Pfandrecht

[688] Pfandrecht, im subjektiven Sinne das dingliche Recht an einer fremden beweglichen Sache, kraft dessen der Berechtigte wegen einer Forderung (an den Besteller des Pfandrechts oder einen Dritten) Befriedigung aus der Sache suchen darf; im objektiven Sinne der Inbegriff der Rechtsnormen, die das Verhältnis zwischen Pfandgläubiger und Pfandschuldner und das Recht an der Pfandsache regeln. Das Bürgerliche Gesetzbuch nennt das P. an unbeweglichen Sachen Hypothek (s. d.) oder Grundschuld (s. d.) oder Rentenschuld (s. d.), an beweglichen Sachen besteht Faustpfandrecht (s. Pfand) und gesetzliches P. Das P. kann für gegenwärtige, zukünftige und bedingte Forderungen bestellt werden. Gegenstand des Pfandrechts können alle beweglichen Sachen sowie übertragbare Rechte sein, die einen Wert haben. Zur Bestellung eines Pfandrechts genügt nicht mehr wie früher die Einigung, daß die betreffende Sache als Pfand dienen soll, sondern zu dem Pfandvertrag muß noch die Übergabe der betreffenden Pfandsache an den Pfandgläubiger hinzukommen. Ist letzterer bereits im Besitz der Sache, so genügt die Einigung. Das Pfand haftet für die Forderung in ihrem jeweiligen Bestand, insbes. auch für Zinsen und Vertragsstrafen, für Verwendungen, Kosten der Kündigung und Rechtsverfolgung sowie für Kosten des Pfandgläubigers. Das P. erstreckt sich auch auf die Erzeugnisse, die vom Pfande getrennt werden. Hat der Pfandgläubiger die Berechtigung, die Nutzungen zu ziehen, so muß er über sie Rechenschaft ablegen. Verletzt er durch sein Verfahren die Rechte des Pfandschuldners erheblich und trotz Abmahnung fortgesetzt, so kann dieser verlangen, daß das Pfand hinterlegt, verwahrt oder sofort gegen Zahlung des augenblicklichen Wertes der Forderung ihm zurückgegeben wird. Droht das Pfand zu verderben oder minderwertig zu werden, so darf der Pfandschuldner andre Sicherheit, jedoch nicht Bürgen, geben, und bei schon gefährdeter Sicherheit darf der Gläubiger nach Androhung und Fristbestimmung das Pfand nach vorheriger Benachrichtigung des Schuldners versteigern oder durch einen amtlichen Handelsmakler etc. zum laufenden Preis verkaufen lassen. Der Erlös wird Pfand und ist zu hinterlegen. Von mehreren Pfändern haftet jedes für die ganze Forderung. Das P. erlischt mit der Forderung. Ist deren Geltendmachung für immer ausgeschlossen, so ist es auch die des Pfandrechts. Regelmäßig sind auch die gegen die Forderung wirksamen Einreden wirksam gegen das P. Das Recht der Verjährung ist aber nicht für Forderung und P. das gleiche. Das P. erlischt auch, und zwar trotz etwaigen Vorbehalts, sobald der Pfandgegenstand mit Willen des Gläubigers in den Besitz des Pfandschuldners kommt, durch Verzicht des Gläubigers und durch Verkauf der Pfandsache. Verkauft kann das Pfand, abgesehen von dem oben angegebenen Falle, dann werden, wenn die Forderung ganz oder zum Teil fällig und zwar in Geld fällig ist. Von mehreren Pfändern darf der Gläubiger nur so viel verkaufen, als zur Deckung der Schuld notwendig sind, die Auswahl unter den mehreren Pfändern steht ihm aber frei. Der Verkauf darf bei der Zwangsvollstreckung (s. d.) nur erfolgen, wenn die Befugnis zum Verkauf in vollstreckbarer Urkunde festgestellt ist, im übrigen erfolgt er nach den Vorschriften der § 1234 mit 1240 des Bürgerlichen Gesetzbuches, wovon jedoch mannigfache Abweichungen in einer Reihe handelsrechtlicher Fälle gesetzlich bestimmt und auch vertraglich oder durch richterliche Verfügung zulässig sind. Das Bürgerliche Gesetzbuch verlangt insbes. Androhung des Verkaufs und hierauf eine einmonatige Frist, öffentliche Bekanntmachung des Verkaufs, Verkauf gegen bar und, falls das Pfand keinen Markt- oder Börsenpreis hat, öffentliche Versteigerung. Durch gesetzmäßigen Verkauf gehen auf den Käufer, selbst wenn er der Pfandgläubiger ist, alle Rechte über, die der Pfandschuldner hinsichtlich des Pfandes hatte. An ein und demselben Rechtsgegenstände können mehrere Pfandrechte bestehen. Für ihren Rang ist die Zeit ihrer Bestellung oder sonstigen Entstehung auch dann maßgebend, wenn das frühere für eine künftige oder eine bedingte Forderung bestellt wurde. Der vorhergehende Pfandgläubiger braucht das Pfand oder die Pfandurkunde dem nachstehenden zum Zweck des Verkaufs nicht herauszugeben, wenn er aber selbst nicht im Besitz der Pfandsache ist und auch nicht selbst den Pfandverkauf betreibt, so kann er dem Pfandverkauf des nachstehenden Gläubigers nicht widersprechen. Durch rechtmäßigen Pfandverkauf erlöschen auch die übrigen Pfandrechte, selbst wenn sie dem Käufer bekannt sind. Das gleiche gilt von einem Nießbrauch, es sei denn, daß er allen Pfandrechten im Range vorgeht. Übrigens kann, wer durch den Pfandverkauf ein Recht am Pfandgegenstand verlieren würde, sobald der Schuldner zur Leistung berechtigt ist, den Pfandgläubiger befriedrigen und dadurch zugleich dessen Rechte erwerben. Ein P. kann auch an einem Anteil bestehen. Der Pfandgläubiger übt alsdann die Gemeinschaftsrechte hinsichtlich Verwaltung und Benutzung aus. Teilung kann vor Ein tritt der Verkaufsberechtigung nur vom Pfandschuldner und Pfandgläubiger gemeinschaftlich beantragt werden, nach Eintritt der Verkaufsberechtigung aber vom Pfandgläubiger allein, und zwar ohne daß er an etwaige Vereinbarungen über Aufschub oder Ausschließung der Teilung gebunden wäre. Außerdem aber steht dem Pfandgläubiger das Recht zu, den Anteil selbst zu verkaufen. Neben dem P. an beweglichen Sachen, dem Faustpfandrecht, gibt es auch, wie bereits erwähnt, ein P. an Rechten, d.h. das Recht, aus einem Rechte des Schuldners oder eines dritten Verpfänders wegen der sichergestellten Forderung Befriedigung zu suchen. Verpfändet können nur übertragbare Forderungen werden. Die Bestellung des Pfandrechts erfolgt hier nach den für die Übertragung des betreffenden Rechtes geltenden Vorschriften, jedoch ist zur wirksamen Verpfändung einer Forderung außer der Abtretung auch die Benachrichtigung des Schuldners durch den Gläubiger, also durch denjenigen, der die Forderung verpfändet, notwendig. Seine Befriedigung aus dem verpfändeten Rechte kann der Pfandgläubiger mangels andrer Vereinbarung nur auf Grund eines vollstreckbaren Titels nach § 828 ff. der Zivilprozeßordnung suchen. Verpfändete Rechte können durch Rechtsgeschäft nur unter Zustimmung des Pfandgläubigers aufgehoben werden. Bei verpfändeten Forderungen, Grund- oder Rentenschulden hat der Schuldner an Erstgläubiger und Pfandgläubiger gemeinsam zu leisten, solange die Forderung des Pfandgläubigers nicht fällig und falls es sich nicht um eine Geldforderung handelt. Beide können an sich gemeinschaftliche Zahlung oder Hinterlegung für sich beide, bez. gerichtliche Verwahrung verlangen. Ist die Forderung des Pfandgläubigers fällig und geht auf Geld, so kann er allein über sie verfügen. Wurden Wechsel, Inhaberpapiere oder durch Indossament[688] übertragbare Papiere verpfändet, so ist nur der Pfandgläubiger zur Einziehung berechtigt, und der Schuldner darf nur an ihn leisten. Im übrigen gelten die gleichen Vorschriften wie für das P. an beweglichen Sachen. Ein P. an Schiffen, sogen. Schiffspfandrecht, kann nur an Schiffen begründet werden, die ins Schiffsregister (s. Registerwesen) eingetragen sind. Es entsteht durch Einigung des Schiffseigentümers und Gläubigers und durch Eintragung der Verpfändung im Schiffsregister. Das Schiff haftet nur für die eingetragene Forderung sowie für Zinsen und Kosten. Das P. erstreckt sich auf das Zubehör des Schiffes, soweit es Eigentum des Schiffseigentümers ist. Solange der Verpfändungseintrag im Schiffsregister steht, geht er den Rechten vor, die durch Veräußerung oder durch Belastung des Schiffes ein Dritter etwa erwirbt. Seine Befriedigung kann der Pfandgläubiger aus Schiff und Zubehör nur auf Grund eines zur Zwangsvollstreckung (s. d.) geeigneten Titels suchen. Das P. an einem ganzen Schiff geht dem P. an einem Schiffspart vor, selbst wenn letzteres das ältere ist, sonst gelten für das P. an einem Schiffspart die gleichen Bestimmungen wie für das Schiffspfandrecht. Das P. kann außer auf einem Vertrag auch unmittelbar auf dem Gesetz beruhen, d.h. das Gesetz kann gewissen Personen ein gesetzliches P. an bestimmten Sachen einräumen, es ist also keine Übergabe der Sache und kein Pfandvertrag notwendig, um die Wirkungen des Pfandrechts hervorzurufen. Ein derartiges gesetzliches P. haben insbes. folgende Gläubiger wegen aller oder einzelner Ansprüche und Forderungen an nachgenannten Gegenständen: 1) der Vermieter eines Grundstücks oder einer Wohnung oder eines sonstigen Raumes an den eingebrachten Sachen (s. Miete); 2) der Verpächter eines landwirtschaftlichen Grundstücks an dessen Früchten sowie an den eingebrachten Sachen; 3) der Gastwirt an den vom Gast eingebrachten Sachen; 4) der Werkunternehmer an den von ihm hergestellten oder ausgebesserten Sachen, die bei der Herstellung oder zum Zweck der Ausbesserung in seinen Besitz gelangt sind; 5) der Frachtführer sowie der Verfrachter, der Spediteur, der Lagerhalter an den Frachtgütern; 6) der Kommissionär an den Kommissionsgütern; 7) der Havereiersatzberechtigte an den beitragspflichtigen Gütern; 8) der Berger an den geborgenen oder geretteten Sachen; 9) jeder Schiffsgläubiger am Schiff nebst Zubehör und Fracht. Gesetzliches P. pflegt nach Zeit und Raum beschränkt zu sein und außerdem selbst gegenüber einem Rechtsnachfolger des Pfandschuldners nur unter besondern Voraussetzungen zu gelten. Durch den Konkurs des Pfandschuldners oder das Verteilungsverfahren wird gesetzliches P. mit Ausnahme desjenigen des Vermieters und Verpächters an sich ebensowenig berührt wie das Vertragspfandrecht. Aber auch letzteres gilt nicht gegenüber einem gutgläubigen Erwerber. Ebenso gilt das P. nicht gegenüber dem Inhaber des Rechtes oder gegenüber einem besitzenden Dritten, wenn dem Pfandschuldner das zu Pfand gegebene oder sonst Pfand gewordene Recht nicht zustand. So hat z. B. der Vermieter sein gesetzliches P. an allem Pfändbaren, das der Mieter eingebracht hat, gegenüber diesem und dessen Gläubigern, nicht aber gegenüber dem, dem etwa die eingebrachten Stücke zu Eigentum gehören. Im übrigen gelten für das gesetzliche P. die gleichen Bestimmungen wie für das Vertragspfandrecht. Im Konkurs haben sämtliche Pfandgläubiger ein Absonderungsrecht (s. Abgesonderte Befriedigung). Während früher für das kaufmännische P. im Handelsgesetzbuch (Artikel 309–311) besondere Vorschriften bestanden, gelten seit 1900 auch hierfür die oben aufgeführten Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches, nur die § 366, 367, 368 und 1257 enthalten einzig für den Kaufmann geltende Sonderbestimmungen. Über Pfändungspfandrecht s. Pfändung. Das P. an beweglichen Sachen, wozu auch das Schiffspfandrecht gehört, ist im Bürgerlichen Gesetzbuch in den § 1204 mit 1272, das P. an Rechten in § 1273 mit 1293 geregelt. Vgl. die Kommentare und Lehrbücher des Bürgerlichen Gesetzbuches sowie Demelius, Das P. an beweglichen Sachen (Wien 1897); Schwind, Wesen und Inhalt des Pfandrechts (Jena 1899); Buhl, Das Recht der beweglichen Sache (Berl. 1901); Bloch, Die Wirkung des Mobiliarpfandrechts nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (Kirchhain-Berlin 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 688-689.
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