Brandt [2]

[205] Brandt, 1) (lat. Titio), Sebastian, geb. 1458 in Strasburg, studirte in Basel Jurisprudenz, wurde 1484 Lehrer der Rechte daselbst, 1503 Syndicus u. kaiserlicher Rath in Strasburg, vom Kaiser Maximilian I. oft an den Hof berufen u. st. 10. Mai 1520. Er war ein Beförderer des Studiums der klassischen Literatur u. berühmt durch sein Narrenschiff, ein satyrisches Lehrgedicht, worin in 113 Abtheilungen Thorheiten u. Sünden der Menschen als Narren dargestellt werden, die, weil Karren u. Wagen sie wegen ihrer Menge nicht zu transportiren vermögen, auf einem Schiffe in ihr Vaterland (Narragonien) zurückgebracht werden; herausgegeben Basel 1494 u.ö. (die meisten Ausgaben sind durch Zusätze od. Auslassungen verfälscht, am meisten die Frankf. 1625); in neuester Zeit herausgeg. Zwickau 1822, von Strobel, Quedl. 1838, u. von Fr. Zarncke. 1854. Es war lange Volksbuch, aus dem z.B. Geiler von Kaisersberg Predigttexte nahm; es wurde ins Lateinische (von Locher, Bas. 1497), Französische, Englische, Holländische etc. übersetzt. B. schrieb noch: Richterlicher Klagspiegel, Augsb. 1497, Fol. u. 1500, Strasb. 1516; Varia carmina, Basel 1498; De moribus et facetiis mensae, ebd. 1490, Nürnb. 1507, Mainz 1509. Eine Übersetzung der Distichen des Cato, Basel o. J., u. eine Bearbeitung des Freidank u. des Renners etc. 2) Gerhard, geb. 1626 in Amsterdam; war Prediger der Remonstranten in Amsterdam u. st. 1685 in Rotterdam. Er schr. u.a. holländisch: Lebensbeschreibung des Admirals Ruyter, Amst. 1687. 3) Hamburger Kaufmann, fand 1677 den Phosphor, da er unter dem Bemühen, seinen Vermögensumständen durch alchemistische Arbeiten aufzuhelfen, denselben zufällig aus dem Harn darstellte, daher Brandtscher Phosphor, so v.w. Harnphosphor. 4) Heinrich von B., geb. 1789 in WPreußen, verließ 1806 seine Studien in Königsberg u. nahm Kriegsdienste gegen die Franzosen; nach dem Tilsiter Frieden verabschiedet, trat er später in das 2. polnische[205] Weichselregiment u. ging mit nach Spanien; 1812 machte er den Feldzug in Rußland als Hauptmann mit, kehrte unter Poniatoswki durch Böhmen zurück u. nahm Theil an der Schlacht bei Leipzig; 1815 trat er wieder in preußische Dienste, ward 1829 als Lehrer an die Cadettenschule nach Berlin berufen, bald darauf Major u. Lehrer an der allgemeinen Kriegsschule, ging 1831 zu Gneisenau nach Posen, der ihn zu mehreren Sendungen an Diebitsch, Paskewitsch u. Pahlen, so wie an die polnische Behörde in Kalisch brauchte; am 4. Octbr. schloß er mit Wronicki die Übereinkunft ab, nach welcher der polnischen Armee der Übertritt auf preußischen Boden gestattet ward, u. leitete dann die Auswanderung der polnischen Offiziere nach Frankreich; 1840 wurde er Oberstlieutenant u. Chef des Generalstabes des 2. Armeecorps, 1842 Oberst u. 1848 Generalmajor u. Commandeur der 9. Infanteriebrigade. Er schr.: Über Spanien, mit bes. Rücksicht auf einen etwaigen Krieg, Berl. 1823; Über die Dragoner als Doppelkämpfer, ebd. 1823; Ansichten über die Kriegsführung im Geiste der Zeit, ebd. 1824; Handbuch für den ersten Unterricht in der höhern Kriegskunst, ebd. 1829; Geschichte des Kriegswesens des Mittelalters, ebd. 1830; Taktik der drei Waffen, ebd. 1833; 2. Aufl. 1842; Der kleine Krieg, 1837, 2. Aufl., Berl. 1850; 5) Heinrich Franz, geb. 1789 in La Chaux de fonds, bildete sich als Graveur in Paris, ging 1814–16 nach Rom u. wurde 1817 Medailleur der königlichen Münze in Berlin, wo er 1845 starb. Er fertigte Denkmünzen auf alle bedeutende Ereignisse u. Personen seiner Zeit, z.B. Medaillen auf Luther u. Calvin zur Feier des Reformationsfestes, auf Pius VII. zu dessen Rückkehr nach Rom. 6) Johann Friedrich, geb. 1793 in Berlin, war erst Gehülfe am Anatomischen Theater daselbst u. wurde 1822 Professor der Zoologie in Petersburg; er gab heraus mit Ratzeburg: Thiere, die in der Arzneimittellehre in Betracht kommen, Berl. 1829–34,13 Hefte; ferner mit Phöbus: Die in Deutschland wildwachsenden Giftgewächse, ebd. 1834, 10 Hefte, fortgesetzt von F. G. Hayne, Berl. 1841; Über die Mundmagen- od. Eingeweidenerven der Evertebraten, Petersb. 1835; Descriptiones et icones animalium rossicorum novorum, 1836; Collectanea palaeontogr. Rossiae, Petersb. 1849; Beiträge zur Kenntniß der Säugethiere Rußlands, ebd. 1855; Über die Verbreitung des Tigers, ebd. 1856 u.a. 7) S. Brand u. Brannt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 205-206.
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