Bauch [1]

[405] Bauch, 1) der vordere, von Fett gewölbte Theil des Unterleibes; 2) (lat. Venter, Abdomen, Unterleib, Anat.), die nach oben von dem Zwerchfell nach hinten von den Lendenwirbeln, mehreren Rücken- u.a. Muskeln, nach den Seiten u. nach vorn von den B-muskeln, nach unten von dem Becken u. den dieses verschließenden Bändern, Muskeln u. häutigen Bedeckungen umschlossene Abtheilung des Körpers. Sein innerer Raum, in welchem die Baucheingeweide (Viscera ahdominalia) enthalten sind, u. zwar als zur Ernährung (Magen mit dem Darmkanal, Leber, Milz, Speicheldrüse, Netz), zur Harnab- u. Aussonderung (Nieren- u. Harnblase) u. zur Fortpflanzung (die inneren Geschlechtstheile) dienend, bildet die Bauchhöhle (Cavitas abdominalis), die unterste der 3 großen Körperhöhlen. Ferner sind noch zu bemerken: A) die Bauchmuskeln (Musculi abdominales), die muskulösen Gebilde, welche den ganzen, von Knochengebilden am Unterleibe vor- u. seitwärts bis zur Rückenwirbelsäule offen gelassenen Raum erfüllen, unmittelbar unter der äußeren Haut u. deren Fettunterlage, durch welche die Unterleibshöhle völlig verschlossen u. gürtelartig umzogen wird, bilden eigentlich einen gemeinschaftlichen organisch u. mechanisch verbundenen Sicherungs- u. Bewegungsapparat, werden aber, der Deutlichkeit wegen, gewöhnlich unterschieden: a) als breite Seitenmuskeln, in 3 Lagen über einander liegend u. nach der Haupteinrichtung ihrer Fasern bezeichnet als: aa) äußerer größerer schiefer (von hinten nach vorn) absteigender B-muskel (Musculus obliquus externus descendens); bb) innerer kleinerer schief (von vorn nach hinten) aufsteigender B-muskel (Musc. obl. internus adscendens); cc) Querbauchmuskel (Musc. transversus). Ihr Ansatz ist oberwärts an den Rippen, zum Theil mit Zacken (Dentationen), unterwärts an den oberen Beckenrändern, hinterwärts (beide letztere) an zwei bes. von den Lendenwirbeln ausgehenden Sehnenhäuten. Vorwärts aber gehen sie in eine gemeinschaftliche Aponeurose über, welche von der Herzgrube bis zu den Schambeinen herab in ihren beiden Platten, in der Mitte fest verwachsen u. die weiße Linie bildend, b) die geraden B-muskeln (Musculi recti) in dafür gebildeten Scheiden aufnimmt. Diesem Gesammtapparat ist zuweilen c) ein kleiner pyramidenförmiger Muskel (Musculus pyramidalis), zugegeben, der, auf jeder Seite von dem Schambein auslaufend, spitzig der äußeren Platte für den geraden B-muskel sich einfügt. An der Außenseite dieses B-muskelapparates machen sich vorwärts drei Stellen merkwürdig, wo die Verschließung des Unterleibes durch denselben, wegen früheren od. noch dauernden Durchganges von Theilen weniger fest ist: d) in der Mitte die Nabelgrube (s. Nabel); zu den B-muskeln gehörend e) der Bauchring (Annulus abdominalis), die an der tiefen od. Leistengegend[405] des Unterleibes auf jeder Seite durch Auseinanderweichen der sehnigen Fasern des äußeren schiefen B-muskels gebildete Spalte, durch welche beim männlichen Geschlecht der Samenstrang, beim weiblichen das runde Mutterband geht; nach innen nimmt die Öffnung kanalartig schief aufwärts ihren Fortgang; man unterscheidet hiernach auch eine äußere u. innere Öffnung des B-ringes. Diese Stelle ist bes. wichtig, weil, durch Heraustreten der Gedärme od. des Netzes durch sie, sich die gewöhnlichsten Arten von Brüchen (Leistenbrüche) bilden. Nur in diesen Fällen erscheint jene Spalte ringartig. Unter diesem f) die Stelle unter dem Poupartschen Band (äußeres Leistenband, Ligamentum Poupartii), wo sich die Schenkelbrüche bilden. Dieses Band ist ein, durch Verlängerung u. Verstärkung des absteigenden B-muskels (s. oben) gebildeter, bandartiger, sehniger, vom Darmbein nach dem Schambein sich ziehender bogenförmiger Streif, unter dem hervor die Schenkelgefäße u. Nerven aus dem Becken zum Schenkel gehen. Der Willkühr unterworfen dienen die Bmuskeln zu mannigfaltigen Zwecken des Lebens, in Unterstützung beim Ausathmen, durch Herabziehen der Rippen, zu Vorwärtsbeugung od. auch zu Seitenbeugungen des Rumpfes, zum Drehen des Körpers, bes. im Sitzen, zu Entleerung der Gedärme, bei der Geburt zum Verarbeiten der Wehen u. mithelfend beim Gehen u. Treppensteigen. B) Die nach innen gekehrte Fläche der B-muskeln ist bekleidet von dem Bauchfell (Peritonaeum), einer serösen Haut, welche in der B-höhle von einer vorderen Platte, die unmittelbar unter den B-muskeln, u. einer obern, die der Hohlfläche des Zwerchfells entspricht, ausgehend für die meisten zur Verdauung dienenden Organe einen Sack bildet, so jedoch, daß sie durch Verdoppelung eigene Behälter für Fett (Netze) bildet u., indem sie sich auf gleiche Weise umschlägt, jene Organe selbst noch mit einer eigenen Haut von außen umzieht, zugleich aber ihnen Befestigung u. Sicherung für zu u. von denselben gehende Gefäße u. Nerven, als Gekröse (beim Magen u. Darmkanal) od. als Bänder (der Leber u. Milz) verleiht. Vor den Nieren zieht sich die B-höhle in 2 Abtheilungen, die vordere od. eigentliche, eben beschriebene B-höhle, u. eine hintere trennend, mit seiner hinteren Platte vorbei; diese sowohl, als auch die Harnblase, liegen daher außerhalb des Sacks des B-fells, erhalten aber doch auch durch dasselbe theilweise Befestigung; auch werden, indem es sich beim weiblichen Geschlecht über die Gebärmutter wegschlägt, die breiten Mutterbänder nebst den, mit denselben in nächstem Zusammenhang stehenden häutigen Theilen davon gebildet. Zu den Eingeweiden u. Bedeckungen gehn noch C) Baucharterien (Arteriae abdominales), bes. a) zu den Eingeweiden: B-arterie (Arteria coeliaca), die erste in der Unterleibshöhle von der vordern Seite der Aorta, in der Gegend des letzten Rückenwirbels abgehende, unpaarige, selten über ein Zoll lange, von den Fäden des Sonnengeflechtes umstrickte Zweigarterie. Sie theilt sich sehr bald in 3 Zweige: aa) in die Kranzarterie des Magens (Art. coronaria ventriculi sinistra), oft auch aus der Zwerchfells- od. Milzarterie entspringend, theilt sich bes. in einen vorderen u. einen hinteren Hauptzweig, die sich in den Magenhäuten verbreiten; bb) Die Leberarterie (Art. hepatica), geht hinter der B-speicheldrüse gegen die rechte Seite in die Höhe, gibt außer kleineren Ästen an das kleine Netz u. das Pankreas, die Pylorarterien (Art. pyloricae), an den untern Magenmund, u. hinter dem Anfang des Zwölffingerdarms die Gastroduodenalarterie ab, die sich sogleich in die B-speicheldrüsenzwölffingerdarmarterie (Arteria pancreatico-duodenalis), u. in die rechte Magennetzarterie (Art. gastro-epiploica dextra) theilt, geht dann unter den Spiegelschen Leberlappen hin, gegen die Querfurche der Leber, u. tritt mit einem dünnen linken u. einem dickeren rechten Aste, von welchem letzterer vorher die Gallenblasenarterie (Art. cystica) abgibt, in die Substanz der Leber ein, in welcher sie sich vielfach verästelt. cc) Die Milzarterie (Art. splenica s. lienalis), der stärkste Zweig der B-arterie, zieht sich sogleich links geschlängelt nach der Milz hinter den Magen an den Rand des Pankreas hin, gibt außer mehrern kleinern Zweigen an das letztere u. den Magen, 3–4 kurze, aber starke Zweige, kurze Arterie (Arteria brevis), an den blinden Sack des Magens, u. zwischen den Magen u. der Milz, die linke Magennetzarterie (Art. gastroepiploica sinistra) ab, welche an der großen Curvatur der gleichnamigen, von der rechten Seite entgegenkommt u. sich mit ihr verbindet. In dem Ausschnitt der Milz theilt sich die Arterie in 4–10 starke, aber weiche u. dehnbare Zweige, die sich in der Milz büschelförmig, in immer feinere Zweige verästeln. b) Zu den Bauchbedeckungen: aa) die epigastrische od. untere B-deckenarterie (Art. epigastrica), Zweig der Schenkelarterien, entspringt unter dem Poupartschen Bande, geht nach innen u . hinten in das Becken zurück, dann bei Männern an den Samenstrang, bei Weibern an das runde Mutterband u. oberhalb des B-rings an den geraden B-muskel, giebt Zweige an diesen, den Pyramidenmuskel etc., steigt bis über den Nabel herauf u. anastomisirt mit Zweigen der inneren Brüstearterien; bb) die Abdominalarterie (Art. abdominalis), ebenfalls ein Zweig der Schenkelarterie, doch nicht immer vorhanden, geht, sich verästelnd, nach außen u. oben zu den B-muskeln. cc) Die umwundene Hüftarterie (Art. circumflexa ilei), unter der vorigen entspringend, hinter dem breiten B-muskel aufsteigend, giebt Zweige an diesen, an die Leistendrüsen, das B-sell, die obern Schenkelmuskeln u. die äußere Haut. D) Die Bauchvenen (Venae abdominales), entsprechenden B-arterien; die der Ernährung angehörigen B-eingeweide haben ihr eigenes Venensystem (s. Pfortader), die Venen der Leber, Nieren etc. ergießen sich in die untere Hohlader; die Venen der Bauchbedeckungen münden, mittel- od. unmittelbar, in die Schenkelvenen. Ebenfalls entsprechend laufen E) die Bauchnerven, für die B-eingeweide, aus dem Samen-, Gekrös- u. Beckennervengeflecht, bes. für die Nieren aus dem Nieren-, für die Geschlechtstheile aus dem Samennervengeflecht hervorgehend. Zu den B-muskeln gehen Zweige der Lendennerven (s. Gangliensystem u. Rückenmarknerven). Man unterscheidet ferner: F) Bauchgegenden (Regiones abdominales), um darnach die Lage innerer Theile od. auch Verletzungen genauer zu bestimmen, u. zwar a) eine obere, zwischen u. auf den kurzen Rippen, deren mittleren Theil man Oberbauchgegend[406] (Epigastrium), die Seiten- u. hintern Theile Hypochondrien nennt; b) eine mittlere, von den Rippenrändern unterhalb bis zu den obern Rändern der Hüftknochen: der vordere Theil, Nabelgegend (Mesogastrium); die Seitentheile, mit mehrerer Schärfe, Weichengegenden; hintere Theile, Nieren- od. Lendengegenden; c) eine untere, von den Hüftknochenrändern, wo sie seitwärts am höchsten aufwärts gehen, an abwärts, Beckengegend, bes. ihr mittlerer Theil, Unterbauchgegend (Hypogastrium; die Seitentheile u. der Hintertheil werden, weil sie knöcherne Unterlagen haben, wenig beachtet od. schon zu den Hüftgegenden gezogen; d) der tiefste Theil der vorigen wird vorwärts als Schamgegend, die ihr nahen Seitengegenden aber, in welche die Biegungen der Schenkel fällt, als Leistengegenden od. als Weichen bezeichnet.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 405-407.
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