Merseburg [1]

[156] Merseburg, vormaliges Hochstift in Obersachsen, wurde gegründet von Kaiser Otto I. im Jahr 968 für Nordthüringen. Der erste Bischof war Boso, welcher sich durch die Bekehrung der Wenden in der Gegend von Zeitz verdient machte u. 970 starb. Ihm folgte Giseler; damals gehörten zu dem Stifte Dornburg, Kirchberg, Eckartsberge, Allstädt, Nebra, Freiburg, Laucha, Weißenfels, Köthen, Düben, Pegau, Groitzsch, Leipzig, Eilenburg, Wurzen, Rochlitz u.a. Als aber Giseler 982 Erzbischof von Magdeburg geworden war, löste er das Stift M. auf, theilte den östlichen Bezirk unter die Bischöfe von Zeitz u. Meißen u. unterstellte die Pflege auf dem linken Saalufer mit der Stadt M. u. der daselbst neugegründeten Laurentiusabtei der Kirche zu Halberstadt. Unter Kaiser Heinrich II. wurde das Stift 1004 wieder hergestellt u. Wigbert als Bischof eingesetzt. Dessen Nachfolger war 1609–18 der berühmte Chronikenschreiber Dithmar (s.d.) von Merseburg. Seit dem 12. Jahrh. erscheint das Bisthum unter der Schutzherrschaft der Markgrafen von Meißen; dieselbe fiel bei der Theilung 1485 an die Albertinische Linie. Sigismund von Lindenau war zur Zeit der Reformation Bischof, er war persönlich der neuen Lehre zugethan u. unter ihm wurde die Reformation 1543 in der Stadt M. u. in einem großen Theile des Erzstifts eingeführt. Sigismund st. 1544, u. nun wurde Herzog August zu Sachsen zum Administrator des Bisthums gewählt. Nach der Schlacht bei Mühlberg 1547 erhielt M. in der Person Michael Heldings seinen 45. u. letzten Bischof. Nach dessen Tode 1561 schloß das Stift mit dem Kurhause Sachsen einen Vertrag, kraft dessen das weltliche Stiftsregiment an das letztere überging, so daß von nun an nur sächsische Prinzen zu postulirten Administratoren des Stifts gewählt werden durften, während das Stift als geistliches (jedoch nunmehr evangelisches) Institut verblieb. Der erste postulirte Administrator war der unmündige Kurprinz Alexander, nach dessen Tode (1565) sein Vater Kurfürst August der Stiftsregierung bis 1585 fortführte, wo sein Sohn Kurfürst Christian dazu gelangte. Dessen Sohn, Kurfürst Johann Georg I., überließ 1622 die Stiftsadministration seinem dritten Sohne Christian, u. dieser wurde in Folge der durch seines Vaters Testament (1652) festgesetzten Landestheilung 1656 erster Herzog von Sachsen-M., als welcher er nächst M. u. einigen Ämtern des Leipziger Kreises auch die Niederlausitz bekam, jedoch unter Oberhoheit des Kurhauses Sachsen, obwohl er vom Kaiser die Belehnung erhielt. Als aber mit Heinrich 1738 die Linie Sachsen-M. (s.u. Sachsen, Gesch.) erlosch, fiel M. dem Kurhause wieder anheim, welches für die Verwaltung des in die Ämter Merseburg, Lützen, Lauchstädt u. Schkeuditz (zusammen 12 QM.) eingetheilten Stifts eine besondere Stiftsregierung einsetzte. Bei der Landestheilung Sachsens im Jahr 1815 aber kam der größte Theil des Stifts an Preußen, um den Kreis Merseburg zu bilden, während nur ein kleiner Theil bei Sachsen verblieb u. zum Leipziger Kreise geschlagen wurde. Das Hochstift (Domcapitel) M. als solches besteht zur Zeit aus 1 Dompropst, 1 Dechant, 1 Senior, 1 Cantor u. 12 Domherren. Das Stiftswappen war ein schwarzes Kreuz in goldenem Felde. Vgl. Brotuf, Chronik des Stiftes u. der Stadt M.; Lpz. 1557, Hahn, Historia Martisburgica, ebd. 1606; Fraustadt, Die Einführung der Reformation im Hochstift M., ebd. 1843; Schmeckel, Historisch-topographische Beschreibung des Hochstifts M., Halle 1856 ff.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 156.
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