Komēten

[319] Komēten (griech., hierzu Tafel »Kometen I u. II«; Irrsterne, Haarsterne, Schweif- oder Schwanzsterne, Stellae crinitae), Weltkörper von verwaschenem nebelartigen Aussehen, meist mit einem schwächer leuchtenden Lichtschweif versehen und von außerordentlich geringer Dichtigkeit, die durch die eigentümlichen Verhältnisse ihrer Bahnen charakterisiert werden. K. sind in allen Jahrhunderten beobachtet worden, besonders zahlreich aber im letzten, wo von vielen Seiten mit Ausdauer nach ihnen gesucht wurde. Ihre Anzahl betrug:

Tabelle

Von den K. des letzten Jahrhunderts waren etwa 70 dem unbewaffneten Auge sichtbar, die übrigen teleskopisch. Ein Schluß aus diesen Sichtbarkeitsverhältnissen auf die wirkliche Größe eines K. ist jedoch im allgemeinen nicht statthaft, weil Helligkeit und scheinbare Ausdehnung bestimmt werden durch die Entfernungen des K. von Sonne und Erde.

Die Bewegungen der K. sind scheinbar ganz unregelmäßig; einige bewegen sich rechtläufig (direkt), d. h. in derselben Richtung wie die Planeten, andre dagegen rückläufig (retrograd), d. h. in entgegengesetzter Richtung. Sie durchstreifen alle Teile des Himmels, ohne, wie die Planeten, auf gewisse Gegenden desselben beschränkt zu sein, indem ihre Bahnen die Ekliptik unter allen möglichen Winkeln schneiden; manche sind nur kurze Zeit, einige Wochen, andre viele Monate lang sichtbar. Borelli war der erste, der bei dem K. vom Dezember 1664 die Ansicht aussprach, derselbe bewege sich in einer parabolischen Bahn; schärfer bestimmte diese Hevel in seiner »Kometographie«, und Dörfel wies 1681 bei dem großen K. von 1680 nach, daß derselbe eine parabolische Bahn um die Sonne als Brennpunkt beschrieb. Eine vollständige Bahnberechnung versuchte um dieselbe Zeit Newton und mit mehr Erfolg 1705 Halley; Olbers (1797), später Bessel, Gauß und v. Oppolzer lösten das Problem der Bahnbestimmung eines K. mit aller wissenschaftlich erforderlichen Schärfe. Die meisten Kometenbahnen sind parabolisch, Ellipsen kommen weniger vor, äußerst selten Hyperbeln; doch sind möglicherweise auch viele der berechneten parabolischen Bahnen in Wahrheit sehr lang gestreckte Ellipsen. Was die Verteilung der bekannten Kometenbahnen im Raum anlangt, so liegen die meisten Periheldistanzen zwischen 0,8 und 1,0 des Radius der Erdbahn, doch rührt dies wohl nur daher, weil diese K. der Erde beträchtlich nahekommen und lange in günstigen Sichtbarkeitsverhältnissen verweilen. Die Neigungen der Bahnebenen des K. gegen die Ekliptik sind sehr verschieden; jedoch kommen größere Neigungen häufiger vor, ziemlich gleichmäßig durch den ganzen Umkreis verteilt sind die Knotenlängen.

Für den Anblick mit bloßem Auge charakterisieren sich die K. durch die Nebelhülle oder den Kopf und den schwächer leuchtenden, mehr oder minder langen Schweif, der sich bisweilen über einen bedeutenden Teil des Himmelsgewölbes hinzieht und bald mehr, bald weniger gekrümmt ist. Bei den teleskopischen K. fehlt er ganz, oder ist nur von geringer Ausdehnung. Seine Entwickelung erfolgt in dem Maße, wie sich der Komet der Sonne nähert, und bei der zunehmenden Entfernung des K. von der Sonne verschwindet er allmählich wieder. In der Regel ist der Schweif von der Sonne abgewendet, und gegen das Ende hin breitet er sich gewöhnlich aus und verschwindet auf dem Himmelsgrund, was eine Verteilung der Schweifmaterie in großer Entfernung vom K. andeutet. Die scheinbare Ausdehnung eines Kometenschweifs gestattet direkt keinen Schluß auf dessen wirkliche Größe. Der 90° lange Schweif des K. von 1680 hatte eine lineare Länge von 20 Mill. Meilen; der 130° lange Schweif des K. von 1769 erstreckte sich nur auf 8 Mill. Meilen. Die Feinheit der Schweifmaterie ist außerordentlich, indem man durch dieselbe die kleinsten Sterne ohne Lichtverlust durchschimmern sieht und auch keine Ablenkung der Lichtstrahlen beobachtet. Eine geringe Anzahl K. haben mehrere Schweife gehabt, z. B. die von 1807 und 1861 zwei. Das merkwürdigste Beispiel bot der Komet von 1744, der in der Nacht vom 7. zum 8. März sechs fächerartig ausgebreitete Schweife zeigte, von denen jeder 4° breit und 30–44° lang war. Die Nebelhülle (Kopf, Koma) fehlt bei keinem K.; sie hat im allgemeinen eine parabolische Gestalt und umschließt meist einen heller leuchtenden Punkt, den Kern. Die wahren Größen der kometarischen Nebelhüllen nehmen mit der Annäherung an die Sonne ab. Newton nahm zur Erklärung dieser Erscheinung an, daß die Kometenköpfe das Material für die Schweife liefern, daß die Sonne eine abstoßende Kraft auf die Materie der K. ausübe, die mit zunehmender Entfernung rasch abnehme. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam auch Olbers durch Untersuchung der Erscheinungen, die der große Komet 18111 zeigte. Er fand, daß der Kern des letztern mit der ihn einhüllenden eigentümlichen Atmosphäre in einem hohlen, fast leeren parabolischen Dunstkegel eingeschlossen war, dessen Wände keine beträchtliche Dicke hatten und allenthalben weit von ihm abstanden, und folgerte, daß die von dem K. und seiner eigentümlichen Atmosphäre entwickelten Dämpfe infolge einer Repulsivkraft sowohl von diesem als von der Sonne abgestoßen würden. Woher diese Repulsivkraft stammt, ist unbekannt, doch dachte schon Olbers an elektrische Kräfte. Auch Bessel wurde zur Annahme repulsiver (polarer) Kräfte geführt durch seine Untersuchungen des Halleyschen K. im Herbst 1835. Im Anschluß an Olbers und Bessel hat dann Zöllner (»Über die Natur der K.«, s. unten: Literatur) die Schweifbildung durch eine zwischen Sonne und Komet wirkende elektrische Kraft erklärt, und diese Theorie ist in neuerer Zeit von Bredichin noch mehr erweitert worden, der die Kometenschweife in drei Klassen einteilte. Bei der ersten Klasse ist die abstoßende Kraft der Sonne 11mal so groß als die Anziehungskraft, bei der zweiten 1, 3mal und bei der dritten 0,2mal. Die Schweife der ersten Klasse sind lang und schmal und bestehen vorwiegend aus Wasserstoff, diejenigen der zweiten Klasse sind breiter und gekrümmt und bestehen aus Kohlenwasserstoff, diejenigen der dritten Klasse sind breit und kurz und bestehen aus Eisendampf. Scharfe Kerne kommen sehr selten vor und sind in der Regel sehr klein; manchmal fehlt der Kern ganz. Nach Bessels Meinung sind die Kerne der K. keine eigentlich festen Körper, wie Erde, Mond und Planeten, sondern müssen leicht in den Zustand der Verflüchtigung übergehen[319] können. Dies harmoniert vollständig damit, daß die Massen der K. zu gering sind, um sich durch Störungen der Planeten bemerkbar zu machen. Die K. sind selbstleuchtend, wie sich schon aus dem Umstand ergibt, daß die Änderungen ihrer Lichtintensität sich nicht allein aus dem Wechsel der Entfernung von der Sonne erklären lassen, und wie auch die Spektralanalyse gezeigt hat. Donati beobachtete zuerst das Spektrum des K. von 1864 und fand es bestehend aus drei hellen, im Gelbgrün, Grün und Violett gelegenen Bändern, die nach dem Rot scharf begrenzt sind, nach dem Violett dagegen verwaschen erscheinen, und von denen das mittelste am hellsten ist. Später haben Huggins, Secchi, Vogel und d'Arrest an andern K. dieselben Bänder beobachtet und deren Lage bestimmt, und Secchi hat zuerst an dem Spektrum des K. 1868 II die Übereinstimmung dieser Bänder mit denjenigen erkannt, die man im Spektrum von Kohlenwasserstoffgas beobachtet, wenn ein elektrischer Funkenstrom durchgeleitet wird. Es sind daher wahrscheinlich glühende Kohlenwasserstoffe, die gewöhnlich das Selbstleuchten der K. verursachen. Außer diesem Bänderspektrum wird aber noch im Lichte des Kometenkerns ein schwaches kontinuierliches Spektrum wahrgenommen, in dem auch einzelne dunkle Linien erkannt worden sind; dasselbe gehört dem reflektierten Sonnenlicht an, dessen Anwesenheit sich auch durch die teilweise Polarisation des Kometenlichts kundgibt. Eigentümliche Beobachtungen hat man mit dem Spektroskop an den beiden hellen K. von 1882 gemacht, die beide der Sonne ungewöhnlich nahe kamen. Zunächst bemerkte man bei dem K. Wells 1882 I, der am 10. Juni am Tage mit dem Fernrohr in der Nähe der Sonne sichtbar war, daß die drei Kohlenwasserstoffbänder in seinem Spektrum mit der Annäherung an die Sonne mehr und mehr verschwanden und an deren Stelle die gelbe Natriumlinie trat. Dieselbe Linie wurde auch in dem Spektrum des großen Septemberkometen 1882 II, der am 19. Sept. am hellen Tage mit bloßem Auge dicht bei der Sonne sichtbar war, beobachtet; zugleich aber konnte bei diesem auch das allmähliche Verschwinden der Natriumlinie und das Wiedererscheinen der Kohlenwasserstofflinien in dem Maße, wie der Komet sich wieder von der Sonne entfernte, konstatiert werden. Es ist aber die hier nachgewiesene Entwickelung von Natriumdämpfen in dem K. nicht bloß eine Folge der starken Erhitzung; diese erklärt nämlich nicht, weshalb die Kohlenwasserstofflinien in der Sonnennähe verschwinden, denn wenn Natrium in die Flamme von Kohlenwasserstoffgas gebracht wird, so treten die Linien der letztern zugleich mit der Natriumlinie auf. Dagegen verschwinden die Gaslinien sofort, wenn in Kohlenwasserstoffgas, das elektrisch glüht, Natrium verdampft, dessen Doppellinie dann im Spektrum erscheint. Die Beobachtung dieser beiden K. hat so einen direkten Nachweis geliefert für die wichtige Rolle, welche die Elektrizität auf diesen Weltkörpern spielt.

Neuere Untersuchungen Schiaparellis haben eine innige Beziehung der K. zu den Sternschnuppen ergeben. Als er nämlich die Bahnen der Sternschnuppen des Augusts und Novembers genauer berechnete, ergab sich, daß diese Bahnen zusammenfielen mit denjenigen der K. 1862 III und 1866 I. Diese beiden K. sind indessen nicht mit jenen Sternschnuppenströmen identisch, indem sich letztere an andern Punkten der Bahn befinden als erstere, und Weiß machte 1867 darauf aufmerksam, daß manche periodische Sternschnuppenfälle mit der gleichzeitigen Annäherung der Erde an die Bahnen mehrerer K. zusammentreffen. Dieser Zusammenhang zwischen Kometen- und Sternschnuppenbahnen deutet auf eine Gleichheit des Ursprungs beider Himmelskörper hin und führt zu der Ansicht, daß die K. aus gesonderten Meteoriten bestehen, die Kohlenwasserstoffgase eingeschlossen enthalten, die sie bei der infolge ihrer Annäherung an die Sonne eintretenden Erwärmung frei werden lassen, und zwar in um so stärkerm Maße, je mehr der Komet sich der Sonne nähert. Das Glühen dieser Kohlenwasserstoffgase wird dann durch die elektrische Einwirkung der Sonne hervorgebracht. Diese Erklärung hat viel Wahrscheinlichkeit, zumal da Vogel experimentell nachgewiesen hat, daß Meteoriten, die in einer Röhre erhitzt wurden, während gleichzeitig ein elektrischer Strom durch die Röhre geleitet wurde, dasselbe charakteristische Spektrum gaben wie die K. Da die Erhitzung dieser gesonderten Teilchen auf der der Sonne zugewandten Seite am stärksten ist, so werden auch hier die meisten Ausbrüche der Kohlenwasserstoffgase stattfinden, die so weit emporgeschleudert werden, bis die von der Sonne ausgehende Repulsivkraft dieselben zurückschleudert und so den von der Sonne abgewandten Schweif erzeugt. Auf diese Weise finden auch die manchmal beobachteten kurzen Schweifansätze, die zur Sonne hin gerichtet sind, ihre Erklärung. Die K. gelangen aus den Sternenräumen in unser Sonnensystem, und wahrscheinlich gehen uns, worauf zuerst Hoek hingewiesen, bisweilen ganze Systeme von K. aus dem Weltraum zu. Ein solches zusammengehöriges System bilden sicher die großen K. 1843 I, 1880 I und 1882 II, dem wahrscheinlich auch noch einige ältere K. angehören (vgl. Kreutz, Untersuchungen über das Kometensystem 1843 I etc., 3 Tle., Kiel 1888–1901). Die elliptischen Kometenbahnen mit kurzen Umlaufszeiten sind wahrscheinlich im Laufe der Jahrtausende durch planetarische Störungen entstanden, indem der ursprünglich in einer weitern, mehr parabolischen Bahn umhergehende Komet in die engere Bahn abgelenkt ward. Ähnliches fand fast unter den Augen der Astronomen bei dem Lexellschen K. 1770 II statt, der vor 1767 der Sonne nie näher als 60 Mill. Meilen kam und elf Jahre Umlaufsdauer besaß, damals aber durch den Planeten Jupiter in eine Bahn von 51/2 Jahren Umlaufszeit geworfen ward, in der er bis 1779 verblieb, wo er durch denselben Planeten wiederum in eine größere Bahn abgelenkt wurde; ähnlich war es beim K. 1889 V (s. unten).

Periodische Kometen.

Die periodischen K. bieten vor den andern K. ein erhöhtes Interesse, da sie öfters in unser Sonnensystem zurückkehren, zum Teil ganz in demselben verweilen und ihre Bewegung uns daher über die Konstitution des interplanetarischen Raumes, die Massen der Planeten etc. mancherlei Aufklärung zu geben vermag. Je größer die Rechnung die Umlaufszeit der K. ergibt, um so unsicherer ist dieselbe meistens, nur diejenige der kurzperiodischen K., die schon in mehreren Erscheinungen beobachtet sind, ist ziemlich sicher bestimmt. In der folgenden Tabelle sind alle bisher erschienenen K. zusammengestellt, für welche die Rechnung eine Umlaufszeit von weniger als 100 Jahren ergeben hat. Die mit k versehenen, bereits in mehreren Erscheinungen beobachteten K. werden gewöhnlich nur nach ihrem Entdecker oder Berechner benannt, während die nur in Einer Erscheinung beobachteten K. durch das Jahr ihrer Entdeckung und die Reihenfolge der Periheldurchgänge der in jenem Jahr erschienenen K. bezeichnet werden.[320]

Tabelle

Der Halleysche Komet ist bis jetzt in 17 Erscheinungen bekannt, von denen die früheste im Jahre 12 v. Chr. stattfand. Die nächste Erscheinung dieses K. wird im Frühjahr 1910 stattfinden. Der Enckesche Komet ist nach seinem ersten Berechner benannt. Encke wies zuerst 1819 die Identität des K. mit den 1786, 1796 und 1805 erschienenen nach. Mit unbewaffnetem Auge kaum sichtbar, stellt er sich gewöhnlich als eine Nebelkugel mit undeutlichem Kern und von sehr veränderlichem Durchmesser dar. Nur zuweilen zeigt er in seinem Perihel einen sehr kurzen, von der Sonne nicht abgewandten, sondern seitlich gerichteten Schweif. Sein mittlerer Abstand von der Sonne beträgt nur 2,2 Erdbahnradien, im Perihel nähert er sich der Sonne auf 0,33, während er sich im Aphel wieder bis auf 4,07 Erdbahnradien entfernt. Merkwürdigerweise verkürzte sich seine Umlaufszeit bei jedem folgenden Umlauf um ca. 21/2 Stunden, was Encke auf die Annahme der Existenz eines widerstehenden Mittels im Weltenraum führte; Backlund hat aber durch neuere Untersuchungen nachgewiesen, daß diese Beschleunigung der Bewegung des Enckeschen K. nicht konstant ist, er verwirft deshalb die Annahme des widerstehenden Mittels und schreibt die Ungleichheit der Bewegung der Einwirkung eines Meteorschwarmes zu, den der Komet manchmal durchschneidet. D'Arrests Komet, 27. Juni 1851 von d'Arrest entdeckt, hat eine mittlere Entfernung von der Sonne von 3,5 Erdbahnhalbmessern. Er ward 1857, 1870, 1877, 1890 und 1897 beobachtet. Bielas Komet ward 27. Febr. 1826 von dem österreichischen Hauptmann v. Biela entdeckt, nachdem er schon 1772 und 1805 gesehen, aber nicht sicher als periodisch erkannt worden war. Er zeigte äußerlich viel Ähnlichkeit mit dem Enckeschen K. und hat einen mittlern Abstand von 3,5 Erdbahnradien von der Sonne. Dieser Komet bot bei seiner Erscheinung 1845–46 ein bis dahin noch nie gesehenes Schauspiel dar, indem er sich in zwei selbständige K. von ähnlicher Gestalt, aber ungleicher Dimension, beide mit Kopf und Schweif, teilte. Der neue kleinere Komet ging in nördlicher Richtung dem größern voran. Der Abstand zwischen beiden war bis März 40,000 Meilen. Die Lichtstärke wechselte, so daß der allmählich wachsende Nebenkomet einige Zeit den Hauptkometen an Helligkeit übertraf. Die die Kerne umgebende Nebelhülle war nicht bestimmt umgrenzt. 1852 erschien der Bielasche Komet wieder und zwar, wie 1846, doppelt. Die Entfernung zwischen beiden K. war auf 350,000 Meilen gestiegen. 1859 konnte der Komet infolge seiner ungünstigen Stellung zur Erde nicht sichtbar werden, wohl aber 1865 und mehrfach später; alles Suchens ungeachtet, wurde er aber nicht gefunden, so daß es sehr wahrscheinlich ist, daß der Bielasche Komet sich aufgelöst hat und als Komet überhaupt nicht mehr sichtbar ist. Dagegen haben wir seine Überreste zweimal in Gestalt äußerst glänzender Sternschnuppenfälle zu Gesicht bekommen, nämlich in den Nächten vom 27. zum 28. Nov. 1872 und 1885. Damals kam nämlich die Erde dem niedersteigenden Knoten der Kometenbahn sehr nahe, den der Komet im ersten Fall etwa 80 Tage vorher passiert hatte, im letztern 60 Tage nachher passierte. Wir sahen daher einmal den Vortrab, das andre Mal die Nachzügler des kosmischen Meteoritenschwarms, der von dem K. übriggeblieben ist. 1872 hatte man allerdings noch Hoffnung, den Bielaschen K. selbst zu sehen, und auf eine gleich nach dem Sternschnuppenfall von Klinkerfues in Göttingen an Pogson zu Madras gerichtete telegraphische Aufforderung zu Nachforschungen im Kentauren entdeckte Pogson auch wirklich dort einen kleinen K., der aber, wie jetzt feststeht, mit dem Bielaschen nicht identisch ist. Von neuem wurde das Interesse an dem Bielaschen K. geweckt durch die Entdeckung des K. Perrine (1896 VII) 8. Dez. 1896. Dieser Komet bewegt sich fast genau in derselben Ebene, in der die Bahn des Bielaschen K. liegt, auch die Dimensionen beider Bahnen sind nahe dieselben, nur die Perihellängen sind um 60° verschieden. Die genauere Untersuchung hat jedoch gezeigt, daß eine Identität beider K. ausgeschlossen ist, daß aber immerhin noch ein ehemaliger Zusammenhang möglich ist, zumal da der Bielasche Komet sich 1846 in zwei Teile geteilt hat und weitere Teilungen sich früher oder später wiederholt haben können. Der Schnittpunkt beider Bahnen liegt etwa 65° vor dem Perihel der Bielabahn; interessant ist es nun, daß, wie Berberich bemerkt, an diesem Punkte der Bielasche Komet 25. Dez. 1845 gestanden, und daß vier Tage später der erste Begleiter desselben entdeckt wurde, so daß ein Zusammenhang beider K. sehr wahrscheinlich ist. Brorsens Komet. 26. Febr. 1846 in Kiel entdeckt, hat einen mittlern Abstand von der Sonne von 3,2 Erdbahnradien und ist 1857, 1868, 1873 und 1879 wieder beobachtet worden. 1885 und 1891 wurde er jedoch trotz eifrigen Suchens nicht wieder gesehen. Zu interessanten Vermutungen über den Verbleib dieses K. hat die Untersuchung der Bahn des von Denning 26. März 1894 entdeckten K. 18941 Anlaß gegeben. Dieser Komet besitzt eine Umlaufszeit von 7,42 Jahren und hat sich im Januar 1881 in einem Punkte des Weltraums befunden, in dessen Nähe auch der Brorsensche Komet zu jener Zeit gestanden hat. Es liegt daher sehr nahe, anzunehmen, daß der Komet 18941 nur ein Bruchstück des frühern Brorsenschen K. gewesen ist, der durch irgend einen Vorgang auseinandergerissen wurde; leider ist der Komet bei seiner nächsten Wiederkehr im Jahre 1902, die hierüber hätte Aufschluß geben können, nicht gesehen worden. Fayes Komet, nur in Fernrohren sichtbar, mit Kern und kleinem Schweif, ward 22. Nov. 1843 entdeckt. Sein mittlerer Abstand von der Sonne ist 3,8 Erdbahnhalbmesser. Da er in seinem Aphel dem Jupiter sehr nahe kommen kann, was 1839 der Fall war, so übt dieser einen großen Einfluß auf seinen Umlauf aus.[321] Dieser Komet ist in den Jahren 1851, 1858, 1865, 1873, 1881, 1888 und 1896 wieder beobachtet worden. Winneckes Komet ward von Winnecke 8. März 1858 entdeckt und ist identisch mit dem K. 1819 III. Er wurde 1869, 1875, 1885, 1892 und 1898 wieder beobachtet. Die ausführliche Untersuchung seiner Bewegung von Härdtl hat zu einer genauen Bestimmung der Jupitermasse geführt. Tuttles Komet, 4. Jan. 1858 entdeckt, ist identisch mit dem K. 1790 II und ist 1871, 1885 und 1899 wieder beobachtet worden. Der erste Tempelsche Komet wurde 3. April 1867 entdeckt und 1873 und 1879 wieder beobachtet, der zweite Tempelsche Komet wurde 3. Juli 1873 entdeckt und 1878, 1894 und 1899 wieder beobachtet, der dritte Tempelsche Komet, 27. Nov. 1869 entdeckt, wurde 1880 von Swift unabhängig wieder aufgefunden (deshalb auch Tempel-Swift bezeichnet) und auch 1891 beobachtet. Der Olberssche Komet, von Olbers 6. März 1815 entdeckt, wurde 1887 von Brooks wieder aufgefunden. Der Pons-Brookssche Komet, 20. Juli 1812 von Pons entdeckt und von Encke 1816 als periodisch erkannt, wurde 1883 von Brooks wieder aufgefunden. Der Wolfsche Komet, 17. Sept. 1884 entdeckt, wurde 1891 und 1899 wieder beobachtet. 1875 ist dieser Komet dem Jupiter sehr nahe gekommen und hat dadurch erst seine jetzige Bahn erhalten. Der Finlaysche Komet, 26. Sept. 1886 entdeckt, ist 1893 wieder beobachtet worden. Der de Vico-Swiftsche Komet wurde 22. Sept. 1844 von de Vico in Rom entdeckt und war während dieser Erscheinung sehr hell, so daß er auch mit bloßem Auge gesehen werden konnte. Seine Bahnbestimmung ergab eine Umlaufszeit von 5,47 Jahren und zeigte, daß derselbe mit dem K. von 1678 identisch war. In den folgenden Erscheinungen wurde er trotz eifriger Nachforschungen nicht gesehen, dagegen ergab die Bahnberechnung des am 20. Nov. 1894 von E. Swift entdeckten, äußerst schwachen K. 1894 IV, daß derselbe eine Umlaufszeit von 5,86 Jahren besitzt und mit dem während acht Umläufen nicht gesehenen de Vicoschen K. 18441 identisch ist. Derselbe ist während der Jahre 1884–86 dem Jupiter sehr nahe gewesen und hat durch die Störungen seitens dieses Planeten eine erhebliche Umgestaltung seiner frühern Bahn erfahren, wahrscheinlich auch dabei Veränderungen seiner Materie erlitten, die sein erneutes Aufleuchten ermöglicht haben. Von den in den letzten Jahren entdeckten periodischen K. ist besonders interessant der Komet 1889 V (Brooks), der am 6. Juli 1889 entdeckt wurde und eine Sichtbarkeitsdauer von 556 Tagen hatte; derselbe trennte sich im August 1889, ähnlich wie der Bielasche Komet, in verschiedene Teile. Dieser Komet ist 1886 dem Jupiter sehr nahe gekommen und zwar innerhalb der Bahn des 5. Satelliten und hat infolge der dabei stattgehabten starken Jupiterstörung erst seine jetzige Bahn erhalten, während er vorher eine Bahn von ungefähr 40 Jahren Umlaufszeit beschrieb; 1896 und 1903 wurde er wieder beobachtet, doch war er sehr schwach geworden, und von seinen Begleitern konnte nichts wahrgenommen werden. Auch der Komet 1892 III (Holmes) bietet viel Interessantes, da seine Bahn ganz zwischen Mars und Jupiter, in der Zone der kleinen Planeten, liegt. Er wurde 6. Nov. 1892 von Holmes mit bloßem Auge in der Nähe des Andromedanebels entdeckt und hatte damals einen länglichen Kern, großen Kopf und kleinen Schweif (Tafel I, Fig. 4), nahm aver sehr schnell an Helligkeit ab, so daß er Ende Dezember nur noch in den größten Fernrohren sichtbar war. Am 16. Jan. 1893 erschien er plötzlich wieder als Stern 8. Größe mit einem kleinen Kopf, dehnte sich dann wieder aus und wurde alsdann schnell schwächer. 1899 wurde er von neuem beobachtet, doch war er ein sehr schwaches Objekt und zeigte keine besondern Eigentümlichkeiten. Der Komet Barnard 1892 V ist besonders interessant, da er der erste mittels der Photographie entdeckte Komet ist. Seine Bahn zeigt eine große Ähnlichkeit mit dem periodischen K. Wolf und legt die Vermutung nahe, daß derselbe ein Bruchstück des letztern ist, das sich 1815, als der Wolfsche Komet in großer Nähe des Jupiter stand, abgelöst hat. Ebenfalls mit Hilfe der Photographie aufgefunden, dagegen im Fernrohr nicht sichtbar geworden, ist der Sonnenfinsternis-Komet vom 16. April 1893, welchen Schäberle auf den während der Sonnenfinsternis in Chile aufgenommenen Platten in der Nähe der Sonne bemerkt hat, und der auch auf den in Brasilien und Afrika aufgenommenen Platten sichtbar ist. Der am 20. Aug. 1895 entdeckte Komet Swift 1895 II bietet besonderes Interesse, weil seine Bahn sehr ähnlich derjenigen des K. Lexell (1770 I) ist, der seit seiner ersten Erscheinung nicht wieder gesehen wurde, aber 1779 dem Jupiter sehr nahe gekommen ist und dabei eine gewaltige Störung seiner Bahn erlitten hat. Nach Schulhof ist die Identität der beiden K. sehr wahrscheinlich, jedoch ist kein bestimmter Nachweis möglich. Sicher ist, daß beide K., falls sie nicht identisch sein sollten, mit den periodischen K. Wolf und Barnard (1892 V) eine Gruppe bilden und wahrscheinlich alle in einer wenig dichten, aber sehr großen Nebelmasse ihren Ursprung haben, die bei ihren häufigen Annäherungen an Jupiter infolge der erlittenen Störungen sich mehr und mehr aufgelöst hat. Da die nächsten Erscheinungen des K. Swift unter sehr ungünstigen Umständen eintreten, so wird wohl erst die Erscheinung im J. 1931 in der Frage des Zusammenhanges der beiden K. eine Entscheidung bringen. Zu der erwähnten Gruppe von periodischen K. gehört wahrscheinlich auch noch der Komet Giacobini (1896 V), der am 4. Sept. 1896 in Nizza entdeckt wurde.

Ein ausgezeichneter Komet war der Komet 1811 I, der noch in einem Abstand von 80 Mill. Meilen von der Sonne und mehr als 60 Mill. Meilen von der Erde, wenn auch ohne Schweif, gesehen werden konnte. Letzterer erreichte eine Länge von 12–15 Mill. Meilen. Merkwürdig war ein dem K. vorangehender glänzender Bogen, der durch einen dunklern Raum von dem Kern getrennt war, und durch den Sterne 8.–9. Größe mit geschwächtem Licht hindurchschienen. Der Komet von 1680 gehörte insofern mit zu den merkwürdigsten aller bisher erschienenen, als er sich nicht nur durch die außerordentliche Länge seines Schweifes, die 80° betrug, sondern auch dadurch vor andern K. auszeichnete, daß er sich von der Sonne 17,700 Mill. Meilen entfernte, während in seiner Sonnennähe 17. Dez. sein Abstand von der Oberfläche der Sonne nur 32,000 Meilen betrug. Einer der größten K. des 19. Jahrh. ist der am 2. Juni 1858 von Donati zu Florenz entdeckte, der am 10. Sept. dem unbewaffneten Auge sichtbar wurde. Die größte Lichtstärke zeigten Kopf und Schweif in den letzten Tagen des Septembers und in den ersten des Oktobers. Der Schweif hatte 5.–8. Okt. seine größte Länge und war stets von der Sonne abgewendet. Den schönsten Anblick gewährte er 5. Okt., wo der Stern 1. Größe Arcturus dicht neben dem Kopfe stand (Tafel I, Fig. 1). Der Kopf zeigte auffallende Erscheinungen (Tafel I, Fig. 2), indem sich um den Kern eine Reihe von Hüllen bildete und pendelartige Schwingungen leuchtender[322] Ausströmungen wie beim Halleyschen K. (1835) sich zeigten.

Der große Septemberkomet 1882 II wurde Anfang September 1882 zuerst auf der südlichen Erdhalbkugel mit bloßem Auge wahrgenommen; seine Helligkeit nahm so bedeutend zu, daß er auch bei hellem Sonnenschein sichtbar war, und 17. Sept., dem Tage der größten Annäherung an die Sonne, gewahrten Finlay und Elkin am Kap und Gould in Cordoba, wie er in die Sonnenscheibe eintrat und dabei völlig verschwand, nachdem er noch wenige Sekunden früher fast so hell wie die Sonne geglänzt hatte. Gegen Ende September war derselbe dann als prachtvolle Erscheinung am Morgenhimmel sichtbar (Tafel I, Fig. 3) und konnte bis zum Februar mit bloßem Auge, mit dem Fernrohr aber bis in den Juni beobachtet werden. Bald nach dem Durchgang durch das Perihel zeigte sich eine auffallende Verlängerung des Kerns, indem derselbe sich in 5–6 Lichtknoten trennte, die sich voneinander entfernten und in der Helligkeit wechselten. Die Fig. 1–4 der Tafel II zeigen einige Photographien von K. aus der neuesten Zeit und lassen erkennen, wie sehr die Photographie berufen ist, auch über die Konstitution der K. wesentlich sicherere Aufschlüsse zu geben als die visuelle Beobachtung. Sie läßt Gestaltungen der Struktur der Schweife erkennen, die für das Auge des Beobachters nicht wahrnehmbar sind. So zeigt Fig. 1 bei dem Kometen Swift 18921 eine große Anzahl seiner einzelner Schweifansätze, die sich weithin erstrecken, Fig. 2 läßt bei dem Kometen Borrelly 1903 IV zwei Schweife erkennen, von denen der eine sich aber nicht bis zum Kopfe des Kometen erstreckt, sondern anscheinend vom Hauptschweif sich getrennt hat. Fig. 3 u. 4 geben ein Beispiel dafür, wie außerordentlich schnell solche Veränderungen in der Schweifmaterie der K. vor sich gehen. Es sind Photographien des Kometen Brooks 1893 IV von zwei aufeinanderfolgenden Tagen. Auf der ersten (Fig. 3) gehen vom Kometenkopf zwei Schweife aus, ein schwacher kurzer und ein heller, der sich geradlinig weithin erstreckt. Auf der Aufnahme des nächsten Tages (Fig. 4) ist aber der kleine Schweif ganz verschwunden, und der lange Schweif hat ein ganz andres Aussehen angenommen, er ist nicht mehr geradlinig, sondern ganz unregelmäßig und hat das Aussehen einer brennenden Fackel. Es gewinnt fast den Anschein, als wenn er mit einer kosmischen Wolke zusammengestoßen und dabei auseinandergerissen sei. Die planmäßig fortgesetzte Photographie der neuen Kometenerscheinungen, wie sie namentlich von Barnard mit kurzbrennweitigen Objektiven ausgeführt wird, läßt noch große Fortschritte in der Erkenntnis der Natur der K. erwarten. Vgl. Carl, Repertorium der Kometenastronomie (Münch. 1864); Oppolzer, Lehrbuch zur Bahnbestimmung der K. und Planeten (Leipz. 1870–80, 2 Bde.; Bd. 1 in 2. Aufl. 1882); Zöllner, über die Natur der K. (3. Aufl., das. 1883); Valentiner, Die K. und Meteore (das. 1884); Galle, Verzeichnis der Elemente der bisher berechneten Kometenbahnen bis zum Jahre 1894 (das. 1894).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 319-323.
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