Etappe

[135] Etappe (franz., v. deutschen »Stapel«, daher ursprünglich soviel wie Stapelplatz, Warenniederlage), Marschstation oder Halteplatz bei Militärtransporten. In Deutschland ist das Etappenwesen geregelt durch die Kriegsetappenordnung vom 14. Mai 1902 und die Militäreisenbahnordnung vom 18. Jan. 1899. Es soll die rückwärtigen Verbindungen der operierenden Armee mit der Heimat zur Heranziehung des Nachschubes aller Bedürfnisse für die Armee sowie für die Zurückführung von Kranken, Verwundeten, Kriegsgefangenen, Kriegsbeute etc. aufrecht erhalten, für die Unterbringung und Verpflegung der zu und von der Armee gehenden Personen wie auch für die Erhaltung und Sicherung der Verbindungslinien, der Herstellung und den Betrieb flüchtiger Eisenbahnen innerhalb des besetzten feindlichen Gebiets und für die Verwaltung des letztern Sorge tragen. Das Etappenwesen wird von einem Generalinspekteur des Etappen- und Eisenbahnwesens (Generalleutnant) geleitet. Ihm sind unterstellt: a) die Etappeninspektionen, deren je eine für jede selbständig operierende Armee ernannt wird, b) der Chef des Feldeisenbahnwesens, c) der Generalintendant der Armee als Chef des Feldintendanturwesens, d) die Chefs des Feldsanitätswesens und e) der Etappentelegraphie, f) des Feldpostwesens, also alle den Verkehr, die Verwaltung und Krankenpflege leitenden Behörden. Die Vorbereitungen sind im Frieden so getroffen, daß der ganze Apparat mit der Mobilmachung seine Tätigkeit beginnen kann. In jedem Armeekorpsbereich ist ein Etappenanfangsort, der eine Hauptbahnstation ist, bestimmt. Dort werden die dem Armeekorps nachzuführenden Transporte gesammelt, die zurückkehrenden zerteilt. Von da gehen sie nach der auf jeder zur Armee führenden Bahnlinie bestimmten Sammelstation, von wo die aus den verschiedenen Korpsbezirken zusammenfließenden Transporte in ganzen Zügen nach dem Kriegsschauplatz abgesandt werden. Der Bahnbetrieb endet im Etappenhauptort, wo die Verteilung und Absendung der zu und von der Armee gehenden Personen und Güter erfolgt, und von wo Etappenstraßen, auf diesen durchschnittlich alle drei Meilen Etappenorte mit einer Etappenkommandantur, zu den Armeekorps angelegt werden.

Die Etappeninspektionen haben ähnliche Organisationen wie die Generalkommandos, es gehören zu ihnen ein Chef des Stabes, Adjutanten, Feldgendarmerieoffizier, Etappen-Intendant,-Generalarzt,-Auditeur,-Telegraphendirektor, Armeepostdirektor, Oberroßarzt, Feldzahlmeister und zur Überwachung der Bevölkerung, der Presse etc. ein Zivilverwaltungsbeamter. Ihre ausführenden Organe sind die Etappenkommandanturen; sie haben den ganzen Durchgangsverkehr von und zu der Armee zu vermitteln, für die Sicherung der Verkehrswege und Telegraphenanlagen zu sorgen, Lazarette, Pferdedepots, Magazine etc. einzurichten, auch für die Verteidigung des Etappenorts, für die Unterdrückung von Aufständen in ihrem Bereich wie für die polizeiliche Ordnung in demselben Sorge zu tragen, zu welchem Zweck ihnen Feldgendarmen und die Besatzung des Etappenorts, die Etappentruppen, zur Verfügung stehen. Ihnen liegt ferner die Unterbringung und Verpflegung der Truppen in ihrem Bereich ob, wozu Etappenmagazine durch Intendanten und Etappenlazarette durch den Etappenarzt eingerichtet werden. Bahnhöfe an den Etappenorten erhalten in der Regel besondere Bahnhofskommandanten, denen die Verpflegung durchpassierender Truppen zufällt. Vgl. Ott, Das Kriegsetappenwesen des Deutschen Reichs (Münch. 1896). – Die Römer besaßen ein sehr entwickeltes[135] und wohlorganisiertes Etappenwesen; an den vorzüglichen Heerstraßen scheinen die Mansiones, die im Postverkehr Hauptstationen mit Nachtquartier bildeten, als Etappenorte für die marschierenden Truppen gedient zu haben. Preußen hatte vor 1866 zur Verbindung seiner getrennten Provinzen durch Hannover und Hessen Etappenstraßen und Etappenkommandanturen in Hersfeld, Hildesheim und Wetzlar. Österreich hat für seine Truppenmärsche im Frieden in seinen Marschroutenverzeichnissen ein das ganze Land umfassendes Netz mit Etappenorten aufgestellt. Im Kriege liegt das Etappenwesen in den Händen der »Armeeintendanz«, der zweiten Abteilung des Armeehauptquartiers, die sich wieder in je eine Militär- und Verwaltungs-Abteilung gliedert. Ein Mangel ist die Trennung der Eisenbahn vom Etappenwesen. Frankreich hat sein Etappenwesen nach 1871 in allem Wesentlichen streng nach deutschem Muster organisiert; in Rußland ist neuerdings (soweit es die eigenartigen Verhältnisse der russischen Armee gestatten)dasselbe geschehen. Vgl. Militäreisenbahnwesen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 135-136.
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