[327] Flagge (franz. Pavillion, engl. Colours od. Flag), rechteckige Fahne von leichtem Wollstoff bis zu 18 Ellen lang u. 12 Ellen breit, od. (wie man seemännisch sagt) tief, an der Besahn-Gaffel der Schiffe gehißt, um die Nationalität des Schiffes zu bezeichnen. Wird dieselbe viereckig, mit kleinen Abänderungen am Topp der Masten gehißt, so heißt sie Commandoflagge u. bezeichnet den Rang der Commandanten auf Kriegsschiffen. Ist sie nicht[327] viereckig, sondern in zwei od. drei Spitzen auslaufend, so heißt sie Stander od. Wimpel (F. mit Zunge). Eine Commandoflagge kann nur ein Admiral führen u. zwar der Contre-Admiral am Topp des Besahnmasles, der Vice-Admiral am Topp des Fockmastes, der Admiral am Topp des Großmastes. Nationalslaggen dürfen nie am Topp eines Mastes wehen, sondern müssen immer an der Gaffel der Besahn gehißt werden. Das Hissen u. Einholen der F. am Bord der Kriegsschiffe geschieht des Morgens u. bei Sonnenuntergang täglich mit aller Feierlichkeit. Jeder, welcher das Verdeck bekritt, muß die gehißte F. militärisch salutiren. Der Matros u. der Offizier leisten den Schwur der Treue zur F. Sie hat überhaupt für das Schiff dieselbe Bedeutung wie die Fahne od. die Standarte im Landheere. Die gehißte F. eines Kriegsschiffes gilt allen Schiffen in Sicht als Befehl, ihre F-n zu zeigen. Bugflagge od. die Göschlagge, eine kleine viereckige Nationalflagge, die im Häfen am Bugspriel aufgesteckt wird, ist an einen Flaggenstock angenäht. Parlamentärflagge, ganz weiß, um zu bezeichnen, daß man sich in friedlicher Absicht nähere. Contumazflagge (Quarantaineflagge, Wimpel), eine gelbe F. bei allen Nationen als Signal angenommen, daß das Schiff, welches sie führt, in Quarantaine (außer Communication) gesetzt ist. Blutflagge, eine rothe F., mit welcher man bezeichnet, daß die Pulverkammern offen sind, wo sich dann Niemand dem Schiffe nähern darf, od. daß eine Execution am Bord stattfindet. Die neutrale F. deckt die feindliche Ladung (frei Schiff, frei Gut), völkerrechtlicher Grundsatz. im Pariser Frieden 1856 von den europäischen Großmächten acceptirt. Da gegen ist das Privateigenthum der Angehörigen kriegführender Mächte nicht gesichert, wenn es unter na tionaler F. in See geht; vielmehr sind Schiff u. Ladung den Angriffen der feindlichen Kriegsschiffe ausgesetzt. Deshalb finden auch zu Kriegszeiten oft Scheinverkäufe von Kauffahrern statt, damit diese unter neutraler F. segeln können. Über die Farben der von den verschiedenen Seeuferstaaten geführten F-n s.d. einzelnen Länder. Befreundete F. sagt man von einer Nation, mit der man im Frieden lebt. Flaggen od. Flaggenparade, die Schmückung des Schiffes mit allen F-n u. Signalen bei einer feierlichen Gelegenheit. F. in Schau, wenn ihr Längenende in einen Knoten gebunden ist, was bei allen Seefahrern Gefahr od. Bitte um Hülfe bedeutet. F. streichen, so viel als sich ergeben. F. auf halbem Stock (F. auf halhem Mast) das Zeichen von Trauer bei Todesfällen om Bord. Commandoflaggen kommen nur dann auf halbem Mast, statt am Topp zu wehen, wenn der Commandant, welcher sie zu führen berechtigt ist, gestorben wäre. Nach beendetem Leichenbegängnisse werden alle F-n wieder gehißt. Flaggenschuß, die Ehrenschüsse, die mit Trommeln od. Trompeten begleitet, bei allen Nationen das Hissen u. Einholen der F. bezeichnen. Flaggenfall, die Leine, mit welcher die F. auf- u. niedergeholt wird. Flaggenschiff, dasjenige, auf welchem die F. des Flotten- od. Escadre-Commandanten weht. Flaggencapitän, der Oberoffizier, welcher das Schiff commandirt, auf welchem eine Commandoflagge weht. Flaggenjunker, so viel wie Seecadet, weil er im Gefechte die Wache bei der F. hält Auf Raddampfern u. Schraubenschiffen, wo die F. an der Besahn-Gaffel gerade in die Höhe der Rauchsäule kommen würde, führt man sie am Heck des Schiffes an einem Stock (Flaggenstock). Vgl. Flaggenbuch, herausgeg. von Rud. Günther, Stettin 1857.