Stern der drei Könige

[2] Stern der drei Könige (Stern der Weisen), der Stern, der nach dem Bericht im 2. Kapitel des Matthäus-Evangeliums die Weisen (Magier) aus dem Morgenland zum Geburtshaus Jesu nach Bethlehem führte. In bestimmter Weise wird er zuerst auf eine Zusammenkunft (Konjunktion) der beiden Planeten Jupiter und Saturn im Zeichen der Fische gedeutet von dem spanischen Rabbi Abarbanel, zu dessen Zeit (1463) wieder eine solche Zusammenkunft stattfand. Kepler beobachtete 1603 eine solche der beiden Planeten, und als 1604 in der Nähe der immer noch nicht weit voneinander entfernten zwei Planeten unerwartet ein heller Stern aufleuchtete (vgl. Fixsterne, S. 643), sprach er die Vermutung aus, der Stern der Weisen habe aus einer Vereinigung des Saturn, Jupiter und eines neuen Sternes bestanden. Mit Hilfe der Prutenischen Planetentafeln fand Kepler, daß im Februar und März des Jahres 748 nach der Erbauung Roms eine Zusammenkunft von Jupiter, Saturn und Mars stattgefunden habe, und die höchst seltene Vereinigung der drei obern Planeten, zu denen noch ein außerordentlicher Stern hinzugekommen, habe die chaldäischen Magier nach den Regeln der Astrologie auf eine Begebenheit von der größten Wichtigkeit aufmerksam machen müssen. Kepler setzte daher die Geburt Christi an den Schluß des Jahres 748 nach der Erbauung Roms. Auf Grund von neuen Planetentafeln hat Encke gefunden, daß drei Konjunktionen des Jupiter und Saturn 747 nach Erbauung Roms stattfanden, daß es aber nicht die Zusammenkunft aller drei Planeten Jupiter, Saturn und Mars sein konnte, welche die Aufmerksamkeit erregte, wie Kepler meinte. Von dem gleichzeitigen Auftreten eines temporären Sternes oder eines Kometen ist nichts bekannt. Ideler setzt deshalb die Geburt Christi auf das Ende des Jahres 747. Die Meinung, daß der Stern der Weisen ein temporärer, nach Verlauf von etwas über 300 Jahren auf kurze Zeit aufleuchtender Stern und identisch mit dem 1572 in der Kassiopeia ausgetretenen sei, ist schon beim Erscheinen dieses Sternes von Cardano ausgesprochen worden. Es soll auch in den Jahren 1624 und 945 ungefähr an derselben Stelle des Himmels ein heller Stern sichtbar geworden sein; doch beruht diese Nachricht nur auf dem Zeugnis von Leovitius (1524–74), der eine (unbekannte) handschriftliche Chronik als Quelle angibt. Nach Lauth ist mit der Erscheinung des Sternes der Magier im O. der Frühaufgang des Sirius (der Sothis) am ersten Tage des Monats Mesori im ägyptischen Wandeljahr (von 365 Tagen) gemeint. Der Name dieses Monats bedeutet »Geburt des Horos« (s. Horos), und es war dieser Monat dem jugendlichen Lichtgott der Ägypter geweiht. Der Frühaufgang des Sirius an dem erwähnten Tage fand aber nach Ablauf einer Sothisperiode von 1460 Jahren zuerst 5 v. Chr. und dann auch wieder in den drei folgenden Jahren statt. Indem nun Lauth die Geburt Christi in das Jahr 3 vor unsrer Ära versetzt und annimmt, daß der auf seine Herrschaft eifersüchtige Herodes durch die Magier von dem schon 2 Jahre früher beobachteten Erscheinen der Sothis am Morgenhimmel Kunde erhalten habe, findet er eine einfache Erklärung für die Angabe Matth. 2,16, »daß derselbe alle bethlehemitischen Kinder töten ließ, die zweijährig und darunter waren, nach der Zeit, die er mit Fleiß von den Weisen erlernet hatte«. Vgl. Lauth, Unsre Zeitrechnung (Beilage zur »Allgemeinen Zeitung«, 1876, Nr. 46 u. 47); Münter, Der Stern der Weisen (Kopenh. 1827).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 2.
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