung Correggios. Wie stark die Wirkung dieser hinreißenden Gestalten ist, beweist außer der Bewunderung aller Zeiten die Tatsache, daß der frömmelnde Herzog Louis von Orléans den Kopf der Leda herausschneiden ließ. Er wurde in Berlin geschickt von Schlesinger ergänzt. Die Schule des Amor (Merkur, der den kleinen Amor im Lesen unterrichtet, in London, Nationalgalerie) kommt den andern Arbeiten Correggios nicht gleich. C. hat auf die italienische Schule einen großen Einfluß geübt, namentlich durch die Anmut seiner Gestalten und durch sein Kolorit, dessen Hauptreiz in dem Halbdunkel (Helldunkel) besteht, das er über die Formen zu verbreiten wußte, und das er zuerst zu großer koloristischer Virtuosität ausbildete. Seine Farben sind durch zarte Lasuren wie mit einem durchsichtigen Schimmer bedeckt, ein sein abgestuftes Licht spielt in seinen Gestalten, und selbst dunkle Stellen des Gemäldes zeigen immer noch leicht erhellende Reflexe. Große Charaktere und erhabene Auffassung lagen außerhalb seines Könnens. Schüler von ihm sind: Gatti, Rondani, Mazzuola, sein Sohn Pomponio u. a. Weit wichtiger aber als sein Einfluß auf seine Schüler war der, den er auf die Carracci ausübte, die ihn dann wieder auf die ihnen folgende italienische Kunst vererbten. Das effektreiche, sinnliche Element, die kühnen perspektivischen Verkürzungen und die bestrickende Farbe Correggios kamen den Neigungen der Barockmaler entgegen, die sie bis zur Manieriertheit übertrieben, von der C. selbst nicht ganz frei war. Vgl. Pungileoni, Memorie istoriche di Ant. Allegri (Parma 1817, 3 Bde.); Bigi, Notizie di A. Allegri (Modena 1873); Jul. Meyer, C. (Leipz. 1871); Mignaty, Le Corrège, sa vie et son œuvre (2. Aufl., Par. 1885; ital. Ausg., Flor. 1888); Lermolieff, Kunstkritische Studien über italienische Malerei (Leipz. 1890–93, 3 Bde.); Ricci, Antonio Allegri da C. (deutsch, Berl. 1897); Thode, Correggio (Bielef. 1898).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 297-298.
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